2008: Das Jahr des Übergangs – Institutionelle Investoren zeigen wachsendes Interesse an Handelsimmobilien

Von Ruth Vierbuchen

Das Jahr 2008 wird für die Immobilienmärkte Nordamerikas und Europas das Jahr des Übergangs sein, schätzt Thomas Beyerle, Bereichsleiter Degi Research & Strategy, „hin zu einer risikoadjustierten Marktbewertung“. Und die immer noch heftig diskutierte Subprime-Krise werde sich im historischen Rückblick wahrscheinlich nur als Delle erweisen. Dazu hat aus Sicht der internationalen Investmentgesellschaft Cordea Savills auch das konservative Konsumverhalten der Deutschen beigetragen. Für den deutschen Markt sieht Beyerle bis 2010 keine Gefahr, da sich die Gesamtkonjunktur auch weiterhin als recht robust erweisen dürfte: „Wir sehen keine Wolken am Himmel, die die Konjunktur trüben könnten“, stellt der Experten während der Degi-Roadshow in Düsseldorf fest.

Diese Einschätzung untermauern auch die unerwartet positiven Zahlen, die das Statistische Bundesamt vergangene Woche für das 1. Quartal vorgelegt hat. Demnach ist das BIP gegenüber dem vierten Quartal 2007 um 1,5% und gegenüber dem letzten Quartal des Vorjahresquartal um 1,8% gestiegen. Mit der Wende auf dem Immobilienmarkt rechnet Beyerle allerdings ab 2010, wenn der Markt den Höhepunkt erreicht hat und sich langsam abkühlen dürfte.

Doch 2008 ist davon noch nichts zu spüren. Insbesondere im institutionellen Bereich der Investoren wird nach Einschätzung von Degi-Mitarbeiterin Claudia Wenzel einiges an Dynamik zu beobachten sein. Zwar wird das Transaktionsvolumen bei Gewerbeimmobilien 2008 etwa 10 bis 20% unter dem Rekordwert des Vorjahres von 61 Mrd. Euro liegen und könnte sich bei etwa 55 bis 56 Mrd. Euro einpendeln. Doch werden die Umsätze laut Wenzel 2008 und auch 2009 insgesamt gut sein, auch wenn die Entwicklung etwas gebremster verlaufen dürfte. Dass „die Renditen in Deutschland noch nicht auf breiter Front gestiegen, also die Kaufpreise auch noch nicht gefallen sind“, hat auch Beyerle beobachtet. Derzeit gilt Deutschland innerhalb Europas als attraktivster Markt.

Im Bereich Einzelhandel sorgt schon das stark wachsende Interesse ausländischer Handelsketten am hiesigen Markt dafür, dass die Nachfrage nach guten Standorten hoch und das Marktsegment damit interessant bleiben wird. In seinem

 

„Marktreport Deutschland 2008“ rechnet Degi Research entsprechend mit einer hohen Nachfrage nach Einzelhandelsflächen in Top-Einkaufslagen und einem entsprechenden Anstieg der Mietpreise. Da Einzelhandelsimmobilien als sicherste und lukrativste Investitionsmöglichkeit eingeschätzt werden – sie zeigen eine deutlich geringere Volatilität als beispielsweise Büroimmobilien – dürfte die Nachfrage nach deutschen Handelsimmobilien hoch bleiben und Degi prognostiziert „eine überproportionale Wertentwicklung im Sinne der Performance des Total Returns von jährlich rund 5%“. Auch der Anteil der Einzelhandelsimmobilien am gesamten Transaktionsvolumen, der 2007 nur noch bei 13% lag, dürfte laut Wenzel in diesem Jahr wieder etwas steigen. Zumal die Hoffnung besteht, dass der Einzelhandel nach langen Jahren der Flaute 2008 endlich wieder ein Umsatzwachstum erreichen könnte. Die Prognose des Handelsverbands HDE liegt bei nominal 2%. Ob das Marktsegment Handelsimmobilien an das Rekordjahr 2006 von über 18 Mrd. Euro, als – nicht zuletzt durch den Karstadt-Deal – erstmals mehr Geld für Handelsimmobilien als für Büroimmobilien ausgegeben worden war, anknüpfen kann, ist jedoch fraglich.

Auch die Degi Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds setzt verstärkt auf dieses Segment. So erwarb das Unternehmen laut Liane Gondrum für den im Dezember 2006 aufgelegten German Business Fonds für 40,5 Mio. Euro in Andernach am Rhein ein Fachmarktzentrum mit 66.000 qm und 37 Mietern, darunter Kaufland und Lidl als Ankermieter. Die Netto-Anfangsrendite beziffert sie mit 6,5%. In Weimar kaufte Degi für 43 Mio. Euro das Fachmarktcenter „Classic Center Weimar“ mit rund 22.000 qm. Die Nettoanfangsrendite liegt hier bei 6,9%. Beide Objekte sollen mit dazu beitragen, dass der Fonds, der zudem in Büros und Logistik investiert, die Zielrendite von 6 bis 6,5% bis 2010 erreichen wird.

Mit dem im April 2007 aufgelegten Spezialfonds Degi Europe Retail konzentriert sich das Unternehmen ganz auf dieses Marktsegment. Hier soll in Shopping Center (geplanter Anteil 60%), Factory Outlet Center (30%) und Fachmarktcenter (10%) investiert werden. Dafür kaufte der Fonds in Rostock für 87,8 Mio. Euro das Kröpeliner Tor Center (KTC) sowie ein Wohn- und Geschäftshaus in Dorsten und investiert etwa 180 Mio. Euro in den Bau eines Einkaufszentrums in Rom. Der Fokus liegt hier primär auf Kerneuropa, doch sollen zur Renditesteigerung auch Objekte in Osteuropa beigemischt werden, wie Nicky Wagner erläutert.

Auch die institutionellen Investoren haben diese Asset-Klasse inzwischen verstärkt im Blick (siehe Tabelle Seite 2). So richten die Pensionskassen laut Michael Klauke-Werner, Bereichsleiter Institutional Sales bei Degi, in diesem Jahr ihr Hauptaugenmerk (28,6% der Nennungen) auf Handelsimmobilien. Hier wird offenbar noch ein großer Nachholbedarf gesehen. Bei den Versorgungswerken gehören Handelsimmobilien neben Logistik und Infrastruktur zum Investitionsschwerpunkt (je 30% der Nennungen). Den größten Nachholbedarf sehen aber offenbar die Versicherungen. Hier führen Handelsimmobilien mit 72,2% der Nennungen die Prioritätenliste bei den Investitionen deutlich an.

Nachdem Einzelhandelsimmobilien vor 10 Jahren von den Institutionellen noch als sehr volatile und risikoreiche Objekte eingestuft wurden, hat sich inzwischen vielfach die Erkenntnis durchgesetzt, dass dieses Segment tatsächlich stabiler ist als beispielsweise Büroimmobilien.

Quelle: Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“; Handelsimmobilien Report, Nr. 22, 23.05.2008

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