Anforderungen an die Schriftform in einem gewerblichen Mietverhältnis

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der beklagte Mieter mietete von der klagenden Vermieterin Geschäftsräume in einem Gewerbeobjekt, das vor Bezug durch die Mieterin umfassend saniert werden sollte. Der am 01.12.2006 auf zunächst 10 Jahre abgeschlossene Mietvertrag enthält in §4 Ziffer 1 folgende Bestimmung:

Das Mietverhältnis und damit die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses gemäß §6 beginnt mit der Übergabe/Übernahme der Mieträume gemäß §3. Verzögert sich die Übergabe/Übernahme durch Änderungswünsche des Mieters oder durch rechtzeitige Vorlage der für den Mieter erforderlichen Pläne und Unterlagen oder durch die nicht rechtzeitige Leistung der Sicherheit, beginnt das Mietverhältnis mit dem Tag, an dem das Objekt ohne diese Änderungswünsche bzw. bei rechtzeitigem Vorliegen der Unterlagen und Pläne bzw. der Bankbürgschaft übergeben worden wäre. Gerät der Mieter mit der Übernahme des Mietobjekts in Verzug, so beginnt das Mietverhältnis mit Eintritt des Annahmeverzugs.

Die Übergabe der Mieträume an den beklagten Mieter erfolgte am 16.10.2007.

Mit Schreiben vom 10.02.2010 erklärte der beklagte Mieter die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Diese wurde in allen Instanzen als unwirksam erachtet. Grund der Entscheidung war demnach, wann das Mietverhältnis nach Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung endete. Das Landgericht und das Oberlandesgericht hatten die Auffassung vertreten, dass die Regelungen über den Mietbeginn zu unbestimmt seien und deshalb für das Kündigungsrecht nicht maßgeblich sein könnten. Durch die Kündigung vom 10.02.2010 ende daher das Mietverhältnis aufgrund gesetzlicher Bestimmung zum 30.09.2010. Eine Verurteilung über den Dezember 2010 hinaus kam nicht in Betracht, weil zu dieser Zeit bereits ein anderes Mietverhältnis begründet worden war.

Der BGH vertrat indessen die Auffassung, dass Bestimmungen über den Mietbeginn den Schriftformerfordernissen genügten und daher die gesetzliche Kündigungsfrist nicht als Grundlage für die Beendigung des Mietverhältnisses herangezogen werden könne. Der Mietvertrag vom 01.12.2006 enthalte in §4 Ziffer 2 die Vereinbarung, das Mietverhältnis werde auf die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen. Diese Befristung des Mietvertrags schließt die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung in der vereinbarten Laufzeit aus, wenn die vertragliche Regelung über den Beginn der Mietzeit der erforderlichen Schriftform genügt. Diese Voraussetzung sei vorliegend erfüllt.

Für die Schriftform des §550 BGB sei es grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins, sowie die Dauer und Parteien des Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben. Regelungen zur Dauer der Mietzeit wahren nach der Rechtsprechung des BGH dann die Schriftform, wenn sich Beginn und Ende der Mietzeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in hinreichend bestimmbarer Weise aus der Vertragsurkunde ergeben.

Soweit das Berufungsgericht meine, die Schriftform sei vorliegend nicht gewahrt, weil der Mietbeginn nicht hinreichend bestimmt worden sei, könne dem nicht gefolgt werden. Für die Bestimmbarkeit des Mietbeginns genüge eine abstrakte Beschreibung, die es ermögliche, den Mietbeginn zu ermitteln. Ausreichend aber auch erforderlich sei, dass der Sachverhalt, an den die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen, so genau bestimmt wird, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibe. Dass das Mietverhältnis „mit der Übergabe der Mieträume“ beginnen solle, stelle einen hinreichend bestimmbaren Beginn des Mietverhältnisses dar.

Auch im entscheidenden Falle haben sich die Parteien des Mietvertrags darauf geeinigt, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache beginnen solle. Aufgrund dieser Beschreibung stehe der Mietbeginn des Mietverhältnisses – nach erfolgter Übergabe – eindeutig fest. Die hinreichende Bestimmbarkeit des Mietbeginns werde auch nicht durch die weiteren Regelungen im §4 Ziffer 1 des Mietvertrags in Frage gestellt. Dort haben die Parteien genaue Regelungen dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen das Mietverhältnis bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte und den dann maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn des Mietverhältnisses festgelegt.

Der Vertragsbeginn sei dadurch auch für einen möglichen Erwerber der Mietsache auseichend bestimmbar. Der Schutzgedanke des §550 BGB gebiete nicht, dass sich der konkrete Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses unmittelbar aus der Vertragsurkunde entnehmen lässt. Auch bei einem langfristigen Mietvertrag, der vorsieht, dass er nur bei Eintritt einer künftigen Bedingung wirksam wird, stehe der Umstand, dass deren Eintritt aus der Vertragsurkunde selbst nicht ersichtlich ist und der Grundstückserwerber Nachforschungen anstellen muss, um zu erfahren, ob die Bedingung eingetreten ist, der Wahrung der Schriftform nicht entgegen. Selbst wenn die Mietvertragsparteien den Mietbeginn an den Zeitpunkt der Übergabe knüpfen, ergibt sich der Mietbeginn nicht aus der Vertragsurkunde selbst. In all diesen – etwas unklaren Fällen – sei der Grundstückserwerber aber durch die aus der Urkunde ersichtlichen Regelungen zum Vertragsbeginn hinreichend gewarnt, sodass es ihm zuzumuten ist, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder dem Mieter zu erkundigen.

Fazit:

Die Entscheidung des BGH vermag nicht so recht zu überzeugen. Einigkeit besteht, dass sich der Mietbeginn aus der Urkunde selbst ergeben muss. Diesem Erfordernis ist nicht genügt, wenn der Erwerber oder Mieter etwa in das Mietverhältnis eingetreten ist, den „richtigen“ Zeitpunkt erst recherchieren muss. Dann ist der Zeitpunkt zumindest nicht aus der Urkunde bestimmbar. Dann aber ist aufgrund der Rechtsklarheit der Ansicht zu folgen, wonach in solchen Fällen in Ermangelung einer klaren vertraglichen Regelung von der gesetzlichen Frist auszugehen ist.