Von Karin Krentz. Die Berliner Sparkasse hat 6 500 Gespräche, die in den Immobilienberatungscentern des Finanzinstituts geführt wurden, sowie 800 Kaufgesuche ausgewertet. Ein prägnantes Ergebnis: Das Interesse vieler Berliner an den eigenen vier Wänden hat auch während der Wirtschaftskrise nicht nachgelassen.
Vielleicht ist Berlin doch auf die Höhe zu schrauben. Die Berliner Sparkasse reichte 2009 11% mehr Immobilienkredite aus als in den Jahren zuvor. „Kaufpreise und Zinsen liegen weiter auf einem günstigen Niveau“, sagt Heinz Helmut Müller, Direktor Immobilien bei der Berliner Sparkasse. „Mieten und Nebenkosten sind dagegen erheblich gestiegen. Das war häufig ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung.“ In jede dritte Immobilienfinanzierung wurden zinsgünstige Darlehen der KfW-Förderbank einbezogen.
Eigentumswohnungen mit durchschnittlich drei bis vier Zimmern und einer Wohnungsgröße zwischen 85 und 100 Quadratmetern standen im Mittelpunkt des Interesses. Käufer von Altbauwohnungen legten großen Wert auf energiesparende Modernisierungen.
Der Blick auf den Energieausweis hat dabei die „Spreu vom Weizen“ getrennt. Die Käufe in Ost- und Westbezirken hielten sich 2009 etwa die Waage. Bei den „Lieblings-Kiezen“ hat sich nichts verändert: Charlottenburg/Wilmersdorf, Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Frohnau/Hermsdorf waren die am häufigsten gewählten Stadtteile. Dabei wurden Quadratmeterpreise von rund 1 350 Euro gezahlt. Junge Paare und Familien mit Kindern bevorzugten die Lagen nordöstlich und südwestlich von Berlin und dort überwiegend neu errichtete Reihenhäuser und Doppelhaushälften. Bei Kaufpreisen von durchschnittlich 150 000 Euro überschreiten die monatlichen Finanzierungskosten die zuvor gezahlte Kaltmiete nur geringfügig. Mit Beginn des vierten Quartals hat sich auch die Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern wiederbelebt. Der Markt ist noch nicht wieder von ausländischen Investoren geprägt. Bei Vorsteuerrenditen von rund 7,5% haben sowohl Berliner als auch Investoren aus dem Bundesgebiet zugegriffen.
Das Investitionsaufkommen lag zwischen dem 11- und 13,5fachen der Jahresnettomieten. Das ist für Zinshäuser in gutem Zustand – zum Teil sogar energetisch modernisiert – eine vernünftige Investition mit nachhaltig attraktiver Rendite. „Für das Jahr 2010 rechne ich mit ähnlich großem Interesse“, prognostiziert Müller. Dabei sollten Investitionen in Renditeobjekte eine weitere Belebung erfahren. Wo wohnen die Berliner am Liebsten – Bevorzugte Standorte für Kauf und Miete Generell sind zurzeit die innerstädtischen Lagen wie Mitte (insbesondere Region „Invalidenstraße“ und „Torstraße“ sowie der südöstliche Bereich an der Grenze nach Kreuzberg) sowie die Lagen nahe den Einkaufsmeilen der City-West (Charlottenburg) gefragt. Dabei wohnen Berliner sowie Neu-Berliner am Liebsten in folgenden Kiezen:
1. Kiez Spandauer Vorstadt, Kiez Spittelmarkt sowie um den Pappelplatz In diese Lagen ziehen neben Berlinern auch viele Zugereiste aus Westdeutschland. Die Mitte ist wieder hipp, die Preise liegen bei Neubauten und sanierten Altbauten oberhalb von 3 300 Euro bei Wohnungsgrößen von durchschnittlich 120 qm. Spitzenpreise liegen sogar oberhalb von 5 000 Euro/qm. In diese Gebiete ziehen viele Familien, die unmittelbar in der Mitte ihren Arbeitsplatz haben bzw. finden. Ein besonderer Magnet wird die neu errichtete BND-Zentrale an der Chausseestraße. Hier entstehen alleine ca. 7 000 neue Arbeitsplätze. Das sich hier niederlassende Klientel ist einkommensstark und zwischen 30 und 45 Jahre alt. Aufgrund der vorhandenen Grundstücksflächen entstehen viele Neubauvorhaben in dieser Region, z. B. die Feuerlandhöfe der TLG Immobilien GmbH. Eine alte Fabrik bietet sich dort für Wohn- oder Bürolofts an, insgesamt sollen 41 000 qm Mietfläche auf den 14 700 qm entstehen.
2. Kieze in Friedrichshain wie die Region Simon-Dach-Kiez, Sonntagstraße und Machlewskistraße Viele junge Familien fühlen sich in Prenzlauer Berg nicht mehr wohl. Die Kaufpreise und Mieten sind stark gestiegen. In Prenzlauer Berg (Kiez Kollwitzplatz) konsolidieren die Preise auf hohem Niveau. Vielen zugezogenen jungen Familien mit Kindern ist das mittlerweile einfach zu teuer. Die Gegend ist überlaufen, auch durch Touristen und andere Tagesbesucher. Viele Familien weichen nach Friedrichshain – insbesondere südlich der B1/B5 – aus. Die Preise sind derzeit deutlich günstiger als in Mitte und Prenzlauer Berg. Der Median bewegt sich bei ca. 2 500 Euro/qm. Spitzenpreise erreichen maximal 3 000 Euro/qm für Neubauten. In Prenzlauer Berg liegen die Preise im Durchschnitt ca. 20% höher. Eine Besonderheit stellen die nahe an Friedrichshain gelegene Rummelsburger Bucht bzw. die Halbinsel Stralau (Treptow) dar. Hier entstehen sogenannte Townhouses (Reihenhäuser) im hochpreisigen Segment, die gerne von einkommensstarken Familien bezogen werden, die citynah wohnen und trotzdem auf die eigene Immobilie mit Wasserzugang nicht verzichten möchten.
3. Kieze im Umfeld der traditionellen Einkaufsmeilen der City West wie Ku’damm und Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Infolge der hohen Nachfrage und des knappen Angebotes steigen die Preise ständig. Für Neubauten sind kaum verfügbare Baulücken vorhanden. Insofern konzentriert sich die Nachfrage auf den sanierten Altbau. In diesem Segment steigen die Preise stark. Diese Kieze zeichnen sich durch das Nebeneinander von Massengeschäft, Bürgerlich-Solidem und Edlem aus. Das Preisniveau liegt leicht unterhalb des Bezirkes Mitte. In diese Region ziehen auch viele ältere Berliner und Zugereiste.
4. Kiez Niederschönhausen Ein Geheimtipp unter Berlinern, die sich insbesondere dem Ostteil der Stadt verbunden fühlen. In diese Villengegend ziehen Familien mit Kindern mit mittlerem bis gutem Einkommen. Die Kaufpreise für Neubauten liegen in der Regel unterhalb der Marke von 2 000 Euro/qm. Aufgrund der verfügbaren Flächen entstehen auch diverse Neubauvorhaben. Der Kiez verfügt neben einer villenartigen Bebauung samt schönem frisch saniertem Schloss über einen hohen Anteil an Grünflächen und ist somit sehr kinderfreundlich. Nachteilig ist allerdings die Entfernung zu den citynahen Bezirken.
5. Redaktioneller Nachtrag – Neue angesagte Kieze In dem neuen Monitoring Soziale Stadtentwicklung, das die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Anfang des Jahres 2010 vorlegte, sind zehn Aufsteiger“Kieze“ definiert, deren Bewohner ebenfalls zu Kunden der Berliner Sparkasse gehören könnten:
Hier die Rangfolge:
- Eldenaer Straße /Alter Schlachthof (Friedrichshain, Prenzlauer Berg)
- Kladower Damm (Spandau)
- Dorf Wartenberg (Hohenschönhausen)
- Biesdorf-Süd (Marzahn)
- Müggelheim (Köpenick)
- Dahlem (Zehlendorf)
- Alt-Gatow (Spandau)
- Rahnsdorf Köpenick)
- Isenburger Weg (Spandau)
- Jägerallee (Spandau)
Kreuzkölln
Die junge hippen Kreativen (die gewiss kein Immobiliencenter der Berliner Sparkasse aufsuchen) mit ihren Wohngemeinschaften, Galerien, Modeläden, Werkstätten, Kneipen etc. haben nach Prenzlauer Berg und Friedrichshain-Kreuzberg für sich eine neue Wohngegend ausgemacht: Kreuzkölln, die Schnittstelle zwischen den Bezirken Neukölln und Kreuzberg im Süden. Dort z. B. an der Sonnenallee gibt es noch wenige sanierte Altbauten, Wohnungs- und Ladenmieten sind noch bezahlbar, kleine Kiezläden anstatt Schicki-Micki wie um den Hackeschen Markt, angesagte Szene- Kneipen mit entsprechendem Flair, das noch vom Miteinander geprägt ist. Schon ist abzusehen, dass auch das nicht lange hält. Denn eigenartigerweise sind es gerade die Jungen, die Hippen, die die Mieten in die Höhe treiben, und zwar durch ihr unstetes Leben, den ständigen auch Wohnungswechsel. Nun sind Investoren auf ganz schlaue Ideen gekommen, um auch diesen Kiez ihrer betuchten Klientel angemessen zu präsentieren und als angesagten Wohnkiez zu bewerben: Die bunten Graffitis und andere künstlerischen Äußerungen in und an den Häusern werden sorgsam mitsaniert und übernommen und gelten von nun als wichtiges Marketinginstrument.
Auch Kreuzkölln wird das Schicksal ereilen – die Umwandlung der ehemaligen Arbeiterviertel in teure Szeneviertel, die vom sogenannten Bildungsbürgertum besiedelt werden, die sich die Mieten und Preise der edel sanierten Altbauten dann leisten können ebenso wie die Preise der Bio- oder Feinkostläden. Noch ist das Bildungsbürgertum (das gewiss zu Kunden in den Immobiliencentern der Berliner Sparkasse zählt) aus ganz Deutschland voll dabei, sich auf dem Areal des Alten Schlachthofs in seinen Townhouses gemütlich einzurichten und weiter dafür zu sorgen, dass dieser heruntergekommene Kiez zum gegenwärtig Angesagtesten gehört, was Berlin zu bieten hat. Wie heißt es übrigens? Die Karawane zieht weiter … (Gi24/DIB Berlin, Nr. 24)
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