Von Werner Rohmert
Atisreal hat uns vorab die Tabelle zu den deutschen Büromärkten zur Verfügung gestellt. Eine ausführliche Berichterstattung zu den Büromarktentwicklungen stellen wir für die nächste Ausgabe zusammen. Interessant wird sicherlich wieder der Vergleich der Maklerrecherchen. Nach den Zahlen von Anfang Dezember, die wir Ihnen im Anschluss an die Jahrespressekonferenz von Jones Lang LaSalle vorstellten, dürfte die beiliegende Tabelle nach der üblicherweise sauberen Recherche von Atisreal einen guten Überblick über die Vermietungssituation geben.
Bedenken Sie bitte, dass es sich bei diesem Beitrag ausschließlich um unsere Interpretation des vorliegenden Zahlenwerks handelt und NICHT um die Atisreal-Meinung: Anders als der Investmentmarkt, der im vergangenen Jahr sowohl in Deutschland wie auch weltweit dramatisch um bis zu 75% eingebrochen ist, haben sich die Büromärkte stabil gehalten. Die Rezession ist entweder noch gar nicht oder erst in den letzten Wochen bei den Unternehmen angekommen. Für 2008 wurden dadurch kaum noch Entscheidungen beeinträchtigt. Die Wirkungen dürften wohl erst 2009 und vielleicht auch erst im weiteren Jahresverlauf eintreten. Vor dem Hintergrund der totalen Unsicherheit der Entwicklungen des neuen Jahres sind alle Aussagen aus Vergangenheitswerten naturgemäß zu relativieren.
Anders als in den Vorjahren, wo das Zahlenwerk des vorangegangen Jahres schon ein Indiz für die Neuentwicklungen darstellte, ist das zum Jahreswechsel 2008/2009 nicht gegeben. Im Gegenteil, der brutale Abbruch in vielen Bereichen und die Presseberichterstattung, die zwischen Desaster und Rezession schwankt, werden mögliche Entscheidungen auch irrational beeinträchtigen. Aus dem Investitionsgüterbereich hören wir von zum Teil dramatischem Abbestellen sicher geglaubter Aufträge. Manche Investitionsgüter-Unternehmen bereiten sich auf einen Absatzeinbruch von 50% vor. Diesmal beutelt es auch die Finanzdienstleister. Deshalb betrachten Sie bitte das vorliegende Zahlenwerk als ausschließlichen Blick zurück.
Im vergangenen Jahr haben sich die Spitzenmieten nominal, also ohne Berücksichtigung zunehmender Incentives wohl noch recht gut gehalten. Der gesamte Flächenumsatz ist in den deutschen Metropolen der Atisreal-Statistik von 3,67 Mio. Quadratmeter um 5,2% auf 3,5 Mio. Quadratmeter zurückgegangen. Das ist vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen noch ein herausragend positives Ergebnis. Entsprechend ist auch der gesamte Leerstand immer noch von 8,72 auf 8,4 Mio. Quadratmeter um 3,7% zurückgegangen. Interessant ist das Zahlenwerk von Atisreal im Vergleich zu manchen Maklerberichterstattungen, die erhebliche Teile des Bestandes aus technischen Gründen für unvermietbar halten.
Bei Atisreal fällt in die Kategorie „unsaniert“ gerade einmal ein gutes Achtel der 8,4 Mio. Quadratmeter des Gesamtleerstandes. Das hört sich woanders deutlich dramatischer an. Zunehmender Qualitätswettbewerb bedeutet schließlich nicht per se Unvermietbarkeit schwächerer Flächen. Andererseits ist bei zunehmendem Qualitätswettbewerb, hohen Leerständen, niedrigen Renditen und deutlicher Verkürzung der Lebenszyklen natürlich schon nach dem Sinn solcher Investments für einen langfristig orientierten Anleger zu fragen, wenn nicht abzusehen ist, dass knappheitsbedingte Mietsteigerungen die Immobilienwerte mittelfristig deutlich erhöhen können. Denn die gute Konjunktur der vergangenen Jahre hat für ein erhöhtes Angebot an verfügbaren Flächen im Bau, die 2009 und 2010 fertig werden, geführt.
Die gesamten Flächen im Bau haben immerhin um 28% auf 2,88 Mio. Quadratmeter zugenommen. Die davon verfügbaren Flächen sind von 0,96 auf 1,32 Mio. Quadratmeter um 38% gestiegen. Insgesamt stehen in den deutschen Metropolen damit rund 9,7 Mio. Quadratmeter bzw. 8,6 Mio. Quadratmeter nach Abzug der unsanierten Flächen zur Verfügung. Das reicht immerhin für 2,5 Jahre komplette Jahresumsatzleistung.
Die Flächen im Bau sind zwar geringer als zu Beginn der letzten Schwächephase, jedoch ist die Summe aus bestehenden Leerstand und Flächen im Bau deutlich größer als damals. Es bestätigt sich unsere vor 5 Jahren festgestellte Äußerung zur Transformation des deutschen Büroimmobilienmarktes. Während in früheren Zyklen sich Überangebot und Knappheit immer abwechselten, sind der aktuelle Zyklus und wahrscheinlich auch zukünftige Zyklen dadurch geprägt, dass diese Abwechslung nicht mehr stattfindet.
Echte Knappheiten wird es nur noch in ganz engen Marktsegmenten, zum Beispiel im absoluten Spitzensegment geben. Aus deutscher Sicht werden sich auf absehbare Zeit jetzt nur noch sehr hohe Leerstände mit weniger hohen Leerständen abwechseln. Woher damit auf breiter Front eine Mietdynamik kommen soll, die „5%- Investoren“ zwangsläufig erwarten müssen, ist schleierhaft. Selbst wenn die absoluten Spitzenmieten der Neubauten in Toplagen knappheitsbedingt wieder einmal steigen, ist längst nicht mehr von einer parallelen Entwicklung zwischen Durchschnittsmieten und Spitzenmieten auszugehen. Technologisch werden viele Büronutzer immer unabhängiger.
Nach wie vor sehen wir keinen deutlichen Einbruch des Flächenverbrauchs pro Mitarbeiter, aber es spricht nichts dagegen, dass mit einer jungen Generation von Internetkindern sich speziell auch in einer Rezession Denkstrukturen langsam ändern. Fazit: Das Zahlenwerk 2008 ist gut. Der Blick nach vorne wird diesmal nicht durch das aktuelle Zahlenwerk bestimmt. Die Rezession ist noch nicht da. Aus unserer Sicht wird 2009 und wahrscheinlich auch 2010 hart.
Lassen Sie sich also bitte nicht von den zu erwartenden Makler-Statements, es käme alles nicht so schlimm und die Büromärkte würden die Rezession kaum spüren, beeinflussen. Qualitäts- und Lagewettbewerb wird weiter zunehmen. Aktuelle Statements nach dem Motto, die Unternehmen ziehen in die Peripherie halten wir für schlichten Unsinn. Gerade wenn die Mieten in der Rezession in den Toplagen wieder runtergehen, atmet die Stadt wieder ein. Die Mieten geraten in den kommenden beiden Jahren kräftig unter Druck. Bei den Veröffentlichungen wird es aber länger dauern, bis es tatsächlich zu erkennen ist, da zwischen 15 und 25% des Mietbarwertes eines Vertrages leicht in „Incentives“ zu verstecken sind. Die dürften auch im vergangenen Jahr schon deutlich zugenommen haben, so dass die angegebenen Nominalwerte mit Vorsicht zu betrachten sind.
Der Blick nach vorne wird auch durch die weitgehend erfolgte Umstellung auf IFRS erschwert. Ein „Fair Value“ kann böse Fallen beinhalten. Aufgrund der oft exzessiven IFRS-Bewertung der vergangenen Jahre ist im Moment überhaupt noch nicht abzusehen, wie sich das Bewertungsproblem auf die Investoren auswirken wird. Mieterpleiten und Mietvertragsausläufe hauen dann direkt in die Bewertung und die Bilanz. Sogar voll bezahlte Mieterauszüge mit mehreren Jahren Restlaufzeit können tödlich sein. Dann haben Sie zwar Geld in der Kasse, aber auch satte Verluste durch Neubewertung der dann leerstehenden Flächen. Etwaige Überbewertungsaspekte – es gibt Immobilien AG’s, die immer noch den qm Billigwohnfläche mit 900 Euro bewerten, während wohl kaum noch jemand mehr als 500 bis 600 Euro bezahlt, lassen wir hier sogar außer Acht. Die haben sowieso nur noch eine Chance: Überleben und auf den neuen Leverage-Boom, der schließlich so sicher wie das „Amen in der Kirche“ kommt, zu warten.
Bei den Immobilienaktiengesellschaften läutet der Neubewertungsbedarf traditionell den Einstieg in die Abwärtsspirale ein. Das wird auch nächstes Jahr auf der Basis der 2009er Bilanzen und vielleicht schon durch die Quartalsberichterstattungen geschehen. Nicht umsonst bezeichneten wir die Immo AG als dämlichste Rechtsform zum halten von Beständen. Allerdings nivellieren weitergehenden Bewertungsnotwendigkeiten auch anderer Rechtsformen den Nachteil.
Quelle: DIB, Nr. 183
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