Deutsche Hypo: Demographische Herausforderungen werden überschätzt

Von Werner Rohmert. Branchenweit besteht weitgehend Einigkeit über einen generell schwächeren Verlauf der demographischen Entwicklung. Wahrscheinlichkeitsaussagen über demographische Szenarien und insbesondere die Auswirkungen auf die Segmente der Immobilienwirtschaft werden jedoch kontrovers diskutiert. Das Immobilienresearch der Deutsche Hypo AG, Hannover, dem Kompetenzzentrum für Gewerbeimmobilienfinanzierungen im NORD/LB-Konzern, hat in einer aktuellen Studie die kontrovers diskutierten demographischen Szenarien analysiert.

Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Wirkungen demographischer Entwicklungen für die kommenden beiden Dekaden tendenziell überschätzt werden. Die Deutsche Hypo sieht zwar dämpfende Effekte der Demographie, denen jedoch expansive Effekte in anderen Bereichen gegenüberstehen. Speziell bei Büroimmobilien ist das Ergebnis weit weniger kritisch als bei anderen Studien. Die Herausforderungen demographischer Entwicklungen für die Immobilienmärkte sind zwar unter Nutzungsgesichtspunkten eher langfristig; jedoch unter Angebotsgesichtspunkten aktuell. Investoren antizipieren bereits heute die zukünftigen Entwicklungen. Dies beeinflusst Bedarfsschätzungen. Andreas Pohl, Vorstand der Deutschen Hypo, fasst zusammen: „Es besteht die Gefahr einer Überbewertung demographischer Herausforderungen.

Die Konsequenzen sind verminderte Finanzierungsfazilitäten speziell in als gefährdet angesehenen Immobiliensegmenten und daraus resultierende Knappheiten. In einem üblichen Finanzierungshorizont sehen wir in keinem gewerblichen Immobiliensegment bereits heute spürbare Auswirkungen. Die Finanzierung von Büroimmobilien, die ja oft als besonders demographiegefährdet angesehen werden, bleibt bei uns Kernsegment. Allerdings müssen bereits heute regionale und strukturelle Verschiebungen berücksichtigt werden, die schon während eines üblichen Finanzierungshorizontes virulent werden können. Aber auch hier müssen pauschalierte Trends, wie z. B. West-Ost Verschiebungen einzeln analysiert werden.“ Demographische Auswirkungen auf Immobiliensegmente im Überblick:

Sozialimmobilien: Die positiven Einflüsse demographischer Entwicklungen für Sozialimmobilien sind eindeutig. Plätze in Krankenhäusern, Kur- und Reha-Einrichtungen sowie Senioren- und Pflegeheimen werden zukünftig deutlich mehr als heute nachgefragt werden. Lediglich Kindergärten und -tagesstätten werden durch die demographische Entwicklung an Nachfrage verlieren.

Wohnimmobilien: Unter Vernachlässigung eines Worst-Case-Szenarios rechnet die Deutsche Hypo noch mit einem Anstieg der Nachfrage für Wohnimmobilien bis zum Jahr 2025. Belastend für die Nachfrage wird sich die schrumpfende Altersgruppe von Personen zwischen 30 und 45 Jahren auswirken. In Verbindung mit der noch zunehmenden Zahl der Haushalte wird die Nachfrage nach Wohnflächen im Prognosezeitraum leicht steigen. Städte gewinnen durch Veränderung der Altersstruktur.

Büroimmobilien: Der negative Einfluss der demographischen Entwicklung auf die Büroflächennachfrage ist auf Grund der alles überlagernden Abhängigkeit von der Produktions- und Beschäftigungsentwicklung nur von sehr indirekter Natur. Auch in der regionalen Perspektive wird die Herausbildung von Wachstumspolen insbesondere des Dienstleistungssektors das Marktgeschehen weit nachhaltiger beeinflussen als etwa die demographische Entwicklung.

Einzelhandelsimmobilien: Abnehmende Bevölkerungszahl und geringe einzelhandelsrelevante Kaufkraft im Alter wirken kontraktiv, führen außerdem zu regionalen Differenzierungen. Die beiden wichtigsten demographiegetriebenen Herausforderungen sind die sich weiter verschärfenden Konzentrationsprozesse und die Anforderungen, seniorengerechte Konzepte zu entwickeln.

Freizeitimmobilien: Bei dem Markt für Freizeitimmobilien handelt es sich um ein sehr heterogenes Segment des Immobilienmarktes. Da sowohl die Bevölkerungszahl insgesamt abnimmt als auch das Freizeitverhalten eines Menschen sich über die Lebensspanne verändert, entstehen für den Markt für Freizeitimmobilien demographische Herausforderungen.

Zur Regionalentwicklung: Plakativen Aussagen der letzten Jahre, denen zufolge der Osten verliere und der Westen gewinne, sind in der Zukunft nicht haltbar. Die Ostseeküste, Berlin/Brandenburg und die Region Dresden/Leipzig können mit einer steigenden Zahl an Haushalten rechnen. In Westdeutschland dagegen werden z.B. das Saarland und das Ruhrgebiet negativ betroffen sein. Grundsätzlich zeigt sich jedoch für Westdeutschland ein stärkeres Wachstum als für Ostdeutschland.

gi24/DIB, Nr. 191

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