Von Ruth Vierbuchen
Top-Einkaufsstraßen stehen bei nationalen wie internationalen Filialisten unverändert hoch im Kurs. Immer noch ist in den absoluten Top-Lagen ein Nachfrageüberhang zu verzeichnen. Nach Beobachtung des Essener Immobilienunternehmens Brockhoff & Partner in 313 deutschen 1a-Lagen sind die Ladenmieten 2008 in kleineren Flächen (60 bis 120 qm) im Schnitt um 2,98% und in den größeren Flächen (120 – 260 qm) um 3,5% gestiegen.
Diese Entwicklung belegt auch den allgemeinen Trend, dass der Einzelhandel – auf Grund der stetig steigenden Sortimente – tendenziell größere Ladenflächen nachfragt. Das idealtypische Geschäft ist für den Einzelhandel ein Shop in den eigentlichen 1a- Bereichen der Fußgängerzonen, „mit attraktiven großen Schaufensterfronten und quadratisch bzw. rechteckig zugeschnittenen Verkaufsflächen“, bringt es Eckhard Brockhoff, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, auf den Punkt.
Inzwischen rücken laut Brockhoff auch verstärkt Städte mit weniger als 100 000 Einwohnern in den Fokus der Expansionsabteilungen deutscher und internationaler Handelsunternehmen. Doch der Blick auf die einzelnen Städte zeigt, dass die Mietpreisentwicklung sehr unterschiedlich ausfällt. So wurden in Speyer bei Kleinflächen Mietsteigerungen von 36,36% und bei Geschäften mit 120 – 260 qm von 37,93% erzielt, in Marburg waren es 28,57% (Kleinfläche) und 20% (größere Fläche). Dagegen zeigten die Mieten in Wolfsburg, Herne, Pforzheim und Baden-Baden gar keine Veränderung. In Lüneburg und Flensburg stiegen die Mieten je nach Geschäftsgröße zwischen 7 und 10%. Sehr differenziert ist auch das Bild in den großen Shopping-Metropolen. Während in München die Mieten bei 205 – 275 Euro (Kleinfläche) und bei 240 – 205 Euro (größeren Flächen) verharrten, stiegen die Mieten im kaufkraftstarken Hamburg immerhin um 10%.
Hier sind vor allem internationale Labels auf der Suche nach neuen Geschäften (siehe Tabelle). Insgesamt ist die Stimmung im Einzelhandel laut Brockhoff gut, vor allem nach dem relativ guten Weihnachtsgeschäft, und dies präge das verstärkte Expansionsverhalten der Filialisten. Auch die Kaufpreise für Geschäftshäuser in 1a-Lagen befänden sich hierzulande auf hohem Niveau. Brockhoff geht zwar davon aus, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation auch zeitversetzt den Einzelhandel beeinflussen wird, doch erwartet er für 2009 leicht ansteigende Mieten in Klein-, Mittel- und Großstädten.
Ähnlich positiv beurteilt auch Gerhard K, Kemper, Geschäftsführer Kemper’s Jones lang LaSalle Retail GmbH in Düsseldorf den hiesigen Vermietungsmarkt. „Besonders in den Metropolen wird es auch im neuen Jahr einen Nachfrageüberhang geben und wir werden keine strukturellen Leerstände in 1a-Lagen sehen. Trotz der voraussichtlich abgeschwächten Nachfrage bleiben Ladenlokale in 1a Lagen Mangelware.“ Das Immobilienunternehmen gründet seine Erkenntnisse auf eine Stichprobe von 440 Vermietungen aller Maklerhäuser.
Dabei zeigte sich, dass Geschäftsflächen mit 100 bis 250 qm vom Einzelhandel mit 42% am stärksten nachgefragt wurden. Auf Rang zwei folgten Märkte mit 250 bis 500 qm mit 20%. Auf Großflächen mit über 1 000 qm entfiel 10% der Nachfrage, genauso viel wie auf Geschäfte mit weniger als 100 qm. Besonders aktiv war der typische innerstädtische Einzelhandel aus dem Bereich Bekleidung für Damen und Herren sowie Young Fashion. Darauf konzentrierte sich insgesamt 41% der Nachfrage, vor dem Schuhhandel mit 9%. Mit je 6% sind der Buchhandel, Telekom-Anbieter, Drogeriemärkte und Accessoires vertreten. Bezogen auf den Zeitraum der Mietabschlüsse registrierte Kemper’s Jones Lang LaSalle die größten Aktivitäten im 2. Quartal (34%) und im 1. Quartal (26%). Im 3. Quartal waren es noch 22% während die Aktivitäten im 4. Quartal (18%) traditionell auf Grund des Weihnachtsgeschäfts abflauen. Auch Kemper’s JLL erwartet 2009 eine stabile Marktsituation. Ganz anders präsentiert sich dagegen der Investmentmarkt Einzelhandel 2008, der von der Finanzkrise stark gezeichnet ist.
Nach einer Untersuchung von Jones Lang LaSalle ging das Transaktionsvolumen in Kontinentaleuropa (ohne GB und Irland) um 56% von 28,2 Mrd. Euro (2007) auf 12,4 Mrd. Euro (2008) zurück. Berücksichtigt wurden bei der Studie Investitionen in Shopping Center, Fachmarktzentren und Factory Outlets, ausgenommen sind Transaktionen in 1a-Lagen und solche unter 5 Mio. Euro. Das Investitionsvolumen ist damit auf das Niveau von 2005 (14,7 Mrd. Euro) zurückgefallen.
Als „Wait-and-See-Strategie“ bezeichnet Jeremy Eddy, Direktor European Retail Capital Markets von Jones Lang LaSalle die Haltung. Er geht davon aus, dass auch das erste Halbjahr 2009 schwach sein wird. „Wir erwarten jedoch Preisanpassungen und zur Jahresmitte eine zunehmende Zahl an Investoren, die daraus Nutzen ziehen“, glaubt er.
Dass die Belebung des Investmentgeschäfts von der Verbesserung auf den Kreditmärkten abhängt, liegt auf der Hand. Unter den Blinden auf dem Markt für Handelsimmobilien war Deutschland der Einäugige. Mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Mrd. Euro und einem Anteil von 20% stand Deutschland erneut an der Spitze in Kontinentaleuropa vor Spanien (mit 1,4 Mrd. Euro und 12% sowie Finnland mit 1,3 Mrd. Euro und 10%. Gefragt sind bei den Investoren laut Eddy derzeit vor allem „defensiv ausgerichtete Anlagemöglichkeiten“. Im Fokus stehen 2009 die Volumina, stabile Marktsegmente, erstklassige Lagen, sichere und langfristige Mietverträge und zuverlässige Mieter. Deshalb dürften nach seiner Einschätzung in Westeuropa vor allem Shopping-Center gefragt sein.
Quelle: HIR, Nr. 38
Kommentar hinterlassen