Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“
Das Thema REIT ist vorerst sang- und klanglos im Sande verlaufen. Doch es liegt im Segment Handelsimmobilien nicht allein an der Kreditkrise und dem schlechten Börsenklima, dass ein Going-public als REIT derzeit so unattraktiv ist. Es fehlt auch schlicht die Masse – sprich: es fehlen die attraktiven Filial-Portfolios vom Einzelhandel, die eine Umwandlung in eine REIT AG sinnvoll erscheinen lassen.
Das geringe Interesse des Einzelhandels am Verkauf von Filialnetzen wiederum spiegelt wider, welch hohen Stellenwert die Immobilien für die Branche haben. Was für die verarbeitende Industrie die Produktionsstraße, ist für den Einzelhandel sein gut funktionierendes Filialnetz an Top-Standorten. Es sind seine Verkaufsmaschinen und sein Tafelsilber. Diese Assets in die Hände von Investoren zu geben, ist für die Branche von existenzieller Bedeutung und deshalb – stärker als bei Büroimmobilien – eine Frage des Vertrauens, das sich ein Investor erst verdienen muss, wenn er dem Handel seine Filialnetze abkaufen will.
Wie verletzlich ein filialisiertes Einzelhandelsunternehmen wird, wenn es den Zugriff auf seine Verkaufsstellen verliert, zeigt der Insolvenzfall Götzen-Baumärkte. Denn als Insolvenzverwalter Horst Piepenburg für die Baumarktkette im Februar 1998 Insolvenz anmelden musste, machten die Vermieter der guten Standorte von der Insolvenzklausel Gebrauch und vermieteten an die Kölner Rewe-Gruppe, die sogleich vorstellig geworden war. Da Piepenburg die defizitären Standorte wegen der Betreiberpflicht weiter führen musste, blieb am Ende nur die Zerschlagung. Ein Schicksal, das sich das Unternehmen erspart hätte, wäre es Eigentümer der Immobilien gewesen.
Inzwischen regelt die neue Insolvenzordnung von 1999 zwar, dass der Insolvenzverwalter im Konkursfall die Verfügungsgewalt auch über ein gemietetes Ladennetz behält, weil Insolvenzklausel und Betreiberpflicht dann nicht mehr greifen. Doch können auch unter normalen Bedingungen drastische Mieterhöhungen des Eigentümers den mietenden Einzelhändler unter Druck setzen und gegebenenfalls zur Aufgabe des Standorts zwingen. Und was passiert, wenn der Mietvertrag eines Top-Standorts ausläuft und der Wettbewerber eine höhere Miete bietet? Um einen solchen Fall auszuschließen, dürften für den Einzelhandel auch Rückkauf-Optionen interessant sein. Die Beispiele zeigen, dass die Uhren auf dem Markt für Handelsimmobilien etwas anders ticken.
Andererseits zeigt der hohe Sanierungs- und Umstrukturierungsbedarf bei vielen deutschen Filialnetzen, dass der Einzelhandel das nicht alleine stemmen kann und das große Interesse nationaler wie internationaler Investoren an erstklassigen Portfolios ihm die Chance eröffnet, den Umbau schneller zu bewältigen. Es bleibt also noch viel zu bereden.
Quelle: HIR, Nr. 25, Editorial, 04.07.2008
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