Galgenhumor auf Immobilien-Messe: Fondsinitiatoren in der Klemme – Banken und Anleger blocken

Was für eine seltsame Stimmung. Wie in den Vorjahren drängten sich auf der Immobilien-Messe Expo Real Zigtausende, meist in traditionellem Immobilien-Anthrazit gekleidete Männer durch die Hallen – und ebenfalls traditionell wenig Frauen, meistens in Kostümen und auf hohen Hacken. Und doch war diesmal alles anders. Die Finanzkrise schwebte über allem. Geredet wurde über die Hypo Real Estate und Dax-Verluste. Wer ist die nächste Pleite-Bank, ist das Sparbuch noch sicher oder tauschen wir Bares lieber in Goldbarren. Immobilien blieben oft nur Randthemen.

Anbieter geschlossener Fonds machten nicht selten auf Galgenhumor. Doch hinter der einstudierten Geste war nicht alles lustig. Wer genau hinsah, bemerkte, dass manche Gesprächspartner häufig an ihren Ohrläppchen zupften. Ein in der Körpersprache als „Bestrafungs-Geste“ bezeichnetes, unbewusstes Anzeichen dafür, dass jemand die Fragen des Gegenübers übel nimmt. Immerhin berührten die wenigsten beiläufig ihre Nase oder verdeckten ihren Mund – als Zeichen für eine Lüge.

Erstaunlich vielmehr, wie offen und deutlich die Fondsinitiatoren ihre Lage analysierten. Tenor: Es läuft schleppend. Anleger halten sich zurück, Vertriebe trauen sich kaum, ihre Kunden auf lang laufende Investments anzusprechen. „Manche Berater gehen kaum noch ans Telefon, weil sie keine Lust mehr haben auf den Stress“, berichtet Lutz von Stryk, Geschäftsführer bei HGA Capital.

„Wer kürzlich noch Dax-Zertifikate oder ähnliches verkauft hat, wird dem verärgerten Kunden nun nicht gerade einen geschlossenen Fonds anbieten.“

Er berichtet außerdem von Zeichnern, die sich beim Initiator melden mit der Frage: „Ist mein Geld bei Euch noch sicher?“ Überraschen darf das nicht in Zeiten, wo Sparer ihr Geld bei Geschäfts- und Großbanken abheben und zur Sparkasse tragen, weil sie sich dort mehr Sicherheit erhoffen.

Für bessere Zeiten kündigt HGA Capital Fonds mit Immobilieninvestitionen in Deutschland, Luxemburg und Mitteleuropa an. Das Thema USA ist erst einmal vom Tisch. Derzeit verhandelt der Initiator mit allen Beteiligten, die in Kooperation mit dem einstigen US-Partner Alliance konzipierten Appartement-Fonds aufzulösen.

„Unsere Anleger können entspannt bleiben. Obwohl kein Objekt läuft wie geplant, bekommen sie sieben Prozent Ausschüttungen wie prospektiert – aus unseren Rücklagen“,

sagt von Stryk. Ungeachtet aller individuellen Probleme mit Alliance habe sich der US-Wohnungsmarkt auf Grund der Subprime-Krise völlig anders entwickelt als gedacht.

„Die Banken lassen die Eigentümer in ihren Häusern wohnen oder vermieten sie zu Sonderkonditionen. Stehen die Holzhäuser drei Monate lang leer, fängt bei dem feucht-warmen Klima alles an zu schimmeln. Subprime macht also keinesfalls die Wohnungen voll wie erwartet.“

Achim von Quistorp, Vorstandsmitglied bei Wölbern Invest, berichtet frank und frei von seinen Erfahrungen mit den Banken:

„Die sagen uns: Wir machen bis zum Jahresende gar nichts mehr.“

Und das hat nichts mit Wölbern zu tun. Offenbar kennen die Banken nur die Extreme. Nachdem sie jahrelang Immobilien weit über 100 Prozent finanzierten, vergeben sie nun gar keine Darlehen mehr. Am schwierigsten sei es, derzeit kurz laufende Zwischenfinanzierungen zu bekommen, um die Zeit bis zur Platzierung des Eigenkapitals zu überbrücken.

„Das heißt für uns, dass wir unser Konzept der Schiffsfinanzierung auf andere Objekte übertragen. Erst Kapital einsammeln und dann ausgeben.“

Von Quistorp räumt jedoch ein, dass auch dieser Schiffsfonds nicht so läuft wie erwartet, doch wen darf das angesichts der allgemeinen Finanzkrise verwundern?

Kurz vor der Fertigstellung ist ein Frankreich-Fonds: Ein Objekt in St. Etienne, gekauft mit einer Rendite von 7,75 Prozent und Ausschüttungen oberhalb der Sieben-Prozent-Marke. Alleine, der Darlehensgeber muss noch gefunden werden.

 „Eine Bank hat ihre feste Zusage zurückgezogen“,

sagt von Quistorp und lacht dabei. Galgenhumor.

Anders als der Löwenanteil der Anbieter will Wölbern weiter auf Blind-Pools setzen. Standorte von Projektentwicklungen könnten Deutschland, Frankreich, Österreich und Mitteleuropa sein, etwa Warschau. Möglich wäre auch ein Core-Objekt in Kanada. Private Equity dagegen wird nur ein Nebengeschäft bleiben.

„Das ist ein Spielbein, aber kein Standbein“,

so von Quistorp. Oder war es Joachim Schmarbeck? Der hat seinen Vertrag als Vorstandsmitglied aufgelöst, spricht aber immer noch voller Enthusiasmus und von „wir“, wenn er über die Wölbern-Pläne berichtet. Eine irgendwie geartete Zusammenarbeit auch in Zukunft darf daher nicht überraschen.

„Fragen sie mich bitte nichts zur Lage bei der Hypo Real Estate“,

beginnt Friedrich-Wilhelm Patt von Hannover Leasing das Gespräch. Der Sprecher der Geschäftsführung von Hannover Leasing war kurz zuvor Teilnehmer einer Diskussion zum Thema „REITS – wann kommt der Durchbruch?“ Beleg dafür, dass das Expo-Programm ausgearbeitet wurde, als noch niemand das Ausmaß der Finanz-Krise ahnte.

„Wer vor 2011 an den REIT glaubt, der träumt“,

so Patt. Sein Unternehmen hat entsprechende Pläne erst einmal begraben. Erste, für einen REIT gedachte Objekte wanderten in den Fonds „Substanzwerte 4“, die verbliebenen drei Immobilien in Hamburg, Frankfurt und Berlin bilden wohl den Nachfolge-Fonds „Substanzwerte 5“.

Auch Patt schimpft über die Zurückhaltung der Kreditinstitute:

„Die Banken sagen uns ganz klar: Bitte rufen Sie uns nicht mehr an. Wenn wir nicht unseren Gesellschafter hätten, die Helaba, würden wir keine Finanzierung mehr bekommen.“

Gesichert ist das Fremdkapital bei einem Fonds, den Hannover Leasing Anfang 2009 platzieren will: Ein Neubau in Luxemburg, mit unter anderem der EU als Mieter. Die Ausschüttungen beginnen bei 5,25 Prozent. Lohnt sich das angesichts möglicher Preisrückgänge oder sollten Anleger auf bessere Zeiten warten?

„Bei Core-Objekten in guten Lagen mit finanzstarken Mietern wird es nicht viele Transaktionen und daher auch kein Überangebot mit sinkenden Preisen geben. Niemand, der nicht unbedingt muss, wird in diesen Zeiten solch ein Objekt verkaufen. Mit Preisrückgängen rechne ich nur in B und C-Lagen“,

so Patt, der mit seiner Erwartung die Meinung der meisten Marktteilnehmer widerspiegelt.

Warum keinen reinen Eigenkapitalfonds bringen, wenn die Banken sowieso rumzicken? „Solch ein Modell scheitert an den hohen Provisionen. Die Beschaffungskosten wären zu hoch“, meint Patt. Er geht allerdings davon aus, dass das Provisionssystem nun auf den Prüfstand kommen wird. „Geschlossene Fonds werden transparenter, auch in Sachen Provisionen. Wobei eines klar ist: Je geringer Ertrag und Risiko, desto niedriger sollten auch die Verdienstmöglichkeiten der Vermittler sein.“

Irgendwo zwischen hoch und niedrig ist das kommende Angebot des Initiators Fondshaus Hamburg angesiedelt. In Kooperation mit den Immobilienentwicklern Lang & Cie. und Groß & Partner aus Frankfurt bastelt er derzeit an einem Projektentwicklungsfonds. Rund die Hälfte des 44 Millionen schweren Volumens fließt in den Bau der neuen Börse in Eschborn, ein Projekt im Wert von rund 200 Millionen Euro. Der Fonds will bei einer Laufzeit von fünf bis sechs Jahren Gewinne auszahlen und das Kapital erneut investieren.

„Das Renditeziel liegt bei zehn Prozent plus“,

sagt Angelika Kunath, beim Fondshaus Hamburg für das Immobiliengeschäft zuständig. Außerdem arbeitet sie an einem Türkei-Fonds. Investitionsobjekt wird ebenfalls eine Projektentwicklung sein, ein Shoppincenter in Iskenderun an der Mittelmeerküste. Voraussetzung ist allerdings, dass vorher noch ein Steuer-Problem gelöst wird.

Für die gesamte Branche gilt: Zunächst muss die Finanz-Krise mit all ihren Begleiterscheinungen gelöst werden. Die Fondsinitiatoren sind von zwei Seiten unter Beschuss. Die Banken verweigern Darlehen, die Anleger packen ihr Kapital lieber unters Kopfkissen als in einen geschlossenen Fonds. 2008 ist abgehakt, alle Hoffnungen ruhen auf dem kommenden Jahr. Wenn sich die Wogen geglättet haben, werden die Investoren wohl hoffentlich erkennen, wie stabil und vergleichsweise sicher eine Sachwertanlage ist. So die übereinstimmende Meinung.

In den USA soll die Kreditklemme nicht so stramm drücken wie in Deutschland. Das berichtet Boyd Simpson, Chef des US-Fonds-Initiators TSO-DNL Europe Funds.

„Wir haben in den USA tausende Banken, die froh sind, guten Gläubigern weiterhin Geld leihen zu können. Allerdings hilft es auch bei uns, Sicherheiten zu hinterlegen.“

Anders als hierzulande vergeben in den USA auch Versicherungsgesellschaften Hypothekendarlehen. Das entspannt die Lage offenbar zusätzlich, denn Simpson räumt ein: „Von vier Angeboten für einen Kredit stammen drei derzeit von Versicherern.“

Quelle: Der Fondsbrief, Nr. 74