Von Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“
In der Jahresendkonferenz am letzten Freitag stellte Jones Lang LaSalle (JLL) das Zahlenwerk per 14. Dezember vor. Wir wollen Ihnen zunächst die Fakten berichten, bevor wir kommentieren. Speziell im Investmentbereich gibt es noch Unsicherheiten.
Bei einer Gewerbe-Investmentbasis von etwa 54 Mrd. Euro, davon allein 30,4 Mrd. Büros und 10,9 Mrd. Einzelhandel sind Arcandor (Karstadt-Immobilien) mit ca. 4,5 Mrd. und der brandaktuell parallel zur Pressekonferenz veröffentlichte SEB-Deal mit dem Kauf des Potsdamer Platzes von Daimler ergänzende Faktoren. 1,2 bis 1,3 Mrd. Euro dürfte der Potsdamer Platz gebracht haben. Aufgrund der Aufteilung des Projektes verschiebt das die Relation zwischen Büro- und Einzelhandel nicht deutlich. Das gewerbliche Gesamtvolumen dürfte bei 55 bis 56 Mrd. Euro liegen. Bei Arcandor werden aller Wahrscheinlichkeit nach zum Jahresende lediglich Absichtserklärungen unterschrieben sein. Interessant dürfte die monetäre Auswirkung der Krise sein. Schließlich muss Arcandor für 15 Jahre 20 Mio. Euro Miete hinzulegen. Den Barwert dieser 300 Mio. Euro Mehrmiete muss man betriebswirtschaftlich dem Middelhoff-Zielerlös von 800 Mio. Euro bzw. immobilienwirtschaftlich dem Arcandor-Kauf-preisanteil von gut 2 Mrd. Euro gegenüberstellen. Das allein zeigt so einen Preiseinbruch von mindestens 10% gegenüber Ursprungsplanung auf (siehe auch Arcandor-Bericht von Dr. Ruth Vierbuchen auf Seite 11 ).
Die gewerblichen Transaktionsvolumina, also Büro, Handel, Logistik und gemischte Objekte, sind seit 2004 von etwa 17 Mrd. Euro über knapp 50 Mrd. Euro in 2006 auf rund 55 Mrd. Euro in 2007 angestiegen. Für 2008 rechnet Jones Lang mit einem deutlichen Rückgang auf etwa 45 Mrd. Euro. Speziell der Markt für Einzelobjekte sei trotz Subprime-Krise ausgesprochen lebendig. Insofern ist auch zu beachten, dass die prognostizierten Werte für 2008 immer noch dem Drei- bis Vierfachen der langjährigen Entwicklung bis 2004 entsprechen.
Vom Investitionsboom haben besonders Düsseldorf mit einer annähernden Verdoppelung auf 2,2 Mrd. Euro, Frankfurt gleichfalls mit einer Verdoppelung auf 5,2 Mrd. Euro und Hamburg mit etwa 5 Mrd. Euro, nach ca. 2,8 Mrd. Euro in 2006, profitiert. Berlin mit 2,3 Mrd. Euro bzw. minus ca. 25% und München mit 2,3 Mrd. Euro und etwa minus 20% waren dagegen die Verlierer des Jahres 2007. Auch legten die gewerblichen Portfolio-Transaktionen in 2007 auf 34 Mrd. Euro, nach 23,7 Mrd. Euro in 2006 noch einmal deutlich zu. Allerdings ist hier zu bedenken, dass lt. JLL-Chef Christian Ulbrich das Jahr 2007 ein Jahr mit 2 Zeitrechnungen war. Es gab die Zeit vor Subprime und die Zeit nach Subprime. Im Portfolio-Geschäft ist das daran erkennbar, dass im 4. Quartal bislang nur 5% des Gesamtvolumens anfielen. Aus Sicht von „Der Immobilienbrief“ sollte das Transaktionsvolumen jedoch in 3 Jahreszeiten eingeteilt werden, denn nur so lassen sich Schlüsse für 2008 ziehen. Es gibt die Jahreszeit vor Subprime, die Nachlaufzeit eingeleiteter Deals und die Abschlusszeit neuer Portfolio-Deals. Und hier könnt es, speziell bei großen Portfolien, nach Recherchen von "Der Immobilienbrief" (vergleiche Darstellung in "Der Immobilienbrief" Nr. 155) deutlich schwächer aussehen, als dies dem Zahlenwerk zu entnehmen ist. Wir bereiteten Sie schon oft darauf vor, dass Erfahrung selten ein Softlanding aufzeigt, sondern die Erfahrung, dass Trends regelmäßig genauso abrupt abbrechen, wie sie beginnen. Stabile Konjunktur und weltweiter, hoher Anlagedruck werden 2007 ausnahmsweise wohl hoffentlich eine weiche Landung darstellen können.
Die Bedeutung der fremdkapitalorientierten Investoren hat abgenommen. Nach großen Investments im zweiten Quartal war von ihnen im Jahresverlauf kaum noch etwas im Zahlenwerk zu spüren. Entsprechend dreht sich auch wieder die Risikohaltung. Der Anteil opportunistischer Deals ist von knapp 30% in 2005 und 2006 inzwischen auf weniger als die Hälfte zurückgegangen. Speziell das Investment in Core-Immobilien hat wieder zugelegt.
Während 2006 der Einzelhandel mit einem Anteil von 38% bzw. 18,6 Mrd. Euro bei knapp 50 Mrd. Euro Gesamtinvestment größer als der Büroanteil mit 37% war, hat sich das im laufenden Jahr wieder vollständig gedreht. Büros erreichen wieder einen Investmentanteil von über 30 Mrd. Euro bzw. 56%, während der Einzelhandel auf etwa 11-12 Mrd. Euro bzw. 20% zurückgeht. Das könnte allerdings auch an der Verfügbarkeit von Handelsimmobilien liegen. Der Markt dürfte weitgehend leer sein.
Die offene Frage, ist die Wertentwicklung spezieller Büroimmobilien. Im Eingangsstatement von JJL-Chef Christian Ulbrich wurde klar, dass Ulbrich von einer deutlichen Reduzierung der Preise bzw. Erhöhung der Anfangsrendite ausging (vergleiche folgenden Artikel). In einem mathematischen Minimodell rechnete Ulbrich sogar allein aufgrund der erhöhten notwendigen Risikomargen der Banken und des höheren Fremdkapitals, auch ohne Veränderung des Refinanzierungszinssatzes eine mögliche Erhöhung der Nettoanfangsrenditen von 20% vor.
Sofern die Mieten anziehen und Bewerter des kommenden Jahres „underrented“-Effekte hineinrechnen können, führt dies nicht zu einer linearen Preissenkung. Da aber auf jeden Fall mit einer konjunkturellen Beruhigung zu rechnen ist, dürfte der Anstieg der Mieten sich auf Nachlaufeffekte und vor allem auf das knappe Segment der Top-Immobilien beschränken. Bei wieder steigenden Neubauvolumina dürfte gerade dieser Mietanstieg hoch volatil sein. Inwieweit Gutachter also die gestiegene Miete dazu nützen können, die Objekte mit Vergleich auf die gestiegene Marktmiete wieder „hoch zu schreiben“ anstatt den Effekt der gestiegenen Nettorendite voll einzurechnen, bleibt der Zukunft überlassen.
Als Widerspruch wurde in der Darstellung von Jones Lang auch von den Kollegen vermerkt, dass steigende Mieten einmal an eine gute Konjunkturentwicklung geknüpft sind, während das Subprime-Szenario mit den realwirtschaftlichen Folgen eher für eine deutliche konjunkturelle Beruhigung spricht. 2008 könnte nach Erfahrung von "Der Immobilienbrief" allerdings noch aus Nachlaufeffekten, der Verschiebung der Immobilienkonjunktur gegenüber der Wirtschaftskonjunktur gerettet werden.
Völlig offen ist 2009. Sofern eine Auflösung der Subprime-Krise ohne weltweite Folgen, deren mögliche Kette wir Ihnen in "Der Immobilienbrief" Nr. 155 darstellten, stattfindet, der Anlagedruck hoch bleibt und die Konjunktur nur leichte Blessuren bekommt, wird 2009 wieder ein erholter Markt sein. Andererseits kann es aber auch durchaus sein, dass bis dahin die letzten Nachlaufeffekte ausgelaufen sind, konjunkturelle Expansions-Aspekte nicht mehr vorhanden sind und sich die internationalen Investoren anderen Ländern zugewandt haben.
Schmunzeln musste der Autor bei einer Darstellung von Ulbrich, dass Deutschland in einigen Jahrzehnten davon profitieren werde, dass viele Millionen Chinesen Deutschland als Touristen besuchen werden. Vor einigen Jahren stellten wir das Szenario einer deutschen Volkswirtschaft vor, in der in Lederhosen und Dirndl gekleidete Fremdenführer Chinesen durch leere Industriehallen und Bürotürme führen und diese als Denkmäler an einer früher führenden Wirtschaftsnation vorführen.
In der Wertprognose von Gewerbeimmobilien geht JLL von einem deutlichen Anstieg der Nettoanfangsrenditen in den kommenden beiden Jahren um 10% oder mehr aus. Der daraus resultierende Werteffekt könnte durch steigende Mieten noch ausgeglichen werden (siehe Chart). Die ausländischen Investoren verlieren ihre Marktdominanz. Während 2006 und in Q.1. 2007 der Anteil deutscher Investoren noch bei über 20% lag, ist er zum Jahreswechsel wohl auf über 40% angestiegen.
Gleichzeitig hat der Büroflächenleerstand, der zwischen 2001 und Ende 2005 auf vorher unbekannte Größen explodiert war, inzwischen wieder deutlich nachgegeben. Dabei blieb der Block der durchschnittlichen Flächen, die leer stehen, annähernd konstant bzw. vergrößerte sich gegenüber 2004/05. Vermietet werden vor allem A-Flächen. Hier ging der Leerstand überproportional zurück und dürfte sich seit der Spitze halbiert haben.
Wie wir Ihnen in "Der Immobilienbrief" und „Der Platow Brief“ regelmäßig in jedem Zyklus deutlich gemacht haben, hat das natürlich Konsequenzen für die Kapitalanlage in Immobilien. Schon eine 20 Jahre alte Fläche oder auch schon eine leergezogene 10 Jahre alte Fläche erfüllt oft nicht mehr den Standard einer A-Immobilie. Hier sind entweder hohe Investitionen notwendig oder deutliche Abschläge am Preis erforderlich. Damit dürften sich im nachhinein viele A-Investments in heutige A-Immobilien als Langfristinvestments in Sanierungsschlucker oder B-Investments herausstellen. Diese Aufsplittung relativiert auch die inzwischen wieder gestiegene Nettoabsorption. Umso unverantwortlicher ist es, dass speziell in Fondsprospekten Sanierungskosten und Renovierungskosten über Anschlussvermietungen immer noch kaum oder noch sehr gering berücksichtigt werden.
Für den Mietpreisindex geht JLL von einer Veränderung der Spitzenmiete von 2007 bis 2009 in Berlin von 3,9%, in Düsseldorf von 2,3%, in Frankfurt von 3,7%, in Hamburg von 4,4% und in München von 3,9% aus. Selbst dann verbleibt bei Berücksichtigung des Anstiegs der Nettoanfangsrenditen ein deutliches Wertminderungspotential. Dies wird vor allem die Gesellschaftsformen treffen, die quartalsmäßig den Wert ihrer Immobilien ermitteln müssen. Es wird auch nicht auf Gewerbeimmobilien beschränkt bleiben. Für bestandsorientierte Immobilienaktiengesellschaften und mögliche Reits (vergleiche folgenden Artikel) deutet sich spätestens für Ende 2008 bzw. 2009 ein deutliches Rückschlagspotential an.
Bürovermietungsmarkt: Am Bürovermietungsmarkt haben sich laut JLL bisher noch keine spürbaren Auswirkungen der Finanzkrise bemerkbar gemacht. Die Vermietungsumsätze haben nochmals zugelegt.
Die Nettoabsorption ist um ca. 1,4 Mio. qm gestiegen. Allerdings wird sich die Zunahme der Beschäftigung verlangsamen. Die Nachfragestruktur steht in den Immobilienhochburgen auf einem breiten Fundament. Die Neubautätigkeit hat ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. 2007 wurden rund 44% weniger Flächen fertig gestellt als im Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre. 2008 werden die Fertigungszahlen allerdings wieder zulegen. Erstmals seit dem letzten Boom 2000/2001 sind sowohl Spitzen- als auch Durchschnittsmieten in den jeweiligen 1a-Lagen in allen fünf Hochburgen gestiegen. Interessant ist auch die internationale Auswirkung der Krise, die JLL in dem oben abgebildeten Chart zusammengefasst hat.
Quelle: Der Immobilienbrief, Nr. 156 (Sonderausgabe), 19.12.2007