Kaufhaus-Immobilien sind ein schwieriges Geschäft

Von Ruth Vierbuchen. Die Insolvenz des Warenhauskonzerns Hertie, der Bekleidungskaufhäuser Sinn-Leffers und Wehmeyer – und nun auch noch der Billig-Kaufhaus-Kette Woolworth – dokumentieren den sich beschleunigenden Strukturwandel in der traditionsreichen Vertriebsform „Kauf- und Warenhäuser“. Allen gemeinsam sind die zentrale Positionierung in den Innenstädten, ihre städtebauliche Bedeutung sowie die breite Ansprache einer eher unspezifischen Zielgruppe. Sie sind die typischen Vertriebsformen eines Verkäufermarktes, bei dem sich das breite Sortiment fast von selbst verkaufte.

Diskussionen um Ladengestaltung, Wecken von Bedürfnissen, Schaffen von Kaufanreizen und klare Zielgruppenorientierung, wie sie in der Überflussgesellschaft eines Käufermarktes geführt werden müssen, spielten in den Glanzzeiten der Kauf- und Warenhäuser keine Rolle. Zudem ist die Ausrichtung auf nur eine Zielgruppe auf Grund der großen Flächen schwierig.

Deshalb besteht die entscheidende Strategie der Hagener Sinn-Leffers GmbH nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nun auch darin, sich vom Image des gesichtslosen Massenanbieters zu lösen und ein Profil als zeitgemäßes Modeunternehmen zu gewinnen, das sich auf die Belange der regionalen Standorte einstellt.

Wesentlich für die Immobilienbranche: Durch die Insolvenzen wurden zahlreiche Immobilien frei gesetzt. Sinn-Leffers führt von den 47 Standorten nur 23 weiter, eine Filiale in Duisburg wurde zum Outlet-Center umgebaut, um hier Restbestände zu verkaufen und Markenhersteller anzusiedeln. Die neue Wehmeyer-Kette führt von den 39 Filialen noch 17 weiter und Hertie hat im Zuge der Insolvenz bereits 19 der 73 Filialen geschlossen, für die bislang offenbar noch kein Käufer gefunden werden konnte.

Da sich die Verhandlungen zwischen Insolvenzverwalter Biner Bähr und den Gläubigern der Muttergesellschaft Dawnay, Day über Mietsenkungen schwierig gestalten, steht sogar die Befürchtung im Raum, dass am Ende alle Hertie-Filialen geschlossen werden müssten. Der Immobilienvermarkter Atisreal hat bislang nach eigenen Angaben etwa 8 Hertie-Filialen verkauft. Das sind die besseren Standorte.

Doch auch wenn innerstädtische Handelsimmobilien bei Investoren stark gefragt sind, wie etwa der Investmentmarktbericht von Jones Lang LaSalle belegt und die Maklerunternehmen unisono von dem großen Nachfrageüberhang bei innerstädtischen Einzelhandelsflächen berichten, so sind die Immobilien der Kauf- und Warenhäuser nicht problemlos geeignet, die Bedarfslücken in den Innenstädten zu schießen.

Das lässt sich am Beispiel Sinn-Leffers veranschaulichen: Von den 47 Filialen hatte die Hagener Modekette laut Geschäftsführer Detlef Specovius 16 bis 17 aussortiert, weil die Lagen nicht mehr die besten waren, sich die Stadt zum Nachteil verändert hatte (wie Gelsenkirchen und Herne) oder weil sie von der Größe her nicht mehr in die gewünschte Angebotsstruktur von 5000 bis 6000 qm passten. Dass am Ende 5 bis 6 Häuser mehr geschlossen werden mussten, lag daran, dass die Vermieter – darunter Privateigentümer und Fonds – nicht zu Mietpreissenkungen bereit waren, über die der Insolvenzverwalter Horst Piepenburg aber verhandeln musste, weil dem Unternehmen auf Grund der hohen Mieten die Zahlungsunfähigkeit drohte.

Die Rechnung dieser Eigentümer, dass sich schnell andere Mieter für langfristige Verträge finden würden, ging nicht auf. Aus Specovius Sicht sollten diese Eigentümer über ihre Mietvorstellungen nachdenken: „Viele haben die Lage offenbar unterschätzt.“ Die Strukturprobleme der Kaufhäuser betreffen auch deren Immobilien. Für Filialisten wie Esprit, H & M oder die vertikalen Anbieter mit ihren klar definierten Zielgruppen sind die Flächen von z. T. 6 000 bis 8 000 qm laut Specovius zu groß.

Hier liegt auch die Grundproblematik der Vertriebsform. Auf den großen Flächen sind die Anbieter gezwungen, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen, was immer schlechter funktioniert und zu Streuverlusten führt. Peek & Cloppenburg und erfolgreiche Einzelkämpfer gehören zu den wenigen, die das schaffen. Ein weiteres Problem der Häuser mit nicht optimalen Standorten: Die Top-Filialisten gehen nur in die absoluten Spitzenlagen. Damit fallen die Standorte mit abnehmender Frequenz für sie raus.

Von der Größe her könnten die Häuser zwar für Elektrofachmärkte wie Saturn oder Media Markt interessant sein – sofern diese in der Stadt nicht schon vertreten sind – doch fehlen für dieses transportintensive Geschäft oft die Parkplätze. Am leichtesten werden noch die Woolworth-Standorte zu vermarkten sein, die kleiner sind und sich meist in Top-Lagen befinden. Doch bei den Kauf- und Warenhäusern stellt sich die schwierige Frage nach dem richtigen Einzelhandelskonzept.

Vorstellbar wäre laut Specovius die Umwandlung in kleine Malls. Das wäre die schwierigere Variante. Andererseits ist auf den großen Flächen noch am ehesten ein weitgehendes Shop-in-Shop-Konzept zu realisieren, bei dem – ähnlich wie in den Einkaufszentren – namhafte Anbieter ein zielgruppenorientiertes Sortiment bieten. Klar ist: Die Umnutzung der ausgedienten Kaufhäuser erfordert viel Phantasie.

gi24/HIR, Nr. 45

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