Markteintritt von AmazonFresh krempelt die Lieferkette im Lebensmittelbereich um. Nach Berlin und Potsdam startet Amazon mit seinem Lebensmitteldienst nun auch in Hamburg. Durch wachsenden Onlinehandel europaweit bis 2020 zusätzlicher Bedarf an Logistikflächen von rund 15 Millionen Quadratmetern.
Seit Mai 2017 testet Amazon in Teilen Berlins und Potsdam die Auslieferung von Lebensmitteln mit seinem Dienst AmazonFresh. Ganz aktuell ist nun im Juli auch Hamburg als Testmarkt hinzugekommen, München wird im Laufe des Jahres wohl noch folgen. Der internationale Immobilien-Investmentmanager Savills Investment Management („Savills IM“) hat in seiner Analyse „AmazonFresh krempelt die Lieferkette im Lebensmittelbereich um“ mögliche Folgen für den Logistik- und Einzelhandelsmarkt sowie Investitionsstrategien untersucht.
Seit dem Start der Lebensmittel-Tochter des E-Commerce-Giganten im Jahr 2008 im Großraum Seattle wurde AmazonFresh schrittweise in diversen US-Metropolen eingeführt. 2016 folgte der Markteintritt in Europa mit der Belieferung in vielen Stadtteilen Londons.
Großes Potenzial für onlinebasierte Lebensmittelhandel
Andreas Trumpp MRICS, Head of Research Deutschland bei Savills IM, erläutert: „Der onlinebasierte Lebensmittelhandel bietet in Deutschland noch großes Potenzial. Während der Marktanteil des Onlinehandels in Europa insgesamt eine rasante Wachstumsdynamik aufweist und mittlerweile knapp zehn Prozent der Einzelhandelsumsätze ausmacht, konnte sich das Onlineshopping von Lebensmitteln in Deutschland bislang noch nicht durchsetzen. Laut HDE werden derzeit nicht einmal ein Prozent der Lebensmittel in Deutschland online eingekauft. Da sind andere Länder wie beispielsweise Großbritannien schon deutlich weiter.“
Gründe für die verhaltene Nutzung des onlinebasierten Lebensmitteleinkaufs in Deutschland sind die hohe Dichte im Lebensmitteleinzelhandel und die Vielfalt von Premiumanbietern bis hin zu Discountern. Auch die engen Margen auf dem deutschen Lebensmittelmarkt stellen eine hohe Markteintrittsbarriere für Onlinehändler dar. Die deutschen Konsumenten bevorzugen außerdem, die Lebensmittel vor dem Kauf sehen und anfassen sowie die Lieferkosten für Onlinekäufe vermeiden zu können. Dennoch rechnen verschiedene Forschungs- und Beratungsunternehmen bis 2025 mit einem Anstieg des Marktanteils des onlinebasierten Lebensmittelhandels auf etwa fünf Prozent des Gesamtmarktes und einem Umsatz von insgesamt sechs bis acht Milliarden Euro. Bis zu 1.700 Supermärkte könnten bundesweit durch diese Entwicklung überflüssig werden.
„Unserer Einschätzung nach bleiben umsatzstarke Fachmarktzentren mit Ankermietern aus dem Lebensmittelbereich eine gute Investitionsmöglichkeit, da sie von der zunehmenden Preissensibilität sowohl auf Seiten von Mietern als auch Verbrauchern profitieren. Zudem können Fachmarktzentren als Abholstationen für Click & Collect-Bestellungen genutzt werden. Investoren müssen aber mehr denn je Faktoren wie die lokale Konkurrenz, die Verfügbarkeit von Grundstücken und die Mieterbonität berücksichtigen“, sagt Trumpp.
Zusätzlicher Bedarf an Logistikflächen
Während der stationäre Lebensmitteleinzelhandel durch die zunehmenden Onlinehandelsanteile unter Druck gerät, dürften Paket- und Logistikdienstleister von der zunehmenden Logistiknachfrage profitieren. Aufgrund des wachsenden Onlinehandels geht Prologis davon aus, dass es europaweit bis 2020 einen zusätzlichen Bedarf an Logistikflächen von rund 15 Millionen Quadratmetern geben wird, davon 10 Millionen Quadratmeter alleine in den etablierten Märkten Westeuropas.
Daniel Hohenthanner MRICS, Fondsmanager des Logistikfonds bei Savills IM sagt: „Durch die Entwicklung im onlinebasierten Lebensmittelhandel entstehen neue Herausforderungen für die Logistikbranche. Die extrem kurzen Lieferfristen noch am selben Tag erfordern urbane Lagerflächen und innovative Zustelldienste der letzten Meile. Die hohen Bodenpreise und die geringe Verfügbarkeit innerstädtischer Flächen werden dazu führen, dass in Deutschland künftig auch mehrstöckige Logistikimmobilien errichtet werden, wie beispielsweise in Asien bereits üblich – das erste zweigeschossige Logistikobjekt wurde aktuell in München fertiggestellt. Auch eine Anmietung von Lagerflächen in Büroobjekten, wie durch Amazon in der bayerischen Hauptstadt erfolgt, stellen kreative Lösungen angesichts der Flächenknappheit im Logistikbereich dar. Dies eröffnet neue, spannende Investmentmöglichkeiten für Investoren.“