Metro Cash & Carry löst sich von seinen Wurzeln

Von Ruth Vierbuchen. Die Düsseldorfer Metro Group testet in Siegen ein neues Konzept für ihre deutschen Cash & Carry-Großmärkte, deren Geschäft zu wünschen übrig lässt. In wenigen Stichpunkten aufgezählt wurde das Sortiment verkleinert und Bereiche wie Bücher, Taschen, Fahrräder, Unterwäsche, Kinderbekleidung und Tonträger wurden laut FAZ ausgelistet. Zudem wurde die Wegführung übersichtlicher gestaltet.

Durch die Aufstockung des Eigenmarkenanteils von 10 auf 20% am Umsatz soll die Marge erhöht werden. Ziel ist es, das Sortiment stärker auf den Profibedarf der Kernzielgruppen zu konzentrieren. Das sind zum erheblichen Teil Hotels, Restaurants, Caterer und kleinere Händler wie z. B. Kioskbetreiber.

Damit lässt der Düsseldorfer Konzern ein Stück seiner Vergangenheit hinter sich, in dem das deutsche Cash & Carry-Geschäft als Keimzelle des heutigen Metro-Konzerns, der Nummer 3 weltweit, eine zentrale Rolle gespielt hatte. Entstanden ist diese besondere Vertriebsform, als Metro- Gründer Otto Beisheim im Jahr 1964 das damals aufkommende Selbstbedienungsprinzip im Einzelhandel auch auf den Großhandel übertrug. Selbstständige und Kleinbetriebe konnten hier zu Großhandelspreisen einkaufen, gleich (cash) bezahlen und die Waren mit selbst mit nach Hause nehmen (carry) – ganz im Gegensatz zum üblichen Zustellgroßhandel, der vor allem größere Abnehmer bediente.

Die „Eintrittskarten“ in diese Einkaufsparadiese waren die berühmten Metro- Ausweise, die für die zugangsberechtigten Großhandelskunden eigens ausgestellt wurden. Zu harten Konflikten mit den Interessenvertretern des Einzelhandels kam es jedoch, als sich der Eindruck verdichtete, dass Metro diese Ausweise sehr großzügig verteilte, so dass im erheblichen Maße auch Endverbraucher in den Großhandelsmärkten einkaufen gingen.

Der besondere Reiz: Die Cash & Carry-Märkte waren als Großhandelsbetriebe bis 21 Uhr geöffnet, während der normale Einzelhandel um 18.30 Uhr schließen musste. In zahlreichen – hart umkämpften – Musterprozessen versuchte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) die Metro dazu zu zwingen, bei der Ausgabe der Ausweise und den Eingangskontrollen strenger vorzugehen. In einem der vielen Vergleiche ließen sich die Metro-Manager darauf ein, auf die längeren Öffnungszeiten bis 21 Uhr zu verzichten. Die Folge waren Umsatzrückgänge.

Gleichzeitig erwuchs den Metro-Großmärkten hierzulande mit der schwungvollen Expansion der preisaggressiven SB-Warenhäuser auf der grünen Wiese in den 70er- und 80er-Jahen auf Seiten des Einzelhandels eine ernst zu nehmende Konkurrenz. Das Konzept verlor für den Endverbraucher einen Teil seines Charmes. In dieser Phase entschieden Metro-Gründer Otto Beisheim und sein Statthalter Erwin Conradi Mitte der 1980er-Jahre, den Konzern auf ein breiteres Fundament zu stellen und in den Einzelhandel zu expandieren. Zu den ersten Übernahmen gehörte die Kölner Kaufhof AG. Es folgte eine großen Zahl von SB-Warenausbetreibern, darunter die Asko-Gruppe, die in der Tochter Real zusammengefasst sind.

Das Cash & Carry-Geschäft profiliert sich heute dagegen vor allem in Osteuropa und in den Emerging Markets, wo Großhandelsstrukturen fehlen. Hier übernimmt Metro Cash & Carry regelrecht Pionieraufgaben und gilt im Konzern als Speerspitze der Auslandsexpansion. Das erklärt auch die hohen Wachstumsraten dieses Vertriebstyps in diesen Ländern, während sich das Geschäft in den saturierten Märkten des Westens immer schwerer tut.

Mit dem Konzept „Committed to Excellence“, das neben Siegen demnächst in Neu- Ulm und Augsburg getestet werden soll, richtet sich Metro Cash & Carry Deutschland nun konsequenter auf die Zielgruppe des Profikunden aus der Gastronomie aus und bietet mehr Lebensmittel und Frischeprodukte. Bei Convenience-Produkten wurde auf die Erfahrung des Konzerns in Frankreich zurückgegriffen. Für Kunden aus dem gehobenen Gastronomie-Bereich wird ein Lieferservice angeboten. Das wäre dann eine gewisse Abkehr von den Wurzeln von Metro Cash & Carry, dem reinen Selbstbedienungsprinzip im Großhandel, mit dem alles begann. Langjährige Wettbewerber wie die Kölner Handelshof-Gruppe zeigen aber, dass das Cash & Carry-Konzept auch hierzulande noch erfolgreich funktionieren kann.

gi24/HIR, Nr. 44

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