MIPIM-Potpourri – Die Infrastruktur crasht, “die Mafia könnte noch lernen”, Osteuropa zwischen Boom, Bubble und Traumwelten

Von Werner Rohmert, Herausgeber "Der Immobilienbrief"

Wie immer hat die Sonnwendfeier der Branche Spaß gemacht. Manche Aussteller monierten im Background allerdings mafiöse Strukturen des Veranstalters, der überall kassiere.

Alle Äußerlichkeiten der internationalen Gewerbeimmobilienmesse in Cannes lassen wieder Rekorde erwarten. Über 28 000 Besucher aus 85 Ländern säumten die Croisette. Die Ausstellungsfläche stieg um 2 000 qm auf 26 815 qm. 719 deutsche Firmen waren unter den Ausstellern anzutreffen. Ein Plus von 22%.

Die Infrastruktur in Cannes war erwartungsgemäß den MIPIM-Anforderungen genauso wenig gewachsen wie in den Vorjahren. Glück hatte derjenige, bei dem es nur der Fahrer war, der nach 2,5 Stunden vergeblicher Parkplatzsuche wieder nach Hause fuhr. Nach 10 Uhr war Cannes dicht. Wer es am Flughafen versäumte einzuchecken, hatte am ersten Tag die Gelegenheit, bei entsprechender Organisation die dreistündige Zeit in der Schlange mit qualifizierten Terminen zu verbringen. Die Idee, sich an die Registrierung zu stellen, und alle Zielpersonen abzutelefonieren und dann in der entsprechenden Schlange abzufangen, dürfte sicherlich Schule machen. Anders als sonst verbrachten wir keine Zeit mit Cafe oder Rotwein an der Croisette. Da saßen schon andere.

Je weiter es nach Osten geht, desto mehr stellt sich jedoch die Frage nach Boom, Bubble oder Traumwelt. In riesigen Zelten wurde der Neubau ganzer Metropolen des Ostens vorgestellt. Die Immobilienwirtschaft scheint sich wie so oft von der Frage nach monetär adäquat unterlegter Nutzernachfrage gelöst zu haben. Auch in den „Metropolen“ der Wüstenstaaten, die um die Zukunft als Finanzzentren oder Tourismus-Regionen miteinander wetteifern, explodieren die Immobilienpreise lediglich auf der Basis von „Leergeschäften“. Die Frage, wieviel Gäste sich 1 000-Dollar Übernachtungen oder Millionen-Appartments leisten können, und ob ausgerechnet der Jetset Dubai oder Abu Dhabi zum neuen Millionärs-Mekka kürt, scheint aus realistischer Sicht noch nicht beantwortet.

Fazit: Jedes Jahr überlegen wir neu, ob wir uns das antun sollen. Noch haben wir keine MIPIM ausgelassen. Zum erstenmal überhaupt führten wir dieses Jahr Gespräche zu unserem Beratungsgeschäft – also über Geld. Bislang sahen wir uns immer in der Opferrolle des MIPIM-Terminaktivismus. Verschont blieben wir allerdings auch diesmal nicht. Bei der ORCO AG erlebten wir ein Abladegespräch der seltenen Art, das sogar unsere erfrischenden Einwürfe wie „Sie sind sicherlich noch neu in der Branche“ völlig unbeschadet überstand. Trotz solcher schmerzlichen Stunden hat auch diese MIPIM wieder Spaß gemacht. Allerdings profitieren wir als Journalisten von einem guten Service der Reed Midem. Deshalb kommen wir nächstes Jahr auch wieder. Und dort sehen wir dann auch wieder Lutz Aengevelt, der sicherlich mit Berechtigung wieder ein wenig grantelt.

 

Quelle: Der Immobilienbrief, Nr. 162, 20.03.2008