Mit der Stadtgalerie Heilbronn verschafft sich ING Real Estate in Deutschland ein gutes Entrée

Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“

Im Bereich Development von Einzelhandelsimmobilien hat die weltweit operierende ING Real Estate die Messlatte recht hoch gelegt: Im Fokus der Investment-, Finanzierungs- und Entwicklungsgesellschaft stehen großräumige städtebauliche Revitalisierungsprojekte.

Mit dieser Verschiebung in der Unternehmenspolitik konzentriert sich ING Real Estate auf langfristige Projekte, die beträchtliche Ressourcen binden – und die nicht für jeden Investor oder Projektentwickler attraktiv sind. „Doch für eine Organisation wie die unsere ist die Chance, an Projekten zur Regeneration ganzer Stadtquartiere mitzuwirken und damit für die lokale Wirtschaft ein neues Rückgrat zu schaffen, extrem aufregend“, umriss beispielsweise Menno Maas, CEO Development of ING Real Estate auf der Mapic die Philosophie des Unternehmens, das zur ING Gruppe gehört, einem globalen Versicherungs- und Bankunternehmen mit niederländischen Wurzeln.

Für ING Real Estate ist das der Eintritt in die „fünfte Dimension“, in die „Kunst der Stadtentwicklung“. Dabei orientiert sich das Unternehmen an der Entwicklung in Großbritannien. Hier wurden im Zuge des industriellen Wandels seit den 1980er-Jahren nicht mehr genutzte alte Wasserfronten und Industriegebiete revitalisiert. Gerade die Erfahrungen aus Großbritannien bieten laut ING wichtige Informationen für die Revitalisierung von Industriebrachen und vor allem für deren Reintegration in die Umgebung. Die damit verbundenen Anforderungen an die Kommunikation mit den vielen betroffenen Eigentümern, der Verwaltung, den Investoren und den Bürgern einer Region, die Komplexität dieser Aufgabe und die langjährige Zusammenarbeit mit den Kommunen, schätzt ING Real Estate gerade als „aufregende“ Herausforderung.

Der neue Ansatz im Bereich Development wirft ein interessantes Schlaglicht auf die gesamte ING Real Estate, die mit einem verwalteten Portfolio von insgesamt 107,2 Mrd. Euro und 50 Büros in 21 Ländern Europas, den USA, Asien und Australien zu den größten Immobilienunternehmen der Welt gehört. Und sie sieht sich als einer der größten Investoren im Segment Einzelhandelsimmobilien, die 24% des Portfolios ausmachen. ING managt 200 Einkaufszentren. Auf Büros entfallen 20%, auf Logistik 15, auf Wohnimmobilien 8% und Sonstige 33%. Zur Strategie gehört auch die Investition in Infrastrukturprojekte.

Der „Einzelhandel bleibt die Top-Asset-Klasse“, stellte ING in seinem „European Retail Views“ klar. Das Konsumentenvertrauen in den meisten europäischen Ländern sei positiv und die Aussichten auf starke Returns in den Länder besonders hoch, in denen die Haushalte sich nur wenig verschulden und wo der Bedarf an Einzelhandelsflächen noch nicht gedeckt ist. 2008 dürften nach ING-Einschätzung demnach Shopping Center in Zentral- und Osteuropa die besten Returns erbringen.

Deutschland gehört – neben den Niederlanden und Italien – zu den Ländern, in denen ING bei den Mieten eine gute Performance erwartet. Im Bereich Development hat sich ING hierzulande bereits beim Hamburger „Überseequartier“, dem neuen Herzen der Hafen City mit Wohnungen, Büros und Einzelhandels- sowie Freizeitflächen engagiert. Außerdem an den „Gateway Gardens“ am Frankfurter Airport, einer neuen Stadtentwicklung mit Büros, Hotels, Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen.

 

Der zweite Bereich, die ING Real Estate Investment Management Germany GmbH (ING REIM Germany) ist seit 2002 in Deutschland präsent. Zunächst mit Schwerpunkt Logistik. 2006 kam der heutige Geschäftsführer Buddy J.L. Roes nach Frankfurt und startete mit sechs Mitarbeitern. Die Sparte wurde auf 31 Personen und die Bereiche Einzelhandel und Büros ausgebaut. Erstes Projekt im Bereich Handel ist die Stadtgalerie Heilbronn mit 75 Fachgeschäften und 13 000 qm Fläche, die in Kooperation mit der Hamburger ECE entsteht, wobei die Hamburger für Projektentwicklung, Generalplanung, Vermietung und Management verantwortlich sind. ING Insurance fungiert als Investor, ING REIM als Asset Manager. Sie verwaltet hierzulande 28 Objekte mit einem Investitionsvolumen von1,2 Mrd. Euro. Über den German-Austrian Retail Fund (GARF) will Geschäftsführer Roes in den nächsten 2 bis 3 Jahren 750 Mio. Euro in deutsche Shopping Center und Fachmarktzentren investieren, 250 Mio. Euro in österreichische – bis zu 50% davon sollen in Neuentwicklungen fließen. Insgesamt sind 7 bis 8 Zentren geplant und eine Rendite von 8 – 10%.

Deutsches Projekt Nummer 1, die Heilbronner Stadtgalerie, wurde vor ihrer Eröffnung am 5. März schon mit vielen Vorschuss-Lorbeeren bedacht. „Wir halten es für ein großartiges Projekt mit Innenstadtlage direkt an der Fußgängerzone und mit sehr guter Verkehrsanbindung“, sagt Roes und verweist darauf, dass die Fläche zu 100% langfristig u.a. an Magnetmieter wie Esprit, Thalia, Deichmann sowie H & M vermietet ist.

Die Zusammenarbeit mit der ECE betrachtet er als angenehm und professionell und hofft auf viele weitere gemeinsame Projekte. Auch Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach knüpft an die Stadtgalerie, die an die Fußgängerzone Fleiner Straße, angebunden ist, zwischen Deutschhof und Götzenturm große Erwartungen. Sie soll zusammen mit dem neuen Kaufhaus-Komplex Klosterhof von der ITG eine neue Einzelhandelsachse mit positiver Ausstrahlung auf den übrigen Innenstadthandel bilden und verlorene Kaufkraft aus der Region zurückholen. Auch die Düsseldorfer Comfort schätzt in ihrem „Marktbericht Jahrbuch 2007/08“, dass damit ein neuer Magnet in der City entsteht, „der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die klassischen 1A-Lage auswirken wird“. Die Vergrößerung der innerstädtischen Einzelhandelsfläche um die neuen Großprojekte dürften Heilbronn laut Comfort helfen, sich stärker gegen die Sogwirkung Stuttgarts zu behaupten, da nun Raum vorhanden sei, um die fehlenden Marken und Handelsketten anzusiedeln, die Heilbronn als Einzelhandelsstandort brauche. Das deckt sich mit Roes Zielen, der erwartet, „dass unser Engagement den Branchen- und Mietermix in Heilbronn ergänzen und die Innenstadt noch interessanter gestalten wird“.

Quelle: Handelsimmobilien Report, Nr. 16, 29.02.2008