Von Ruth Vierbuchen
„Ambituous people“, ambituos ideas“, ambituous timings“. So steht es in großen Lettern zu lesen auf dem Poster im Fenster der Hypo Real Etate in Münchens Innenstadt, am alten Gebäude in der Ludwigstraße/Ecke Oskar-von-der-Tann-Straße. Der gestrauchelte Immobilien-Finanzierer könnte kaum anschaulicher verdeutlichen, welche Strategie das Unternehmen in diese fatale Schieflage gebracht hat und die US-Finanzmarkt-Krise auch in Deutschland hat Realität werden lassen: Überzogener Ehrgeiz allein ist noch keine gute Strategie.
Die Krise und ihre unabsehbaren Folgen waren denn auch das zentrale Thema während der 11. EXPO REAL in München – auch wenn sie bei den vielfältigen Veranstaltungen gar nicht das Gewicht fand, das ihr derzeit zukommt. Doch die Ereignisse vom Wochenende des 4./5.Oktobers, als das Paket zur Rettung der Hypo Real Estate mit höheren Bürgschaften kurzfristig neu geschnürt werden musste, kamen zu plötzlich und zu heftig, als dass die Messe und ihre Teilnehmer noch darauf reagieren konnten.
Die Dominosteine waren am Wochenende so schnell gefallen, dass die schon länger vorbereiteten Pressemitteilungen und Pressekonferenzen vor dem Hintergrund der Ereignisse recht harmlos wirkten. Doch auf den Ständen und in den Gängen der Messe, die zuletzt ihre Fläche noch einmal um 17% auf 74 000 qm in 7 Hallen ausweiten konnte, wurde dafür um so heftiger über den Crash in Deutschland und Europa und die Folgen für die Immobilien-Branche diskutiert. Offizielle Statements, wie es nun grundsätzlich weiter geht, hat aber niemand abgegeben. Ob es in Deutschland so schlimm kommen könnte, wie in Großbritannien, darüber könne man sich streiten, stellt etwa Michael Englisch, Director of Property Business Development Europe bei Henderson Global Investors fest. Und Hubertus Kobe, Geschäftsführer DTZ Retail Services in Berlin, schätzt, dass 40% der Investoren, die während der Boomphase in Deutschland zu überhöhten Preisen gekauft haben, zu den Verlierern der Krise gehören werden. Schon im Vorfeld der Messe hatte das Immobilienunternehmen Aengevelt prognostiziert, dass das zweite Halbjahr 2008 von Notverkäufen geprägt sein werde, weil es Refinanzierungsprobleme geben werde.
Durch die Krise der Banken und der damit verbundenen Kreditklemme könnte sich der Trend nun noch verschärfen. Doch wie sich der Markt nun weiter entwickeln wird, und ob die Expo Real auch im kommenden Jahr wieder mit mehr Fläche aufwarten muss, oder mit weniger auskommt, davor steht aktuell ein großes Fragezeichen.
„Was auffällt ist“,
so fasst Buddy L. Roes, Geschäftsführer von ING Real Estate Investment Management Germany GmbH zusammen, dass die Realität der Krise inzwischen bei allen angekommen sei. Der Immobilienmarkt sei keine Insel mehr, er gehöre zum gesamten Wirtschaftsgeschehen dazu und jeder beschäftige sich mit der Frage: Wo geht es hin?
„Alle realisieren, dass der komplette Finanzierungsmarkt für Neugeschäft nicht mehr da ist – bis auf weiteres“,
so Roes.
Es sind bisher nur Versatzstücke, die sich von der Expo Real so kurz nach dem Crash darstellen lassen. Dazu gehört für einige auch die Frage, wie arrogant Hypo Real Estate sein müsse, um in der jetzigen Situation mit einem so aufwendigen Stand präsent zu sein? Und auch der IKB-Stand sorgte für Unwillen und warf bei vielen die Frage auf, wie viele der servierten Häppchen der Steuerzahler finanziert habe. Es verwunderte auch nicht, dass der Nordamerika-Stand recht verwaist wirkte. Zudem registrierten Messe-Aussteller größere Nervosität bei den anwesenden US-Investoren.
Andererseits verzeichnen Unternehmen wie die Hamburger Edeka-Gruppe, die bei Bauträgern, Projektentwicklern und Kommunen für ihre Zuverlässigkeit bekannt ist, nicht aber dafür, dass sie in der Vergangenheit bereit war, die höchsten Mieten zu zahlen, hohen Zulauf auf ihrem Stand. Das Unternehmen hat angekündigt, dass es sein Filialnetz noch deutlich ausbauen will.
Beim Immobilienunternehmen Lührmann sieht man aktuell große Stabilität bei der Anlage in einzelhandelsgenutzte Immobilien in 1A-Lagen.
„In vielen interessanten Gesprächen“,
so teilt Carsten Pangert, Geschäftsführer Lührmann Portfoliomanagement mit,
„wurde erneut deutlich, Einzelhandelsimmobilien in 1A-Lage sind eine eigene Asset-Klasse und gehören mehr denn je in ein renditeorientiertes Immobilienportfolio“.
Den Trend, dass innerstädtische Geschäftshäuser in Top-Lagen der Krise bisher trotzen konnten, hatte zuvor auch das Essener Immobilienunternehmen Brockhoff & Partner festgestellt. In dieses Bild passt auch das außerordentlich große Interesse, das die Diskussionsrunde „Neue Konzepte im Einzelhandel“ auf sich zog. Das Forum war voll besetzt.
Die Pläne ertragsstarker Handelskonzerne dürften für Vertrauen sorgen. Auch die Hamburger ECE und ihr Chef Alexander Otto setzen darauf, die laufenden Projekte weiter zu führen und den weniger risikoreichen erst einmal Vorrang zu geben. Auch andere Shopping-Center Spezialisten wie Multi Development, mfi oder Sonae Sierra präsentieren ihre neuen Objekte. Das wichtigste sei, so fasste Otto zusammen, dass das Vertrauen wieder in den Markt zurückkehre.
Quelle: HIR, Nr. 32
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