Von Ruth Vierbuchen. Etwa die Hälfte des Fachhandelsumsatzes für Damen-, Herren- und Kinderoberbekleidung wird in den 50 größten deutschen Städten erzielt. Das ist das Ergebnis der Studie „GfK POS-Umsatz Textil 2009“ von GfK GeoMarketing. Dabei zeigt die Studie, dass die erzielten Umsätze hier deutlich über die vor Ort vorhandene Kaufkraft für Bekleidung hinausgehen. Für Olaf Petersen, Einzelhandelsexperte der GfK Geomarketing belegt der Trend die Attraktivität von innerstädtischen Standorten für den Textileinzelhandel. Zum Hintergrund: Der „GfK POS-Umsatz“ spiegelt die regionale Verteilung der Fachhandelsumsätze im Segment Bekleidung am Verkaufsort (Point of Sale) wider und wird von GfK GeoMarketing alle 2 Jahre neu berechnet. Erwartungsgemäß erzielen dabei bevölkerungsreiche Regionen einen hohen Textilumsatz. Zugleich zeigt die Studie aber auch, dass einige Städte dieses Muster durchbrechen und Konsumenten aus dem weiten Umkreis anlocken. Im Bundesländer-Vergleich kommt der Stadtstaat Berlin mit rund 3,4 Mio. Einwohnern beim Ranking nach der Bevölkerungsanzahl auf Platz 8 der Bundesländer, nach Textilumsatzsumme aber bereits auf Rang 6 und hat einen Anteil von 5,8% am deutschen Gesamttextilumsatz.
Auf die 3 einwohnerstärksten Bundesländer Nordrhein- Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg entfallen mit rd. 24%, 17% bzw. 13% auch die größten Anteile am Textilhandels-Umsatz. Auch im Städtevergleich geht die Rechnung „Viele Einwohner gleich viel Textilumsatz“ oft, aber nicht immer, auf: Vielerorts erzielen einwohnerschwächere Standorte höhere Umsätze als einwohnermäßig überlegene Metropolen. So liegt etwa Mannheim mit knapp 310 000 Einwohnern in der Textil-Umsatzbilanz vor Städten wie Essen, Leipzig und Dresden, die alle mehr als 500 000 Einwohner zählen (siehe Tab.). Der Grund: Metropolen sind unterschiedlich attraktiv und üben damit eine unterschiedlich hohe Sogwirkung auf die Kaufkraft des Umlands aus. „Diese Zentralität in punkto Mode“ ist für Petersen ein weiterer wichtiger Schlüssel, um Textilhandels- Standorte zu bewerten. Aber auch Standort-spezifische Kriterien entschieden mit, meint der Experte. Im sehr dicht besetzten Textilhandel sei es überlebenswichtig, das „aktuelle Gesamtpotenzial, also die derzeitigen absoluten Umsätze eines Standorts“, zu kennen. D.h. realistisch einzuschätzen, wie viel ein Standort hergibt.
Laut Gfk Geomarketing bestätigen die Ergebnisse aber auch die Bedeutung, die der Bekleidungs-Fachhandel als Schrittmacher für die Innenstädte hat. Allerdings kann die Branche auch nicht auf einer Insel leben. Der Textileinzelhandel profitiert natürlich von einer breiten Sortimentsvielfalt in seinem Umfeld. Die Vorliebe der Konsumenten, zum Einkaufen in größere Städte zu fahren, wird auch dadurch belegt, dass einige Orte mit einer weit überdurchschnittlichen Kaufkraft – wie etwa der Landkreis Starnberg in Bayern – als Wohnort geschätzt wird, selbst nicht davon profitieren kann. Gemessen am örtlichen Textilumsatz gehört Starnberg zu den 20 Kreisen mit den niedrigsten Textilerlösen. Die wohlhabenden Starnberger würden ihr Geld für Bekleidung eher selten am Wohnort ausgeben, so Petersen. Diese Klientel verreise fürs Shopping eher ins nahe München oder sogar ins Ausland. Welche Bedeutung Shopping-Center für das Mode-Geschäft haben können, zeigt das Beispiel CentrO Oberhausen.
Der Stadtkreis gehört vom Textilumsatz her zu den Top 20, obwohl er als einziger unterhalb der 250 000-Einwohner-Marke liegt. Das CentrO katapultiere die Gesamtumsätze des Stadtkreises mit Bekleidung in die deutsche Top-Liga, so Petersen, und verschafft dem Standort eine sehr hohe Zentralität, d.h. Anziehungskraft des Einzelhandels. Dem müssten aber auch die Nachteile wie strukturelle Auswirkungen auf die Innenstädte gegenüber gestellt werden. (gi24/HIR, Nr. 53)
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