NRW LEG an Whitehall verkauft – Die Fachleute rechnen – Machen die Goldman(ner) doch ein Schnäppchen?

Von Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“

Bereits in der letzten Ausgabe des DIB´s (Nr. 168) wurde kurz über den Verkauf der LEG NRW berichtet. Nun beleuchten wir für Sie den Verkauf von einer anderen Seite. Wir sahen den Deal aus Käufersicht eher kritisch. Aber Gegenrechnungen und Überlegungen lassen auch andere Ergebnisse zu.

Doch zunächst noch einmal die wichtigsten Informationen:

Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) mit rund 93.000 Wohnungen und 930 Mitarbeitern für 787,1 Mio. Euro an Whitehall Real Estate Funds, die zu Goldman Sachs gehören, veräußert. Der Kaufpreis entspricht einem Unternehmenswert von etwa 3,4 Mrd. Euro. Rd. 2,6 Mrd. Euro sind demnach rechnerisch die Schulden der Gesellschaft. Ein absolut konsistentes Zahlenwerk war allerdings nicht zu beschaffen. Abzüglich verschiedener Auszahlungen fließen dem Land 473,6 Mio. Euro zu.

Die Fachleute rechnen, wer wohl das „Schnäppchen“ gemacht hat. Strategisch war die LEG die letzte Möglichkeit, mit einem Portfolio eine kritische Masse zu erreichen. Die FTD hat sich die 2006er Bilanzzahlen angeschaut. Wir haben weitergerechnet. Zunächst fragten wir vor 2 Wochen: Warum bezahlt jemand für 16,8 Mio. Euro Jahresüberschuss per 2006 rd. 787,1 Mio. Euro – und das bei einem hohen Hebel von über 2,6 Mrd. Euro Schulden und harter Sozialcharta? Ein Zins-Funkenschlag von weniger als 0,01% steckt den ganzen Laden an. Der Gewinn kann nicht der Kaufgrund sein. Mit einer z. Z. noch anvisierten ruhigen Fortführung des Geschäftes kann es nicht weitergehen. An Mieten und Kosten muss gedreht werden. Sicherlich werden so Mieter, Beschäftigte, Land oder aber auch der Investor zum Thema Sozialcharta neue Erfahrungen sammeln.

Immobilienwirtschaftliche Parallelrechnungen zeigen allerdings auf, dass Whitehall/Goldman Sachs doch ein Schnäppchen gemacht haben könnten. Dann fragt sich allerdings, was die LEG die letzten 10 Jahre im Immobilienmanagement gemacht hat. Bezogen auf die Miete von ca. 406 Mio. Euro per 2006 lag der Einkaufsfaktor wahrscheinlich noch ohne Grunderwerbssteuer als Share Deal lediglich bei „8,7“. Auf „www.immobiliendiskussion.de“ wird vorgerechnet, dass der Kaufpreis bei geschätzten 63 qm pro Wohnung rund 580 Euro pro qm beträgt. Dafür gibt es schon lange keine anständigen Immobilien mehr. Mit kleineren Paketen wäre wohl mehr erzielbar gewesen. So günstig hatte zuletzt Ceberus die GSW übernommen. Die börsennotierte Gafah mit NRW-Besitz hat ihre Wohnungen mit 845 Euro pro qm bewertet. Kein Wunder, dass sich einzelne Fortress Fonds von den Gagfah Aktien trennen (siehe Editorial DIB Nr. 168). Aber viele andere Immo AG’s sind genauso hoch bewertet. Das müsste eigentlich die Wirtschaftsprüfer auf den Plan rufen.

Joachim Dunekamp MRICS, hat kurz zusammengestellt, wie der Investor weiter vorgehen wird. Vor dem Hintergrund der unzureichenden „Ist-Ergebnisse“ aktuellen LEG-Immobilienmanagements bleibt keine andere Wahl, als die Verwaltung zu verschlanken und zu modernisieren. Personalabbau ist unvermeidliche Konsequenz. Darüber hinaus müssen ungenutze Mietpotenziale gehoben werden. Neben Mieterhöhungen im gesetzlichen Rahmen werden Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, die zu einer zulässigen Mieterhöhung führen. Durch Mieterprivatisierung bzw. Verkauf an die Mieter zu mietähnlichen Konditionen ergeben sich bei 5% Zinsannahme für Dunekamp ca. 950 Euro pro qm. Kleinere Pakete ließen sich bis zur 14-fachen Jahresmiete herauslösen und verkaufen. Quartiermarketing und -controlling wird das Wohnumfeld weiter aufwerten. Restanten kommen in einen Fonds und die Fondsanteile werden als „6%-ter“ platziert. Allerdings dauert das mindestens 10 Jahre, so dass im Ergebnis der regionale Markt wenig belastet wird. Mieter können trotzdem profitieren, da sie i.d.R. nicht „rausgeekelt" werden, sondern ein wichtiges "Asset" des Unternehmens sind, das in ein professionelles Marketingkonzept eingebunden wird.

„Der Immobilienbrief“-Fazit: Offen ist für uns die Frage nach der faktischen Belastbarkeit der Mieter, die vor dem Hintergrund der Energiepreisexplosion im Moment oft ihre Grenzen schon erreicht hat. Allerdings ist klar, dass aktuell Wohnungen wieder knapper werden. Eine realistische schnelle Möglichkeit, das Eigenkapital herauszuziehen, ist der Verkauf von Teilportfolios. Der Einzelverkauf ist vor dem Preishintergrund bei anziehendem privaten Investmentmarkt für Wohnungskapitalanlagen und günstigen Zinsen sicherlich möglich, jedoch werden oft die Kosten des „Aufhübschens“ der Gesamtanlage bei Teilverkäufen unterschätzt. Die Fondslösung/Verbiefung für die Restanten ist sicherlich attraktiv. Also vielleicht doch ein Schnäppchen!

Quelle: DIB, Nr. 169, 27.06.2008