Ohne Emotionen geht es bei Shopping-Centern nicht

Von Klaus Striebich, Geschäftsführer Vermietung ECE Projektmanagement, Vorstand GCSC

„Wenn Du Deine (Shopping-Center-)Immobilien liebst, bist Du hier falsch!“. Nach so vielen Jahren in der Branche – und immer mit dem Herzen dabei – hatte mich diese Aussage in Zeiten von Private-Equity und Financial Engineering durchaus überrascht. Ist das Produkt Shopping-Center denn wirklich so nüchtern und über Excel-sheets abzuhandeln?

Lässt sich ein Shopping-Center handeln – nach dem alten Prinzip : einkaufen – manipulieren – verkaufen, wie jedes andere triviale Gut auch? Sind „NOI“ und „IRR“ die wichtigeren Kennziffern, oder verhelfen „Umsatzproduktivität €/qm“ und „Steigerungsraten in %“ zu einem wirklich nachhaltigen Erfolg dieses Produktes? „Emotionen“ einerseits und Shopping-Center-/Immobilien andererseits scheinen zunächst im Widerspruch zu stehen. Doch der Schein trügt. Keine andere Immobilienform verursacht solch emotionale Wellen, wie die der Shopping-Center.

Bereits in der Entwicklungsphase – während der ersten Diskussion in Städten und mit öffentlichen Trägern – wird unmittelbar nach dem Austausch von wenigen Daten und Fakten sofort und umfangreich „emotional diskutiert“. Wie tiefgründig das geschieht, hängt vom Nutzen für die Beteiligten oder dem Eigennutz Einzelner ab. Und sind sich am Ende alle einig – so was gibt es tatsächlich -, ist die Freude darüber umso größer.

Einen wesentlichen Beitrag im Rahmen dieser Diskussion leistet die Gestaltung des Objektes: Dimensionierung, Zuschnitt, Einbindung in die Nachbarschaft, Funktionalität, Farbgebung, Materialauswahl etc. Man stelle sich eine Abwägung von Architektur nach sachlichen, gar messbaren Kriterien vor. Unvorstellbar!

Es folgt die Vermarktungsphase – Nutzer und Mieter müssen gewonnen werden. Warum gerade an diesem Standort anmieten? Was ist die Einzigartigkeit, das Besondere an diesem Standort? Standortangebote gibt es grundsätzlich zuhauf – man kann das durchaus mit der Frage vergleichen, ob man nach einem gekauften Konfirmations- und Hochzeitsanzug auch noch einen weiteren benötigt? Dieses Mal aber für einen anderen Zweck und in aktuellem Schnitt, Größe, Farbe oder Stoff.

Insbesondere in saturierten Märkten lassen sich Anmietentscheidungen kaum noch auf Daten berufen. Ausschließlich die vermittelte Vision des neuen Standortkonzeptes, die in Zukunft erzielbaren Mehrumsätze, die tolle neue Darstellung des neuesten – auf die aktuellsten Kundenbedürfnisse ausgerichteten – Ladentyps und die Chance, den eigenen Marktanteil am demnächst vielleicht besseren Standort zu verbessern, führt zu Entscheidungen, deren „Bauchanteil“ sehr hoch sein mag.

Am Tag der Eröffnung dann die vielen leuchtenden Augen der Kunden, die in Vorfreude auf viel Neues und Interessantes das Center besuchen – und am Ende des Tages die leuchtenden Augen der Ladeninhaber ob der gefüllten Kassen.

Der laufende Betrieb, das Management von Shopping-Centern, hat eine Fülle von Aufgaben entwickelt, die nicht nur zu Beginn des Lebenszyklus der Immobilie eine gute Platzierung zulässt – und damit einen hohen Preis rechtfertigt -, sondern aktiv mit vielen Marketingaktivitäten, Serviceeinrichtungen und Facility-Management-Aufgaben das Produkt regelrecht fortentwickelt. Dieses wiederum führt zu einer verbesserten Vermarktung des Objektes zu späteren Zeitpunkten, und damit wieder zu verbesserten Preisen –was heute gemeinhin unter „value-driving“ verstanden wird.

Ein solcher Optimierungsprozess, der davon ausgeht, sich mit den 3 besten Themen (um diese besser zu machen) und den 3 schlechtesten Themen (um diese schlicht gut zu machen) zu beschäftigen, wird nie zu Ende gehen. Denn am Ende der durchgeführten Optimierung gibt es ja wieder 3 beste und 3 schlechte Themen. Genau genommen sind gerade „Emotionen“ im Geschäft der Shopping-Center die echten „value-driver“ – auch wenn sich diese nicht in den Zellen der „spread-sheets“ einzelner Controller oder Investment-Banker darstellen lassen. Ich werde weiterhin Emotionen in meine Arbeit stecken und unsere Shopping-Center „lieb haben“, auch wenn es der eine oder andere Kollege nicht so recht verstehen kann . . .  Der GCSC e.V. (German Council of Shopping-Centers e.V.) hat seinen diesjährigen Kongress also nicht ohne Grund unter das Motto „Emotion“ gestellt.

Quelle: HIR, Nr. 30, 12.09.2008

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