Recht: Vorsicht beim Schriftformerfordernis langfristiger Gewerbemietverträge

Die Klägerin des Verfahrens vermietete mit schriftlichem Mietvertrag vom 16.12.1993 ein auf näher bezeichnetem Grundstück noch zu errichtendes Hotel für 15 Jahre, beginnend am Tag der Übergabe. Nach Fertigstellung des Hotelgebäudes vollzogen die Parteien am 10.01.1995 die Übergabe des Objekts und legten gemäß eines Bestätigungsschreibens der Beklagten den Mietbeginn in Abweichung von § 2 Nr. 1 des Mietvertrags einverständlich auf den 02.01.1995 fest. Mit Schreiben vom 23.03.2006 kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 30.09.2006. Die Klägerin vertrat die Ansicht, die Kündigung sei wegen formwirksamer Laufzeitvereinbarung unwirksam und hat die Pacht für die Monate Oktober 2006 bis Januar 2007 verlangt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte Erfolg.

Zu den Rechtsausführungen des OLG Brandenburg (Entscheidung des OLG Brandenburg vom 02.04.2008 – Az.: 3 U 80/07): Eine kündigungsausschließende formwirksame Laufzeitvereinbarung lasse sich nicht feststellen. Die Laufzeitvereinbarung in § 2 des Mietvertrags vom 16.12.1993 ist unwirksam (geworden), denn diese Vereinbarung haben die Parteien 1995 geändert, ohne allerdings das für eine langfristige Bindung geltende Schriftformgebot einzuhalten. Nachträgliche und nicht formwahrend getroffene Änderungsvereinbarungen zu vertragswesentlichen Umständen führen dazu, dass die Schriftform von nun an nicht mehr gewahrt ist. Die Vereinbarung über die geänderte Laufzeit des Mietvertrags verfehle die Schriftform des § 126 BGB, da das Schreiben der Beklagten vom 10.01.1995 diese nur einseitig bestätigt.

Soll ein für die Laufzeit von 15 Jahren zunächst formwirksam abgeschlossenes gewerbliches Mietverhältnis „am Tage der Annahme“ beginnen, also am 10.01.1995, müsste auch der rückwirkende Beginn (02.01.1995) schriftlich erfolgen. Ein einseitiges Bestätigungsschreiben reicht nicht aus.

Das OLG in Brandenburg vertritt des weiteren die Ansicht, dass die Berufung des Vermieters auf einen Rechtsmissbrauch einer Kündigung des 10 Jahre einvernehmlich durchgeführten formwidrigen Langzeitmietvertrags ausgeschlossen sei, wenn er selbst nicht schutzwürdig ist, etwa weil er die Formbedürftigkeit selbst kannte oder nur in Folge grober Fahrlässigkeit verkannt hat.

Da die Formbedürftigkeit langjähriger Mietverträge zum allgemeinen Erfahrungs-schatz eines gewerblichen Vermieters oder Verpächters gehöre, ebenso dass eine mündliche Veränderung einer Laufzeit und der damit verbundenen Vertragsfristen die vorausgesetzte Schriftform des § 126 BGB verfehlt, könne sich die Klägerin, die bei den Vertragsverhandlungen bzw. beim Vertragsabschluss durchweg von einem Rechtsanwalt als Gesellschafter und Geschäftführer vertreten war, nicht auf Rechtsmissbrauch berufen, selbst wenn dem Mieter wegen dessen temporärer wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorübergehend Teile der Pacht gegen Übernahme weiterer Sicherheiten erlassen worden waren.

Fazit: Beim Abschluss langfristiger Mietverträge ist allergrößte Vorsicht geboten.

Ob die Ausführungen des Gerichts zum Rechtsmissbrauch allerdings der rechtlichen Überprüfung standhalten oder ob sie doch etwas zu „harsch“ sind, wird der BGH zu klären haben. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: IVD, 14.07.2008