Stadtreport: Mit ihrem Autobahn-Flair kann die Wolfsburger Porschestraße nur schwer punkten

Von Marion Götza

Der Kern der Autostadt Wolfsburg vermittelt noch immer keinen durchweg erfreulichen Eindruck: Angesichts der überdimensionalen Länge und Breite der Porschestraße, die ursprünglich als Autobahn geplant war, fühlt sich der Besucher verloren und der Einzelhandelsschwerpunkt in der Mitte der Straße bietet schon aus ästhetischen Gründen keine Shoppingatmosphäre mit echter Aufenthaltsqualität. Die Folgen waren in der Vergangenheit Leerstand und ein Mangel an Magnetbetrieben, so dass die zusätzlich durch zahlreiche Pavillons beeinträchtigte Porschestraße kein wirkliches Gegengewicht zu der City-Galerie bilden konnte. Die Auswirkungen des Shopping-Centers können durchaus als Paradebeispiel dafür gelten, welchen Gefahren sich Kommunen bei der Ansiedlung innerstädtischer Zentren aussetzen, wenn die Top-Lage zu schwach ist. Zu dieser Einschätzung gelangt Günter Rudloff, Geschäftsführer der Comfort GmbH.

Ein deutliches Signal für die Fehlentwicklung in der 120 000-Einwohner-Stadt sind nach Beobachtung des Düsseldorfer Beratungsunternehmens die vergleichsweise geringen Mietpreise von nur rund 40 Euro/qm für kleinere Ladenlokale mit Verkaufsflächen zwischen 80 und 120 qm. Diesem Dilemma könnte die Stadt nur entgegenwirken, indem sie die Attraktivität der Porschestraße selbst deutlich steigert. So bemüht sich die Stadt denn auch, die Umsetzung eines Masterplanes voranzutreiben, der die Aufenthaltsqualität verbessern soll.

Sichtbares Ergebnis ist die bereits zum Teil umgesetzte neue Pflasterung. Darüberhinaus ist geplant, neue Bäume zu pflanzen und Glasvordächer vor den Ladenlokalen anzubringen. Auch wurden einige der umstrittenen Pavillons in der Mitte der sehr breiten Straße bereits abgerissen, die zu erheblichen negativen Auswirkungen geführt haben. Denn dadurch wurden viele Ladenfronten verdeckt und die Nischen zwischen Pavillons und Geschäftshäusern boten einen unattraktiven Anblick. Die Folge war laut Comfort, dass das Niveau des dort angesiedelten Einzelhandels abnahm und das Bild zunehmend von 1 €-Shops geprägt wurde.

Seit der Eröffnung des Design Outlet Centers (DOC) Wolfsburg im Dezember 2007 mit Anbindung an die Porschestraße gibt es laut Rudloff jedoch endlich neue attraktive Einzelhandelsflächen. Im DOC sind 50 Läden mit insgesamt 10 000 qm Verkaufsfläche entstanden. Die Stadt hofft, dass das 50 Mio. Euro teure Projekt jährlich ca. 1,2 Mio. Besucher anlockt. Bekannte und namhafte Einzelhändler wie u.a. Nike, Dockers, Diesel, Puma, Gant, Calvin Klein, Lacoste, Cinque oder Strenesse haben sich bereits dort angesiedelt und dürften durchaus Sogwirkung auf Kundschaft von außerhalb haben. Interessant ist daran,

„dass sich erstmalig in Deutschland ein Outlet Center direkt in der Innenstadt angesiedelt hat und die Kaufkraft nicht auf die grüne Wiese abfließen lässt“,

wie Rudloff urteilt.

Das größte Manko für die Entwicklung der Porschestraße bleibt aus Comfort-Sicht die City-Galerie, die das Einzelhandelsgeschehen so eindeutig dominiere, dass die Lage der Porschestraße beinahe als aussichtslos bezeichnet werden müsse. Die wichtigsten Namen aus dem Einzelhandel wurden im Center versammelt, selbst der Elektrofachmarkt Saturn ist von der Porschestraße in die City-Galerie umgezogen. Auch in der eigentlichen 1A-Lage zwischen der Goethestraße/Pestalozziallee und der Kleiststraße/Rathenfelder Straße befinden sich laut Comfort kaum noch Top-Filialisten. Der nördliche Teil müsse als schwach eingestuft werden und der südliche falle nochmals deutlich ab. Hier sei die Porschestraße keine klassische Einkaufsstraße mehr, lautet das Urteil. Die Vermietung der Ladenlokale verlaufe entsprechend schleppend und das Mietenniveau liege z. T. deutlich unter dem vergleichbarer Städte.

Dass auch der Investmentmarkt für Geschäftshäuser zu wünschen übrig lässt, liegt auf der Hand. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Grundstücke über Erbbaurechte geregelt werden. Durch die kurzen Restlaufzeiten von nur noch 40 Jahren würden viele Investoren gleich abwinken, so Comfort. Andererseits eröffne gerade diese Konstellation die Perspektive für zukunftsgerichtete Investments mit Potenzial, die zudem zur positiven Entwicklung der Porschestraße beitragen und das Erscheinungsbild mittelfristig verbessern würden. Potenzial sei durchaus vorhanden, schätzt Rudloff, da Wolfsburg eine überdurchschnittliche Kaufkraftkennziffer habe, die laut BBE bei 121,0 liege. Zum Vergleich: Köln hat laut BBE eine Kennziffer von 110,5.

Zur Aufwertung der Porschestraße tragen auch diverse weitere geplante Maßnahmen oder Projekte bei, die sich in der Realisierungsphase befinden. Das auf dem Gelände der ehemaligen Hertie-Filiale entstehende JobCenter sowie die geplante Markthalle sind Beispiele dafür. Die Einzelhandelsfläche des Wolfsburger Kaufhauses WKS wird erweitert und die Fassade attraktiver gestaltet. Das DOC bereichert die Innenstadt architektonisch und mit einem interessanten Angebot. Mit der Autostadt, dem Phaeno und dem DOC werden auch Besucher aus dem Umland angezogen. Derzeit dürfte die Porschestraße aus Sicht von Comfort aber nur marginal von all den Bemühungen und dem DOC profitieren. Um Besucher aus dem Umland für einen Bummel durch die Fußgängerzone zu bewegen, müsse deren Einzelhandelsangebot deutlich verbessert werden.

„Man darf nicht vergessen“,

so Rudloff,

„dass Wolfsburg im Wettbewerb mit Braunschweig und Hannover steht.“

Diese Städte hätten nicht nur ein sehr breites und interessantes Einzelhandelsangebot in den gewachsenen Lauflagen, sondern auch Einkaufszentren wie die Schloss-Arkaden in Braunschweig und die im Bau befindliche Ernst-August-Galerie in Hannover mit großer Sogwirkung.

„Zudem lädt Braunschweig als nächste Nachbarstadt mit seiner historischen Altstadt auch zum Verweilen ein. An diesem Punkt müssen die Wolfsburger noch arbeiten“,

so Rudloff.

Quelle: HIR, Nr. 29, 29.08.2008

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