US-Gewerbeimmobilienmarkt noch trocken

Von Werner Rohmert. Die vor fast 20 Jahren von Bankern gegründete Falcon Real Estate (FRE) aus New York geht in einer Untersuchung der Frage nach, warum auch in den USA unerwartet wenig Immobilien auf dem Markt sind.

Viele Analysten hatten bereits für 2009 schwerwiegende Probleme für den Gewerbeflächen-Immobilienmarkt erwartet. Konjunkturelle Gründe, der erwartete Zusammenbruch des mit Gewerbeimmobilien-Hypotheken unterlegten CMBS-Marktes (Commercial Mortgage Backed Securities) und erhöhte Bonitätsanforderungen für Anschlussfinanzierungen hätten eigentlich eine Flut von Zwangsvollstreckungen und Fire sales auslösen müssen. Daraus ergeben sich für FRE zwei Fragen: Erstens, warum werden so wenige Immobilen angeboten? Zweitens, wie wahrscheinlich ist es, dass 2010/2011 eine Angebotsflut kommt?

Lt. FRE ist Hauptgrund für die zögerliche Vorgehensweise von Banken bei in Verzug geratenen Hypotheken ist, dass fast alle Banken nach dem Zusammenbruch des Wohnungsmarkts schon ihre Wohnungsengagements „äußerst unangenehm“ wertberichtigen mussten. Deswegen widmeten sich lt. FRE Banken nur zögernd den weniger schwerwiegenden Problemen des gewerblichen Marktes. Banken sind (noch) in vielen Fällen bereit, bei fällig werdenden Darlehen kurzfristige Darlehensverlängerungen einzuräumen. Diese Praxis wird oft als "lend and pretend" (verleihen und wegschauen) bezeichnet. Die Hoffnung, dass sich die Lage des Markts vor dem neuen Fälligkeitsdatum wieder erholen wird, hat zum „Übersehen“ des zwischenzeitlichen Wertverfalls geführt, um so in den Bilanzen keine Wertberichtigungen vornehmen zu müssen. Zum anderen zögerten die Banken auch, da sie ja gar nicht über Ressourcen verfügen, eine Vielzahl gepfändeter Immobilien zu managen. Außerdem schaffen Gerichte und US-Insolvenzrecht Luft. Alternative Refinanzierung ist schon aufgrund der Bedingungen auf dem Hypothekenmarkt nicht möglich. Da oft die betreffende Immobilie mit auskömmlichen Cash Flow voll vermietet ist, sind gütliche Einigungen mit Eigentümern nicht möglich. Bei werthaltigen Immobilien wenden sich viele Darlehensnehmer an die Gerichte, um sich im Rahmen der Insolvenzgesetze Schutz zu verschaffen. Diese Taktik hat lt. FRE zumindest den Vorteil, dass die Fälle von versuchten Immobilienpfändungen von Seiten der Bank einen Aufschub erhalten.

Aber auch die sog. "Special Servicer" von CMBS-Darlehen sind wenig aktiv. CMBS-Hypotheken wurden oft strukturiert. Paradoxerweise führt gerade die krisenauslösende Strukturierung zu einer vorübergehenden Stabilität des Marktes. Immobilienpfändungen sind oft nur schwer umsetzbar. Außerdem haben die Special Servicer anders als Banken oft kein Interesse an schneller Verwertung. Die Anleger eines Pools an Hypotheken, die in verschiedenen Teilen der Welt sitzen, sind indirekte Eigentümer von Hypotheken, die außerdem selbst noch oft in kleinere Teile aufgeteilt wurden. Die Strukturierung führt aber dazu, dass der Special Servicer es unter Umständen mit einer Vielzahl möglicherweise widersprüchlicher Eigentumsverhältnisse zu tun hat, die eine Zwangsvollstreckung erschweren. Special Servicer stehen auch nicht unter Druck der US-Regierung, ihre Bilanzen unbedingt sanieren müssen. Ihnen liegt einzig daran, eine möglichst hohe Wertsteigerung für die Anleger zu verwirklichen. Oft ist es sinnvoller, eine Immobilie nach der Zwangsvollstreckung nicht sofort wieder zu verkaufen, sondern zunächst sie zu behalten bzw. zu restrukturieren. Für Immobilien der „Güteklasse B“ bzw. mit höherem Risiko eingestuften Immobilien gibt es derzeit sowieso keinen liquiden Markt. Oft fließen aber die Mieten, die ein Halten ermöglichen.

Zögerliches Verhalten von Banken, "Special Servicer" von CMBS-Darlehen und Marktoptimismus stützen derzeit den Markt. Sich erholende Börse, hohe Liquidität in der Wirtschaft, Kapitalerhöhungen bei Reit’s, deren Kurse um 60% in 2009 zulegten, und bereit stehendes Auslandskapital sprechen für Immobilienanlagebedarf. Der US-Markt bietet lt. FRE dem internationalem Kapital eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen. Im Vergleich zum Euro und zu anderen wichtigen Währungen ist der US-Dollar nach wie vor schwach. Die Renditen am US-Markt liegen in der Regel höher als in vergleichbaren bedeutenden Immobilienmärkten, vor allem als in Europa. Die Demografie stimmt. Der US-Markt ist nicht so stark von einem Überschuss an Neubauten betroffen wie andere Regionen. Zudem sind die USA juristisch und auch politisch sicher – zumindest sicherer als Schwellenländer mit vergleichbaren Renditen.

Trotzdem drohen dem Markt in USA lt. FRE noch deutliche Unbillen bzw. zunehmender Verkaufsdruck. Auf der Höhe des CMBS-Markts (2005 bis 2007) wurden trotz Kaskadierung – Portfolios mit schwache Bonitäten wurden erneut in gute und schwache Bonitäten aufgeteilt – 85% aller insgesamt entstandenen Papiere mit Bestnote „AAA“ eingestuft. Wahrscheinlichkeitsrechnung macht es möglich. Das dürfte längst Makulatur sein. Es wird immer wahrscheinlicher, dass es auch AAA-Hypotheken in Probleme kommen. Der Hypothekenmarkt bleibt schwierig. Darlehensnehmer und -geber bleiben unter Druck. Die Banken haben inzwischen ihre Bilanzen wieder im Griff und stehen weniger unter Verlängerungsdruck. Gleichzeitig werden die Special Servicer von CMBS-Darlehen allmählich mehr Pfändungsverfahren einleiten. Außerdem werden immer mehr Eigentümer sich mit den Realitäten fehlender Anschlussfinanzierungen und 30% Wertverfall abfinden müssen und ihre Immobilien zum Verkauf stellen. (Gi24/DIB, Nr. 209)

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