USA – Mittelfristig wieder lohnender Risiko-Ertragsausblick für den Büroimmobilienmarkt

Von Dr. Claus Becher, Volkswirt im Immobilien-Research der DekaBank

Die Situation könnte derzeit wahrlich kaum verwirrender sein. Während die Weltwirtschaft immer stärker im Würgegriff von hohen Ölpreisen, Inflation und steigenden Zinsen ist, zeigen sich in den jüngsten Konjunkturzahlen aus den USA noch immer keine tiefen Spuren der Kreditkrise. Damit überrascht ausgerechnet das Ursprungsland der Kreditkrise immer wieder aufs Neue und zeigt, wie robust die Konjunktur auf die Krise und auch auf die hohe Inflation reagiert.

Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal nach vorläufigen Angaben hochgerechnet auf das Gesamtjahr um 1,9% gestiegen. Gleichzeitig hat sich der Ausblick für das zweite Halbjahr nach Ansicht der DekaBank weiter aufgehellt. Darüber hinaus signalisieren die geringer als erwartet auftretenden Beschäftigungsrückgänge und die wieder anziehende Investitionsdynamik die Aussicht einer Trendwende am Arbeitsmarkt, obwohl die Arbeitslosenquote auf 5,7% gestiegen ist. Die Annahme liegt nahe, dass die Unternehmen bereits einen großen Teil der Belastungen hinter sich haben. Weiter sind die bisherigen Aussagen der US-amerikanischen Zentralbank (Fed) trotz der stärkeren Betonung der Inflationsgefahren nicht als Signal für eine bald bevorstehende Leitzinserhöhung zu interpretieren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine Mehrheit der Notenbanker es vorzieht, aufgrund der nach wie vor fragilen Situation an den Wohnimmobilien- und Finanzmärkten mit einer Straffung der Geldpolitik noch einige Monate zu warten.

Damit wird zwar weiterhin mit einer schwachen wirtschaftlichen Dynamik gerechnet. Die bis vor kurzem noch an den Finanzmärkten gespielte tiefe Rezession wird aber immer unwahrscheinlicher. Wenn auch kurzfristig aufgrund der aktuellen Zahlen die erneute Belebung des Wachstums einigermaßen gesichert erscheint, so bereitet mittel- bis langfristig insbesondere die Verschuldungssituation der privaten Haushalte neue Sorgen.

Entwicklung des US-Büromarktes: Kurzfristiges Engagement nicht lohnend

Trotz dieser aufgehellten Perspektive wird immer stärker deutlich, dass das Jahr 2007 in zweierlei Hinsicht einen Wendepunkt gegenüber dem Jahr 2008 markierte. Zum einen werden nach den starken Mietanstiegen der vergangenen Jahre nun über einen längeren Zeitraum zunächst leicht sinkende oder stagnierende und dann auch nur wieder moderat steigende Mieten erwartet. Zweitens sind die Zeiten starker Renditerückgänge vorüber. Zwar sind bisher die erwartet starken Preisreaktionen noch ausgeblieben. Nach Angaben von Real Capital Analytics liegen die Cap Rates (das Pendant zu Anfangsrenditen) im Bereich der Central Business Districts im Juni 2008 nur moderate 35 Basispunkte über dem Novemberwert 2007. Dennoch werden die schwierigere Finanzierung und der schwächere Mietausblick Spuren hinterlassen, so dass mit einem weiteren Aufwärtsdruck auf die Cap Rates zu rechnen ist.

Daher sind die jüngsten Ertragserwartung für das laufende Jahr niedrig und nach den jüngsten Total-Return-Prognosen der DekaBank von 20 US-amerikanischen Büroimmobilienstandorten dürfte ein Investor der zu den hohen Preisen von Ende 2007 eingestiegen ist und Ende 2008 verkaufen würde, kaum positive Gesamterträge in den US-amerikanischen Märkten erwarten. Am stärksten sind Orange County, Miami und Austin betroffen. Stabil zeigen sich nur Los Angeles und Houston. Auch 2009 muss noch mit negativen Erträgen gerechnet werden, die Mietrückgänge verschärfen sich noch einmal und auch die Cap Rates werden in fast allen Märkten weiter leicht ansteigen. Aufgrund der Wertrückgänge und des Mietausblicks erscheint der Einstieg in kurzfristige Engagements nicht lohnend. Für längerfristige Engagements erwarten wir allerdings eine bessere Entwicklung. Die Finanzkrise und die schwächelnde Konjunktur kamen rechtzeitig im Immobilienzyklus, um eine weit reichende Überbauung zu verhindern. Somit wird die sich mittelfristig wieder stabilisierende Nachfrage auf ein nur leicht erhöhtes Angebot treffen. Bei einem längerfristigen Engagement etwa von 2008 bis Ende 2012 sind am US-Büromarkt in attraktiven Standorten Erträge von durchschnittlich 4,5% p.a. zu erzielen. Bereits ab 2010 liegen die Gesamterträge wieder deutlich über 6%. San Francisco und Austin belegen mit über 8% die Spitzenplätze. Orlando, Miami und Philadelphia bilden auch längerfristig die Schlusslichter mit Gesamterträgen von jeweils unter 2%.

Ein Blick auf das Risiko-Rendite-Profil

Neben dem Gesamtertrag muss bei einer Analyse der Bürostandorte noch die Unsicherheit dieses erwartenden Ertrags, also das Investitionsrisiko betrachtet werden. Wir haben deshalb die von uns analysierten Märkte einem einheitlichen Risikoscoring unterzogen und dem erwarteten Ertrag gegenüber gestellt. Die historische Risiko-Ertrags-Matrix in Abbildung 1 zeigt, dass sich für die USA in den vergangenen zehn Jahren riskante und volatile Märkte nicht gelohnt haben. Grund war, dass viele der riskanteren Märkte nicht zuletzt wegen der verheerenden Wirkung der New-Economy-Blase abgestraft wurden. Damit wäre ein konservativerer Kurs günstiger gewesen.

Abbildung 1: Historische Risiko-Ertrags-Matrix USA
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In den Folgejahren wird sich das Bild allerdings ändern. Weil wir nicht mit einer Krise am Büroimmobilienmarkt wie zur Jahrtausendwende rechnen – dafür sind die Fundamentaldaten zu gesund – werden sich ab dem Jahr 2009 in riskanteren Standorten wieder bessere Ertragsperspektiven bieten. Die klassische Relation zwischen steigendem Risiko und steigenden Erträgen lässt sich in Abbildung 2 erkennen. Während im sicheren Segment zwischen 4% und 6% erreicht werden, sind im riskantesten Segment 4,5% bis 8% zu erzielen. Allerdings sind aus dieser Perspektive die Erträge nicht so üppig, sodass riskante Standorte nicht überzugewichten sind.

Abbildung 2: Prognostizierte Risiko-Ertrags-Matrix USA
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Fazit: Bisher deutet sich an, dass die Krise die USA nicht so schlimm erwischt hat, wie zunächst erwartet. Dennoch sind die Ertragsaussichten für das laufende und auch das kommende Jahr eingetrübt und es ist von Preissenkungen auszugehen. Da die Fundamentaldaten allerdings in Ordnung sind, ist nicht mit einem Zusammenbruch des Büroimmobilienmarktes auf breiter Front zu rechnen. Längerfristige Investitionen in riskantere Standorte können sich deswegen stärker lohnen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Dennoch empfiehlt es sich, diese nicht überzugewichten.

Quelle: DIB, Nr. 172, 08.08.2008