Vom Amt zum Palais – Münchener Oberpostdirektion wird Art Deco Palais

Von Tamina Gräfin von Hallwyl, Geschäftsführerin der Monopteros Immobilienverwaltung GmbH

Es hört sich an wie ein Marketing Gag. Die 1924 erbaute ehemalige Oberpostdirektion wird zum „Art Deco Palais“. Dabei spiegelt es nur die Liebe und den Stolz, mit dem vor über 80 Jahren „Behördenbauten“ realisiert wurden wieder. Bahnhöfe, Rathäuser und Postgebäude waren Paläste des Bürgertums. Anders als heute, wo Flächeneffizienz, Mehrzweckeignung und Baukosten die Rolle der Architektur einengen, plante in den frühen 20ern der Münchener Architekt Robert Vorhölzer die Oberpostdirektion im Stil der reduzierten Moderne. Das ist „Art Deco“ pur. Das ist Eleganz der Form in Verbindung mit kostbaren Materialien, starken Farben und Sinnlichkeit in der Thematik. Das ist gleichzeitig heute so modern wie damals. Technik, Bauweise und Klugheit der Gebäudestruktur sorgen ohne Klimaanlage für hervorragendes Raumklima und günstige Nebenkosten. „Post wird zum Palais“, „Ungeschliffener Rohdiamant“, „Ein Postamt putzt sich heraus“ oder „Im früheren Paketamt geht die Post ab“, kommentiert die Presse wohlwollend die aktuelle Restaurierung zu einem modernen Bürogebäude mit besonderem Flair.

Die Umgestaltung zu einer Class A Immobilie erwies sich aufgrund der vorgegebenen Strukturen als erstaunlich einfach. Der Zuschnitt des Gebäudes entspricht modernen Anforderungen, so dass mit wenigen Eingriffen in die Substanz aus einem klassischen Verwaltungsbau modernste Büroflächen entstehen.

Die Vermietung eines solchen Projektes ist für einen Asset Manager eine besondere Aufgabe. Speziell in der Bauphase wird potentiellen Mietern noch eine Menge Phantasie und Vertrauen abverlangt. Die Liste der aktuellen Mietvertragsabschlüsse mit VBank AG, E.ON Energy Projects und Kienbaum Executive Consultants, sowie natürlich die Deutsche Post mit rund 18.000 qm erleichtert inzwischen bei einem Vermietungsstand von jetzt 50% der insgesamt ca. 40.000 qm die Vermietungsarbeit.

Auf der „Habenseite“ verbuchen die Vermieter natürlich die unwiederholbare Lage, die großzügigen Relationen von Büroflächen zu Parkplätzen und Lagerflächen ebenso wie das Ambiente und die Ausstrahlung des Gebäudes. Ganz nach dem Motto „Arbeiten mit Atmosphäre“ werden neben dem Charme eines Altbaus auch erstklassige Flächen mit einzigartigen Dachterrassen und kühlen Innenhöfen geboten.

Natürlich stellt das Gebäude auch Anforderungen an die Abläufe der Mieter. Aber es wird schnell klar, wer passen kann und wer nicht. Wem es gefällt, wird sich schwer tun, in ein Gebäude der AOK-Klasse zu ziehen.

Insbesondere die geringen Nebenkosten sind ein erheblicher Vorteil gegenüber modernen Glaspalästen. Aufgrund der Altbausubstanz kann hier problemlos auf eine Kühlung oder Klimaanlage verzichtet werden. So sorgen beispielsweise Kastenfenster – die Klimaanlage der 20er Jahre – mit Mikroklima für hervorragendes Raumklima. Um einem modernen Bürogebäude aber in nichts nach zu stehen, bietet das Art Deco Palais auch eine separate Kühlung, wenn es der Mieter wünscht.

Trotzdem bleibt die Vermietung des Art Deco Palais natürlich eine Herausforderung, aber eben nur, weil die Argumentation nicht in dem Handbuch „Der kleine Vermieter“ steht. Lediglich die potentielle Zielgruppe ist differenzierter als bei einem mit dem Nutzen einer PET-Flasche entworfenen Büro. Im Art Deco Palais gehört es zum guten Ton, koffeinhaltige Brause noch in kleinen Originalglasflaschen zu trinken.

Sofern der Kunde diesen Unterschied erkannt hat und zu schätzen weiß, ist die Vermietung natürlich das gleiche Geschäft wie im modernen Büroneubau nebenan. Raumbelegungsplanungen für potentielle Mietinteressenten gehören ebenso dazu wie Kostenoptimierungen. Systematische Marktarbeit ist die Basis.

Quelle: DIB, Nr. 167, 30.05.2008