Zurück aufs Land: Immer häufiger werden „Dorfladen“-Konzepte realisiert

(Von Oliver Ohm, Projektleiter im Bereich Standortforschung der BBE Handelsberatung GmbH) – „Raus aufs Land“ – diesem Trend folgen zunehmend auch Nahversorgungskonzepte, denn es liegen enorme Potenziale in den ländlich strukturierten Regionen des Bundesgebiets.

Nach dem Boom der großen Supermarkt- und Discounterketten, die um abgelegene und nur schwach besiedelte Regionen einen großen Bogen machen, ist in eben diesen Gebieten ein wachsender Bedarf bei der klassischen Nahversorgung festzustellen! Bundesweit werden immer häufiger „Dorfladenkonzepte“ realisiert und mit großem Erfolg betrieben.

Der Aufbau und die langfristige Sicherung von Versorgungsstrukturen im ländlichen Raum sind heute wichtiger denn je. Insbesondere mit Blick auf die demografischen Veränderungen und der damit einher gehenden Begrenzung der Mobilität bei der wachsenden Zahl älterer Menschen im ländlichen Raum besteht Handlungsbedarf. Und dabei rücken besonders die Regionen in den Fokus, die auf Grund extremer demografischer Veränderungen zusehends unter Druck geraten und wo die Versorgungsstrukturen schon heute nicht mehr nachhaltig gesichert werden.

Wie können solche Konzepte aussehen? Die Potenziale für diese Räume liegen in einer Kombination aus individuellen Lösungen vor Ort, starker Vernetzung lokaler Akteure, aber getragen und unterstützt von einem leistungsfähigen Systemkonzept. Reine „Einzelkämpfer“ stehen hier in der Regel vor unüberwindlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Die Vernetzung lokaler Akteure, dazu zählen auch Vereine, Kirchen, Gemeindeverwaltungen oder noch vorhandene Einzelhändler vor Ort, spielt dabei eine wichtige Rolle und kann sogar im Sinne einer Initialzündung für bürgerschaftliche Engagements im Vordergrund stehen. So besteht ein wichtiges Ziel darin, die Bürgerinnen und Bürger beim Aufbau der Dorfläden aktiv zu beteiligen. Sie müssen sich einbringen und mit dem Projekt identifizieren können – nur dann wird es später auch angenommen und kann zu einem Erfolg für alle Beteiligten geführt werden.

Projektansätze leben von der individuellen Vielfalt, von einer jeweils standort- und ortsspezifischen Ausrichtung der Angebotskonzepte, die exakt angepasst sind an bestehende Vernetzungen der Akteure vor Ort. Dabei ist eins klar: „Das“ Konzept, das auf alle Regionen übertragbar ist, gibt es nicht. Nur durch die optimale Abstimmung der einzelnen Versorgungseinrichtung, bzw. des „Dorfladens“, auf das ganz individuelle Anforderungsprofil in den Dörfern ist dessen langfristige Akzeptanz durch die Kunden abzusichern.

Gleichzeitig muss der individuelle Standort immer auch eingebunden werden in ein leistungsfähiges Systemkonzept, welches Unterstützung bei der Auswahl von Sortiments- und Angebotsbausteinen, bei Logistikfragen und bei notwendigen Qualitätsstandards bietet.

Neben der Grundversorgung gibt es noch viele Dienstleistungen

Neben der Lebensmittelgrundversorgung, die bei solchen Nahversorgungskonzepten in der Regel im Vordergrund steht, spielen bei den „Dorfladenkonzepten“ aber auch andere Bausteine eine wichtige Rolle, wie etwa Dienstleistungen, Gastronomie, ärztliche Versorgung oder Bürgerzentren. Der Dorfladen ersetzt als Treffpunkt den Marktplatz, den es in ländlich geprägten Regionen in der ursprünglichen Form heute nicht mehr gibt.

Beim Aufbau von solchen „Dorfläden“ ist eine fachliche Begleitung wichtig, die während des Aufbauprozesses und idealerweise auch in den ersten Jahren des Betriebes wichtige Aufgaben wie standortspezifische Machbarkeitsuntersuchungen, Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit oder das Projekt-Controlling übernimmt. Ziel ist es, den Betrieb auf Basis einer begleitenden Betreuung auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu festigen.

Konzeptansätze gibt es mittlerweile in vielen Bundesländern, besonders erfolgreich etwa in Schleswig-Holstein mit dem durch die Landesregierung geförderten Projekt „Markttreff“. Aber auch in den Bundesländern Hessen oder Mecklenburg Vorpommern werden derzeit Projektansätze unter Beteiligung der Landesbehörden erprobt und realisiert.

Fazit: Die Erfahrungen zeigen, dass solche Nahversorgungskonzepte funktionieren und auch wirtschaftlich tragfähig sein können. Der „Dorfladen“ hat wieder Zukunft – insbesondere vor dem Hintergrund der zu erwartenden enormen demografischen Verschiebungen in den kommenden Jahren. (Quelle: HIR, Nr. 98 vom 24.06.2011)