Fachmarktzentren: Der Stern geht wieder auf

(Von Dr. Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“) – Der Blick auf die Renditen zeigt es anschaulich: Ganz oben auf der Liste der Handelsimmobilien rangiert das Segment Fach- und Supermärkte mit einer Spitzenrendite von 7% im 2. Quartal 2011, wie der Immobilien-Dienstleister CB Richard Ellis berichtet. Auf Rang 2 folgen Fachmarktzentren mit 6%. Zum Vergleich: Die begehrten Shopping-Center liegen bei 5%, die Geschäftshäuser in den Top-Lagen der Metropolen etwas über 4%.

Mit dem wachsenden Interesse der Anleger, das zeigen die Zahlen, die von der IVG für ihren „Market Tracker Einzelhandel Deutschland“ zusammengetragen wurden, sind die Spitzenanfangsrenditen für einzelne Fachmärkte im 1. Halbjahr 2011 Halbjahr 2011 – gemessen am Gesamtjahr 2010 – von 7,25 auf 7% gesunken. Bei den noch stärker gefragten Fachmarktzentren ging der Wert von 6,2 auf 6,0% zurück.

Der Zahlenvergleich zeigt: Das Interesse der Investoren nimmt wieder zu und die Renditen gehen weiter zurück. Dabei hat das Einzelhandelssegment Fachmärkte/ Supermärkte und Fachmarktzentren in den vergangenen Jahren hierzulande eine regelrechte Berg- und Talfahrt hinter sich. Im Krisenjahr 2009 erreichten Fachmarktzentren nach den Worten von Dennis Börgel, Partner des Immobilien- Dienstleisters Cushman & Wakefield (C & W) Germany, eine Nettoanfangsrendite von 7,9% und „Stand-alone-Märkte“ brachten es im März 2010 auf einen Spitzenwert von 9%. Die Zurückhaltung hatte ihren Grund.

Auf dem Höhepunkt des Booms von 2005 bis 2007 hatten Fachmarktzentren noch als der aufgehende Stern am Immobilien-Himmel gegolten und die Nettoanfangsrenditen waren auf 4,5 bis 5% gesunken. Vor allem bei den Einzelmärkten (Stand-alone) seien 2005/06 z.T. sehr hohe Preise bezahlt worden, so der Experte. Da sei für Supermärkte auch schon mal das 16-Fache gezahlt worden. Tatsächlich liegen gute Märkte mit Mietverträgen über 15 Jahre laut Börgel heute bei dem 12,5- bis 13-Fachen. Das Limit für diese Einzelhandelskategorie sieht der Experte beim 14- Fachen. Dann sei aber auch Schluss. So gibt es in diesem Markt laut Börgel viele Beispiele von zu teuer gekauften Portfolien, bei denen kaum zu erwarten sein dürfte, dass der damals bezahlte Preis wieder erreicht werden kann. Und da 2011/2012 Finanzierungen auslaufen, ist in diesem Marktsegment noch viel Bewegung zu erwarten und Investoren können bei Super- und Fachmärkten noch mit Angeboten rechnen. Cushman & Wakefield sieht die Netto-Anfangsrendite für einzelne Fach- und Supermärkte bis September 2012 auf 6,2% sinken.

Dabei sind Fachmärkte und Fachmarktzentren grundsätzlich eine sehr interessante Anlageklasse, die laut Jones Lang LaSalle (JLL) bei Investoren auf Grund ihres defensiven Charakters geschätzt werden – vorausgesetzt, der Kaufpreis und das Produkt stim men. Sie werfen auch in schwierigen Zeiten stabile Cash-flows ab, wie André Langmann, Vorstandschef der auf dieses Marktsegment spezialisierten GRR AG bei früherer Gelegenheit betonte. Auch die Hahn-Gruppe aus Bergisch-Gladbach bewegt sich seit fast 30 Jahren erfolgreich in diesem Markt – vornehmlich mit der Spezialisierung auf die Großfläche, wie auch die Hamborner REIT AG aus Duisburg. Hinzu kommen zahlreiche ausländische Fonds-Gesellschaften.

Im 1. Halbjahr 2011 investierten die Anleger laut CB Richard Ellis 1,76 Mrd. Euro in dieses Marktsegment, 146% mehr als im Vorjahreszeitraum. Fachmärkte und Fachmarktzentren sind die zweitstärkste Retail-Klasse hinter Shopping-Centern, die nach Feststellung von Jones Lang LaSalle mit einem Volumen von 2,75 Mrd. Euro aber unangefochten an der Spitze stehen.

Eine interessante Variante zwischen klassischem Shopping-Center und Fachmarktzentrum mit starker Nahversorger-Funktion hat sich in der jüngeren Vergangenheit mit der Hybriden Mall herausgebildet. Diese Spielart wird laut CB Richard Ellis „in Ermangelung eines adäquaten Angebots an Shopping-Centern und einer anhaltend attraktiven Renditerelation der Fachmarktzentren“ von nationalen wie internationalen institutionellen Investoren verstärkt akquiriert.

Unterstützt wird die Entwicklung dieses Center-Typs auch durch die vielen leer stehenden Hertie-Warenhäuser, die sich mit ihren zentralen Lagen in Mittelstädten z.T. für die Umwidmung in Hybride Malls anbieten. Ein Beispiel ist etwa das Bavier-Center der Hahn-Gruppe in Erkrath, das sich mit seinem großflächigen Rewe-Markt, einem Drogeriemarkt, seinem Mode-Angebot und einem Elektrofachgeschäft sowie interessanter Gastronomie teilweise am Angebot des früheren Warenhauses orientiert.

„Hybride Shopping-Center vereinen den fachmarkttypischen, preisorientierten Mietermix mit dem Ambiente und der Aufenthaltsqualität eines modernen Shopping-Centers mit innenliegender Mall auf ideale Weise“, findet Jan Dirk Poppinga, Head of Retail Investment bei CBRE Deutschland und er ist überzeugt: „Auf Grund der restriktiven Genehmigungspraxis für großflächigen Einzelhandel in deutschen Innenstädten ergeben sich hierbei gerade für ältere Bestandsobjekte große Revitalisierungspotenziale, die von Projektentwicklern und Investoren zunehmend gehoben werden.“

Da Hybride Malls auf Grund ihrer oft überschaubaren Größe und ihres überschaubaren Angebots aus sich heraus keine große Sogwirkung entfalten können, ist es aus Sicht von Manuel Jahn, Head of Real Estate Consulting bei GfK Geomarketing wichtig, dass im Umfeld bereits ein starker Einzelhandel besteht, der eine gute Kundefrequenz sicher stellt. Geeignete Standorte sind aus seiner Sicht insbesondere Mittelstädte mit einem eigenständigen Einzugsgebiet und damit einer leistungsfähigen sowie gut frequentierten Innenstadt. Aber auch attraktive Nebenzentren in Großstädten mit leistungsfähigem Einzelhandelsbesatz und guter Kundenfrequenz sind geeignet.

Expansionspläne der Filialisten beflügeln den Markt

Die Entwicklung des Segments Fach- und Supermärkte, Fachmarktzentren und Discounter wird in Deutschland derzeit befeuert durch die expansive Politik der großen Lebensmittelkonzerne, die für sich insbesondere in Westdeutschland noch viele weiße Flecken sehen. Denn dass trotz der bereits guten Ausstattung mit Verkaufsfläche gerade im Bereich „Versorgung mit Produkten des täglichen Bedarfs“ in Deutschland noch Bedarf besteht, zeigt die Statistik aus „Handel aktuell 2008/09“ des EHI Retail Institutes in Köln, wonach die Zahl der Lebensmittelgeschäfte von 75 500 im Jahr 1995 auf 51 400 im Jahr 2007gesunken ist. Die Kölner Rewe Group registrierte bei ihrer Marktanalyse gerade in Großstädten und Ballungsgebieten noch eine unterdurchschnittliche Ausstattung mit Verbrauchermärkten und SB-Warenhäusern.

Im Kielwasser der Lebensmittelanbieter segeln Drogerie-Ketten wie dm und Rossmann, die gleichfalls dem Segment Nahversorgung zugerechnet werden. Bekleidungsketten wie KiK und Takko sowie Dienstleister, Bäcker und Metzger runden das Angebot in vielen Fachmarktzentren ab. Gleichzeitig entsteht wachsender Flächenbedarf, weil die Sortimente größer werden oder der Lebensmitteleinzelhandel im Zuge des demographischen Wandels Wert auf breite Gänge legt und die Regale – ganz kundenfreundlich – immer niedriger werden.

So bestätigt auch Susanne Klaußner, Vorsitzende der Geschäftsführung der GRR Real Estate Management (REM) GmbH in Erlangen, den Trend zu größeren Verkaufsflächen, etwa bei einem Discounter, der seine Märkte kontinuierlich von durchschnittlich 700 qm auf 900 qm vergrößern will.

Das Expansionsprogramm, das sich Deutschlands namhafte Filialisten für 2011 auferlegt haben, um Lücken zu schließen oder größere Flächen zu eröffnen, ist denn auch beachtlich. Rewe-Chef Alain Caparros plant 350 neue Märkte, davon 230 in Deutschland. Edeka-Chef Markus Mosa will 250 neue Netto-Discount-Filialen er öffnen und 200 Vollsortimenter, bei Rossmann sind es 230 neue Märkte, davon 120 in Deutschland, beim Wettbewerber dm sind es 100 neue Verkaufsstellen und der Textil- Discounter KiK spricht von jährlich 300 europaweit. (Quelle: HIR Nr. 102 vom 19.08.2011).