Jones Lang LaSalle: Hamburger Mittelstand befeuert den Vermietungsmarkt, Investment-Prognose übertroffen

Der gewerbliche Immobilienmarkt in Deutschlands nördlichster Immobilienhochburg präsentiert sich gemischt: Große Bescheidenheit vermietungsseitig, kombiniert mit einem deutlich über der Prognose liegenden Transaktionsvolumen im Investment-Bereich.

Deutlicher Trend zu Mietvertragsverlängerungen

Einen deutlichen Trend zur Mietvertragsverlängerung im großflächigen Bereich bilanziert Andreas Wende, Niederlassungsleiter Jones Lang LaSalle Hamburg: „Die unterschwellige Verunsicherung der Unternehmen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld führt dazu, dass Umzüge unter Kosten-Gesichtspunkten immer wieder neu geprüft, aufgeschoben und dann häufig verworfen werden.“ Mietvertragsverlängerungen finden keinen Niederschlag in der Statistik, werden also quasi „off-markets“ behandelt. So zum Beispiel auch die von Jones Lang LaSalle begleitete Verlängerung des Mietvertragsverhältnisses von Shell mit der IVG. Wende: „Das sind immerhin 25.000 m², die von unserer Statistik nicht erfasst werden.“

Aber nicht nur großvolumige Vermietungen fehlen auf dem Hamburger Markt. Auch die Anzahl der Anmietungen ist insgesamt zurückgegangen. Für das Umsatzvolumen bedeutete das im 1-Jahresvergleich ein Minus von 19 % auf 435.000 m² (-15 % gegenüber 5-Jahresschnitt) bei einem ebenfalls zweistelligen Rückgang (13 %) von Mietvertragsabschlüssen. „Erstmals seit 1999 tauchen in der Hamburger Vermietungsstatistik keine Deals jenseits der 10.000 m²-Marke auf“, so Wende. Während in den beiden Vorjahren sowie 2007 und 2004 Einzelabschlüsse sogar zwischen 40.000 und 45.000 m² zu notieren waren, wurde 2012 mit 8.200 m² die Obergrenze erreicht – durch eine Anmietung des Handelsunternehmens Praktiker im City-Tor Hamburg. „Lage und Mietpreis müssen eben so interessant sein, dass sich ein Wechsel für Großnutzer wirklich rechnet“, kommentiert Wende. Und das trifft auf dem Hamburger Markt nur bei einigen ganz singulären Objekten zu. Die neun Deals oberhalb der 5.000 m² kommen auf ein Flächenvolumen von lediglich ca. 61.000 m², decken damit nur 14 % des Gesamtumsatzes auf dem Hamburger Bürovermietungsmarkt ab. Ein Jahr zuvor waren es in dieser Kategorie rund 130.000 m², entsprechend 24 %. Das größte Flächenvolumen wurde 2012 durch Anmietungen im Bereich 1.000- 2.500 m² erreicht (zusammen 117.000 m²).

Insgesamt präsentiert sich das Vermietungsgeschäft 2012 also noch kleinteiliger, mit einer durchschnittlichen Flächengröße von 756 m². Mehr als die Hälfte aller Deals entfallen auf die Flächengröße kleiner 500 m², 80% bewegen sich unterhalb 1.000 m². Das Fragmentierungsniveau im kleinstteiligen Bereich sei für Hamburger Verhältnisse schon spektakulär: „Andererseits zeigt dies freilich auch die Dynamik eines gesunden Mittelstands an der Waterkant. Es sind denn auch dessen Repräsentanten, die dafür sorgen, dass sich die Stimmung durchaus auf einem guten Niveau stabilisiert hat“, so Wende. Das sei eine gute Voraussetzung für das laufende, neue Jahr, in dem die Prognose wieder nach oben zeige und sich voraussichtlich im Umsatzvolumen zwischen dem fünf- und zehnjährigen Mittel einpendeln werde. Wende: „Trotz des konjunkturell schwierigen Umfelds sind schon jetzt einige Großabschlüsse erkennbar, die voraussichtlich im 1. Quartal 2013 realisiert werden können.“

Spitzenmiete steigt – aber Nutzer insgesamt kostenorientiert

Zwar ist die Spitzenmiete 2012 auf 24,00 Euro/m²/Monat gestiegen und damit um 0,50 Euro teurer geworden – einem Trend in allen deutschen Immobilienhochburgen folgend, ausgenommen Frankfurt. „Gleichzeitig ist aber ein starker Fokus der Nutzer auf die Kosten zu notieren, längere Verhandlungsphasen bis zur Entscheidung im Gefolge, die häufig dann zur Verlängerung des Mietvertrags in den bereits belegten Flächen führen und nicht zu einem Umzug“, so Wende. So sind denn auch die Durchschnittsmieten im Jahresverlauf auf 13,80 Euro/m²/ Monat gesunken, (2011: 14,67 Euro/m²/Monat) – auch wegen einigen niedrigpreisigen, großvolumigen Vertragsabschlüssen. Stabil geblieben sind die Incentives (z.B. mietfreie Zeiten, Ausbaukostenzuschüsse) bei durchschnittlich rund 6 % in der Innenstadt, bis ca. 10 % auf den Gesamtmarkt bezogen. „Die Nachhaltigkeitszertifizierung von Büroimmobilien am Hamburger Büromarkt zahlt sich bereits seit einigen Jahren aus. So wurden in den vergangenen vier Jahren zwischen 14% und 20% des Umsatzvolumens in „grünen Büroimmobilien“ getätigt (grün heißt hier: zertifiziert, vorzertifiziert sowie registriert). Denn in Anbetracht steigender Energiepreise wird nachhaltige Energieeffizienz zunehmend zum Zünglein an der Vermietungswaage“, so Wende.

Stabiler Investment-Markt in der Hansestadt

Hohe Stabilität zeichnet den Hamburger Investmentmarkt aus. Nach einem starken zweiten Halbjahr mit doppelt so vielen Transaktionen wie in der ersten Jahreshälfte und einem um 50 % höheren Volumen lag das Gesamtvolumen zum dritten Mal hintereinander bei rund 2 Mrd. Euro. Im bundesweiten Vergleich reichte das Ergebnis aber nur zu Platz 4 hinter Berlin, München und Frankfurt, allesamt deutlich über ihrem jeweiligen Vorjahresergebnis mit jenseits der 3 Mrd. Euro. Dass der 5-Jahresschnitt in der nördlichen Immobilienhochburg mit 20 % trotzdem deutlich unterschritten ist, hängt mit dem Allzeithoch in 2007 zusammen (über 5 Mrd. Euro). „Solche Größenordnungen verzerren natürlich auch das Bild eines Marktes. Es sind Ausnahmen in einem Markt, der traditionell zu einem Gutteil von kleinteiligen Transaktionen zwischen wohlhabenden Privaten dominiert ist“, kommentiert Frank-D. Albers, Leiter Büroinvestment Jones Lang LaSalle Hamburg.

.mit einer Zunahme an Transaktionen und einer Dominanz deutscher Investoren

Weiter zugenommen hat 2012 die Anzahl der Transaktionen insgesamt (auf fast 100), darunter vier Kaufaktivitäten im dreistelligen Millionenbereich (2011: 2) und drei zwischen 50 und 100 Mio. Euro (2011: 9). Die meisten Transaktionen wurden unter 20 Mio. Euro abgeschlossen und erreichten zusammen ein Volumen von rund 450 Mio. Euro, vergleichbar dem Niveau des Vorjahres. Die durchschnittliche Transaktionsgröße hat 2012 noch einmal gegenüber 2011 abgenommen und war mit 21 Mio. Euro nach Köln (16 Mio. Euro) und Düsseldorf (17 Mio. Euro) die niedrigste.

Im Gegensatz zu 2011 – deutlich über 200 Mio. Euro – bewegte sich die größte Transaktion 2012 unterhalb dieser Marke. Insgesamt machten die Top 5 im vergangenen Jahr ca. 590 Mio. Euro aus, entsprechend fast 30% des gesamten Volumens auf dem Hamburger Investmentmarkt, damit leicht über dem Niveau von 2011. Dabei waren sowohl auf Käufer- als auch Verkäuferseite 2012 ausschließlich deutsche Investoren beteiligt. Albers: „Insgesamt war der Investmentmarkt in der nördlichsten deutschen Immobilienhochburg ganz klar dominiert von einheimischen Investoren. Mit einem Anteil von 83 % bewegt sich 2012 deutlich über dem 5-Jahresschnitt (67%). Nur Stuttgart hat einen noch niedrigeren Anteil an ausländischen Anlegern. Deren geringe Präsenz vollzieht sich damit in beiden Städten gegen den Bundestrend (2012: 42 % der Immobilientransaktionen durch ausländische Anleger). Albers: „Das Interesse ausländischer Investoren ist durchaus da. Aber zum einen fehlte es an ausreichend großvolumigen Produkten. Zum anderen sind einheimische Investoren oftmals näher dran am Markt und deswegen direkter in die Entscheidungsprozesse involviert. 2013 wird sich ihr Anteil am investiven Geschehen aber deutlich erhöhen.

.und Fokus auf Büroimmobilie

Zwar markierte im vergangenen Jahr eine Retailtransaktion das Maß aller investiven Engagements, der Anteilskauf an der Europa Passage durch die Allianz Real Estate Germany, ansonsten aber dominierte die Assetklasse Büroimmobilie klar das Geschehen: Mit einem Anteil von 60 %, entsprechend rund 1,2 Mrd. Euro, war der Abstand zu Einzelhandelstransaktionen (427 Mio. Euro, entsprechend 20 %) deutlich und fiel wesentlich höher aus als 2011. Zugelegt hat die Hotelimmobilie, die in Hamburg immerhin Platz 3 in der Statistik der Assetklassen eingenommen hat (ca. 177 Mio. Euro).

Mangel an Core wird 2013 zu mehr Abschlüssen in B-Lagen führen

Auch in Hamburg dominieren Core-Produkte das Interesse der Investoren. Ihr Anteil machte 66 % vom Transaktionsvolumen aus. Allein sieben der Top 10 waren Core-Transaktionen. Albers: „Bis auf den Verkauf der HVB-Zentrale als Developmentprojekt sind markante Verkäufe wie der Opern-Plaza an ein Versorgungswerk oder die Veräußerung des „63 Grad“ im Neuen Wall an die Generali dem Core-Segment zuzurechnen. Neben einer Toplage zählt für die Investoren aber auch eine langfristige Vermietung. Beim Verkauf des georgsTORs in St. Georg oder des HanseAtrium in der City-Süd an einen französischen Spezialfonds beispielweise waren für das Investment eine gute Mieterstruktur und nachhaltige Mietverträge mitentscheidend.

„Der Mangel an Qualitätsassets bleibt weiter ein beherrschendes Thema. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Dieses Missverhältnis wird aber nicht zu weiter steigenden Preisen führen. Eine Bodenbildung bei den Spitzenrenditen scheint erreicht. Im Bürobereich liegt die Spitzenrendite bei 4,65 % (2011: 4,85 %), dem niedrigsten Wert nach München. Darunter lag der Wert nur noch im Herbst 2007. Geschäftshäuser sind mit 4,1 % stabil geblieben. „Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen haben ihre liebe Not mit den niedrigen Renditen im Core-Segment und werden vermehrt nach höher rentierlichen Core+-Investments Ausschau halten“, so Albers. In B-Lagen oder für Objekte mit kürzeren Mietvertragsrestlaufzeiten oder niedrigerer Ausstattungsqualität bewegen sich die Anfangsrenditen für Büroobjekte bei 5,40 – 5,50 %. Der Abstand zur Spitzenrendite beträgt weiter 55 – 65 Basispunkte. „Albers: Die Value-add-Investoren leiden weiter unter den teils zu hohen Preiserwartungen der Verkäufer und haben begonnen, sich intensiver mit den B-Lagen zu beschäftigen. Diese Entwicklung wird in 2013 abseits des Core-Segments zu mehr Abschlüssen führen.“

„Im laufenden Jahr rechnen wir mit einer Fortsetzung der stabilen Dynamik auf dem Hamburger Investmentmarkt. Versicherungen, Versorgungswerke und Spezialfonds werden die stärksten inländischen Nachfrager nach Qualitätsimmobilien sein. Denn deren alternative Anlagemöglichkeiten zu Immobilien sind begrenzt. Entweder bewegen sich die Renditen alternativer Investments wie bei Staatsanleihen auf zu niedrigem Niveau oder die Risiken wie etwa an den Aktienmärkten gestalten sich zu hoch“, meint Albers. Auch ausländischen Investoren würden in den Heimatmärkten häufig die Alternativen ausgehen. Rezessionsängste könnten beispielsweise bei französischen Investoren, traditionell investiv stark im eigenen Land vertreten, dazu führen, dass sie zur Risikodiversifizierung vermehrt in Deutschland in Erscheinung treten.

„Auch 2013 wird sich der Hamburger Investmentmarkt durch gewohnte Stabilität auszeichnen. Wir rechnen erneut mit einem Transaktionsvolumen von mindestens 2 Mrd. Euro“, so Albers. Bereits im ersten Quartal könne zum Beispiel möglicherweise ein Büro-Portfolio realisiert werden. „Liquidität ist grundsätzlich vorhanden, unter anderem durch alternative Finanzierungsanbieter. Das alles hilft freilich nicht weiter, wenn alle potentiellen Investoren ausschließlich auf Core ihr Augenmerk richten. Man darf gespannt sein, ob dieser Fokus aufgeweicht wird und mehr sowohl eigenkapitalstarke Investoren als auch Fremdkapitalgeber weniger risikoavers ihre Chancen suchen.“