Von Karin Krentz
In Berlin drehen sich immer weniger Kräne über Büro-Neubauten, sondern vielmehr über Neubauten von Wohnungen und auch von Hotels. Das Premium-Wohnsegment boomt, es herrscht eine große Nachfrage nach diesen Wohnungen und das Angebot kommt kaum hinterher. Berlin ist ein guter Markt für dieses Segment, so eine neue Untersuchung von BulwienGesa AG. Besonders bevorzugt werden innerstädtische Lagen wie Tiergarten oder Mitte, nachdem die schönen Jugendstil- oder „Kaiser“wohnungen“ mit viel Stuck, Dielenfußböden, hohen Fenstern rund um den Ku’damm und seinen Seitenstraßen ausverkauft sind. Kommt eine dieser Wohnungen auf den Markt, dann stehen am Sonnabend nach dem Studium des Immobilienteils der Tageszeitungen die Interessenten in einer Schlange auf der Treppe. Sie sind auch bereit (fast) jede geforderte Summe zu zahlen, denn Schnäppchen sind diese Wohnungen wahrlich nicht.
Immer neue Nachfragergruppen entstehen, sagt BulwienGesa. Die nächsten fünf Jahre kennt der Markt nur eine Richtung – nach oben, ist Engel & Völkers überzeugt. Die Nachfrager akzeptieren auch ohne Wenn und Aber ein Preisniveau weit jenseits der 3500 Euro pro Quadratmeter. Das Angebot hat eben seinen Preis und ist nur vom feinsten, Investoren und Bauherren wissen, was diese Klientel wünscht. Zu den Diplomaten, die zum Teil mit Mehrpersonenhaushalten diese Wohnungen kaufen, kommt nun eine neue Gruppe – in- und ausländische Interessenten aus den Bereichen Kultur /Medien, neuerdings auch aus der internationalen Kunst- und Designszene und anderen kreativen Branchen. Es ist für diese schick, mehr als einen Koffer in Berlin zu haben und es scheint, als ob langsam die Strategie des Senats, Berlin zu einem Sammelpunkt der internationalen und nationalen Kreativen zu etablieren, peu à peu Früchte trägt – die jüngste glanzvolle dritte internationale Fashion Week ist ein Beweis dafür. Weitere Nachfragergruppen sind Geschäftsleute, Politiker, Mitarbeiter der in Berlin neuen Unternehmen wie Pfizer oder BASF u.a. und Berlin-Besucher, die einen Zweitwohnsitz suchen.
Immer neue Projekte werden angekündigt. Schon wird das Bauland in der City knapp, die Projekte verlagern sich bereits an den City-Rand nach Osten oder in Richtung Potsdam an den Nikolassee oder an die Havel. Die hochwertigen innerstädtischen Immobilien, wo eine noble Eigentumswohnung von ca. 100 Quadratmeter ab 280 000 Euro schon teurer sein kann als ein Reihenhaus, sind oft auch eine attraktive Kapitalanlage. Jüngste dieser Wohnresidenzen sind die Wohnungen im Diplomatenpark im Tiergarten, wo zwischen Tiergartenstraße und Köbisstraße 2007 das letzte Filetstück der Berliner City an die Groth Gruppe und Diamona & Hirsch, eine Gemeinschaft israelisch-niederländischer Investoren und einem Berliner Projektentwickler vom Liegenschaftsfonds Berlin verkauft wurde. Beide realisieren dort auf 24 000 Quadratmeter bis 2010 Premium-Wohnen, wobei die Groth Gruppe ihre bei der Bebauung des Köbis-Dreiecks und des Tiergarten-Dreiecks gesammelten Erfahrungen einbringt. Dort residieren heute neben Privatiers u.a. Botschaften und Lobby-Verbände wie der Verband der Privaten Bausparkassen. Groth investiert jetzt 42,5 Millionen Euro in den Diplomatenpark, drei seiner sechs Stadtvillen sind bereits vor Baustart verkauft. Für die 13 Mietwohnungen gibt es lange Wartelisten ebenso wie für die 54 Eigentumswohnungen bei Quadratmeterpreisen bis zu 7000 Euro.
Unsexy sind diese Wohnungen wahrhaftig nicht, wie ein Nachrichtenmagazin kürzlich berichtete und den Bauboom in diesem Immobiliensegment der Berliner Baubranche zuschrieb. Dabei wurde geflissentlich übersehen, dass sich auf dem Berliner Immobilienmarkt Investoren aus aller Welt tummeln. Die Welle ist auch in deren Augen immer (noch) nicht „abgesurft“, die Party wird nur ruhiger, so die Insider. Die Anlagemotive sind immer noch vielfältig und die Angebotspalette ist nach wie vor bunt. In dem Magazin wurde auch beklagt, dass die Preise für diese Luxus-Immobilien für Berliner Verhältnisse zu hoch seien. Berliner Immobilien erscheinen im internationalen Metropolen-Maßstab allemal als billig; diesen Beweis lieferte jüngst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Dort wurde der ursächliche Zusammenhang von niedrigem Wirtschaftswachstum, geringem Pro-Kopf-Einkommen u.a. und niedrigen Immobilienpreisen nachgewiesen. Insgesamt stagnieren diese in Deutschland seit den 70er Jahren.
Einer der größten Wohnungsbau-Investoren auch in Berlin ist die Vivacon AG aus Köln. Sie will mit spektakulären Projekten wie nun dem Luisen-Karree am Köllnischen Park (Investitionsvolumen 95 Millionen Euro, 375 Wohnungen mit 26 000 Quadratmeter) ihre bundesweite Stellung als Top-Anbieter im Premium-Segment weiter ausbauen. Zugpferd beim Verkauf dort soll das Erbaurechts-Konzept sein. Baubeginn voraussichtlich Anfang 2009. Vivacon verfolgt in Berlin noch drei weitere ähnliche Projekte in dem gehobenen Wohnsegment. Jüngst begann ebenfalls der Verkaufsstart für die Fellini Residences an der Kommandantenstraße. Der niederländische Investor Hary van Caem holte als Architekt Marc Koch, der für die Rekonstruktion des Opernhauses La Fenice in Venedig verantwortlich war. Ein Penthouse der Fellini Residences kostet 1,2 Millionen Euro zuzüglich Courtage.
So ließe sich die Aufzählung von Luxus-Wohnprojekten mit exklusivem Service wie Doorman, Ausstattung von renommierten Designern u.a. weiter fort führen. Weitere Kennzeichen: Diese Projekte haben stets markante Namen und bekannte Architekten zeichnen verantwortlich. Es gibt die Puccini Hofgärten (Ticoncept) im Komponistenviertel in Weißensee, den Brauhofgarten (Baywobau) in der alten Schultheiß-Brauerei in Kreuzberg, die Prenzlauer Gärten (Artprojekt), das Wohnen am Hain (Diestelmeyer) und und…Das seit Jahren geplante große Projekt Tacheles der Fundus-Gruppe mit seinen Stadtwohnungen à la New Yorker Upper East Side – nach dem zitierten Magazinbericht bereits im Bau – steht noch weit weit in den Sternen.
Allemal am schönsten jedoch ist die Kaiserwohnung in einem der gewachsenen grünen Wohnviertel in Nähe zum Ku’damm, z.B. am Ludwigkirchplatz in Wilmersdorf. Wenn es die gibt – zugreifen!
Quelle: DIB, Nr. 171, 25.07.2008