Union und FDP wollen Bürger und Unternehmen durch eine Vereinfachung des Steuerrechts um mehr als 4,5 Milliarden Euro entlasten. Das geht aus einer Beschlussempfehlung für das Treffen der Koalitionsspitzen an diesem Donnerstag hervor, die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. Hauptnutznießer sind demnach die Firmen, deren Bürokratiekosten durch den Verzicht der Finanzämter auf eine Vielzahl von Detailregelungen und schriftlichen Belegen um vier Milliarden Euro sinken sollen. Hinzu kommen Steuerermäßigungen für Arbeitnehmer in Höhe von 590 Millionen Euro. Zumindest für die Wirtschaft fällt die Reform damit sehr viel generöser aus als bisher erwartet. Insgesamt umfasst der Katalog der Steuervereinfachungen, den die Koalitionsrunde verabschieden will, 41 Punkte. Ein zentraler Gedanke ist, die Zahl der Papierbelege, die die Steuerzahler sammeln und einreichen müssen, spürbar zu reduzieren.
Laut Beschlussvorschlag sollen viele schriftliche Nachweise komplett wegfallen, andere können künftig elektronisch an die Finanzämter übermittelt werden. So entfällt etwa die bekannte Lohnsteuerkarte aus Pappe. Stattdessen kann der Arbeitgeber Mitarbeiterdaten ab 2012 elektronisch abrufen. Zudem werden Dokumentationspflichten für bestimmte Warenlieferungen sowie für Anbieter von Altersvorsorgeprodukten verringert, Betriebsprüfungen sollen "zeitnah" stattfinden. Anders als die geringeren Bürokratiekosten für die Betriebe schlagen sich die Entlastungen der Bürger in vollem Umfang in der Staatskasse nieder. Sie sollen daher auf 590 Millionen Euro begrenzt werden. Dank der vielen Vereinfachungen werde die Gesamtbelastung der Arbeitnehmer, Familien und Firmen dennoch deutlich verringert, heißt es in der zehnseitigen Beschlussempfehlung. Ähnlich äußerte sich auch der CDU/CSU-Finanzexperte Leo Dautzenberg.
Mit dem Paket würden zielgenau gerade die Steuerzahler von unnötiger Steuerbürokratie befreit, "die ihre Steuererklärung noch selbst ausfüllen", sagte er der SZ. "Die Steuererklärung wird künftig einfacher, schneller und auch papierloser gehen." Als "besonders wirksam" bezeichnete Dautzenberg die geplante Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 auf 1.000 Euro pro Jahr, der die Bürger beim Sammeln von Quittungen entlastet, den Staat allerdings 330 Millionen Euro kostet. Dem widerspricht der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine (NVL). Nach seinen Berechnungen führt die Entscheidung für Millionen Arbeitnehmer weder zu einer Steuerermäßigung, noch zu einer Vereinfachung. Im besten Fall profitiere ein Bürger mit drei Euro im Monat.
Dautzenberg verwies zudem auf Erleichterungen beim Kindergeld, die den Bund mit 200 Millionen Euro belasten: Sind volljährige Kinder noch in der Ausbildung, jobben aber nebenbei, verzichten die Behörden künftig bei der Festsetzung des Kindergelds auf eine Einkommensprüfung. Weitere 60 Millionen Euro verliert der Staat, weil er bei der Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten nicht mehr zwischen beruflich oder privat bedingten Aufwendungen unterscheidet. Wer abwechselnd mit dem Pkw und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt, soll dies beim Antrag auf Anerkennung der Fahrkosten nicht mehr täglich nachweisen müssen. Wer will, kann zudem in Zukunft nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben.