Aachen: Innenstadt stärkt sich, Aussenstadt schwächelt

Marktbericht Comfort: Aachen liegt im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande und gehört zu den ältesten Industrieregionen Europas. Die Stadt hat mehrere bedeutende Industriezweige (u.a. Continental AG, Philips, Zentis, Lambertz, Lindt & Sprüngli) und ist ebenso Zentrum für Maschinenbau, Automation, IT, Laser- und Umwelttechnologie. Größter Arbeitgeber ist die bekannte RWTH Aachen. Mit einer Forschungs-Infrastruktur, wie sie in dieser Dichte höchstens zehn Regionen auf der Welt vorweisen, ist Aachen ein idealer Nährboden für High-Tech-Unternehmen und Forschungsabteilungen großer Konzerne. Die Stadt ist für ihre weit zurückreichende Geschichte, ihr kulturelles und architektonisches Erbe und bedeutende Veranstaltungen, z.B. die Vergabe des Karlspreises, bekannt.

Die Großstadt zählt mit mehr als 258.000 Einwohnern zu den Verdichtungsräumen Nordrhein-Westfalens und hat als Oberzentrum mit Funktionen als Dienstleistungszentrum und Einkaufsstadt grundlegende Bedeutung für weit aus der Region reichende Kundenströme. Die oberzentrale Versorgungsfunktion spiegelt sich insbesondere in der Angebotsqualität und der Einkaufsattraktivität der Innenstadt wider, urteilt Jürgen Kreutz, Geschäftsführer des auf die Vermittlung von Ladenlokalen und Geschäftshäusern in 1A-Lagen deutscher Innenstädte spezialisierten Makler- und Beratungsunternehmens COMFORT, in einem aktuellen Marktbericht über Aachen. Eine Zentralität von 126,9 (BBE Köln) verdeutlicht dieses Potenzial. Die Kaufkraftkennziffer liegt mit 98,3 knapp unter dem Bundesdurchschnitt.

Die Einzelhandelsnutzung konzentriert sich auf einen Teilbereich der Innenstadt, der den ältesten Kern der Stadt um Markt und Dom herum umfasst und sich über den Friedrich-Wilhelm-Platz in östliche Richtung ausdehnt. Die 1A-Lagen in Aachen sind die Fußgängerzonen Großkölnstraße, Krämerstraße, Holzgraben und Dahmengraben (abgeschwächte 1A-Lagen). Die TOP-1A-Lage befindet sich in der Adalbertstraße im oberen Abschnitt zwischen Peterstraße und Kugelbrunnen und weist die höchste Passantenfrequenz auf. Hier sind die Publikumsmagneten Galeria Kaufhof, Saturn, Wehmeyer, C+A, H+M, Görtz, New Yorker, Zara, Mexx, Benetton u. a. angesiedelt. In der Vergangenheit konnten Projekte wie die Mayersche Buchhandlung in der Buchkremerstraße einen wesentlichen Beitrag zur Schließung der Lücke zwischen den Einkaufslagen an Adalbertstraße und Markt leisten.

In Aachen gibt es im Vergleich zu anderen Städten einen Rundlauf der Fußgängerzonen, der die absolute Top-Lage Adalbertstraße jedoch nicht einbezieht. Dieser Rundlauf führt vom Holzgraben/Dahmengraben über die Großkölnstraße und dem gastronomischen Mittelpunkt der Innenstadt, Markt mit Rathaus, mit leichtem Gefälle zum touristischen Highlight der Stadt, dem Aachener Dom. Während die malerische Krämerstraße mit schönem Altbaubestand und Kopfsteinplatz nach Aussage von Jürgen Kreutz die kleine Niveaumeile Aachens mit wertigen Konzepten (Escada) ist und über eine feste Stammkundschaft verfügt, kämpft die Größkölnstraße gegen die schwache Frequenz an.

Die großen Textilanbieter Sinn Leffers und Appelrath-Cüpper haben zwar ihre Verträge in dieser Lage verlängert – dennoch lässt die Entwicklung der Einkaufsstraße seit geraumer Zeit auf sich warten. Holzgraben und Dahmengraben haben nach einigen Jahren des Stillstandes in den vergangenen zwei bis drei Jahren wieder an Attraktivität zulegen können und sind daher als „abgeschwächte 1A-Lagen im Aufwind“ zu bezeichnen. Namhafte Filialisten wie Tommy Hilfiger, Marc O´Polo, Triumph, Rieker Schuhe, Stefanel, Sacha Shoes und Madonna Juwel haben hier angemietet.

In Aachen gibt es viele Einzelhandelslagen und -flächen auf unterschiedlichem Niveau. In dem kleinen Top-Stück Adalbertstraße tummeln sich die Top-Filialisten. Die letzte größere Neueröffnung war die Eröffnung von Görtz und New Yorker im Geschäftshaus Adalbertstraße 53-55 (ehemals „Woolworth“) im Herbst 2008, die auf COMFORT-Vermittlung zustande gekommen ist. Aufgrund der begrenzten Großflächen und der minimalen Mieterfluktuation gibt es hier einen eindeutigen Nachfrageüberhang, der die Mieten in dieser Top-Lage stabil hält, erläutert Kreutz. Nach COMFORT-Beobachtungen lag der Mietpreis für Ladenflächen von 80 bis 120 qm Verkaufsfläche in 2007 und 2008 unverändert bei 100,- Euro/qm. Für größere Flächen (300-500 qm) wurden in 2008 ebenfalls unverändert 62,- Euro/qm bezahlt.

Peek + Cloppenburg bemüht sich seit 15 bis 20 Jahren in absoluter TOP-Lage in Aachen anzusiedeln. Hier könnte das im unteren, bislang schwächeren Bereich der Adalbertstraße geplante Einkaufszentrum Kaiserplatz-Galerie Abhilfe schaffen. Seit Ende 2008 ist das Projekt, welches auf einem ca. 15.500 qm großen Areal zwischen Kaiserplatz, Adalbertstraße, Beeckstraße und Adalbertsberg 29.000 qm Verkaufsfläche entstehen lassen soll, zurückgestellt. Für Aachens Innenstadt wäre es nach Aussage von Jürgen Kreutz ein absoluter Gewinn. Mit dem geplanten großen Parkplatzangebot ließe sich vom Ring aus eine Punktlandung in die 1A-Lage vollziehen. Die Schwachstelle der Aachener Innenstadt, das mangelnde PKW-Stellplatzangebot, wäre damit vom Tisch und die Attraktivität der Einkaufsstadt gesteigert.

Das Einzelhandelsprojekt „Bel Etage“ am Büchel, ehemals Trendbox, wird nach Übernahme der Projektpläne und Entwürfe von der niederländischen Investorengruppe TCN von der Kölner Strabag Real Estate realisiert. Auf dem Areal eines stillgelegten Parkhauses sind insgesamt 8.000 qm Mietfläche für Einzelhandel und Gastronomie auf zwei Verkaufsetagen geplant. Auf dem Dach wird eine Terrasse für Bars und Cafés entstehen. Das Projekt wird von COMFORT hinsichtlich Vermietbarkeit und vor allem Nachhaltigkeit eher skeptisch gesehen.

Die im Herbst 2008 drei Kilometer von der Innenstadt Aachens entfernt eröffneten Aachen-Arkaden betrachtet Kreutz nicht als Gewinn.

„Das Center wurde von Anfang an zu klein geplant, um nachhaltig leben zu können“,

urteilt Jürgen Kreutz. Ankermieter aus der Unterhaltungselektronik und Nahrungsmittelanbieter konnten nicht gewonnen werden. Die Mieter sind heute schon unzufrieden, der Leerstand beträgt rund zwanzig Prozent und das Center-Management wurde bereits ausgewechselt.

Grundsätzlich, so Kreutz abschließend, bündelt das Oberzentrum Aachen im südwestlichen Teil Nordrhein-Westfalens bedeutende Kundenströme aus dem Umland. In absoluter TOP-Lage sind die Einzelhandelsflächen knapp.

„Das aktuell angestoßene Projekt Kaiserplatz-Galerie würde zu einer weiteren Verbesserung des Handelsstandortes beitragen“, meint Kreutz, „und könnte neuen Filialisten den lange gesuchten Standort in attraktiver TOP-Lage anbieten.“

© 2009 gi24 / Comfort

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