Interview: Michael Zimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Corpus Sireo

Der Immobilienbrief: Internationale Investoren haben Deutschland den Rücken gekehrt und sind deutlich zurückhaltender als in den Jahren zuvor. Werden die Zeiten für Asset Manager schlechter?

Zimmer: Professionelles Asset Management ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten weitaus wichtiger als im Aufschwung. Mehr denn je Experten gefragt, die aus Immobilien attraktive Cashflows generieren und den Wert komplexer Portfolios steigern.

Der Immobilienbrief: Steigerung des Cash-Flows oder des langfristigen Wertes. Was ist wichtiger?

Zimmer: Die Wertsteigerung einer Immobilie ist bedeutender als die Erhöhung des Cash-Flows. Beispiel: Bei dem Erwerb einer Immobilie zum 20-fachen der Jahresnettokaltmiete errechnet sich eine Mietrendite vor Bewirtschaftungskosten und Tilgung von fünf Prozent. Wird die Immobile zu 80% finanziert und erhöht sich der Wert innerhalb von fünf Jahren auf 120%, dann verdoppelt sich der Wert des Eigenkapitals innerhalb von fünf Jahren. Neben einer Mietrendite erwirtschaftet der Investor somit eine zusätzliche Rendite von 20% p.a. Dies ist ein komfortableres Polster als die Mietrendite, die bei einem Werteverfall von fünf Prozent schnell aufgezehrt ist. Ein professioneller Asset Manger hat daher – ebenso wie ein Händler – im Wesentlichen die Wertsteigerung des Portfolios im Blick.

Der Immobilienbrief: Wie hat sich professionelles AM in den vergangenen Jahren verändert?

Zimmer: Investoren sind gezwungen, durch aktives Asset Management den Wert ihrer milliardenschweren Bestände langfristig zu erhöhen. Früher hieß es „buy and hold“, dann folgte die Branche dem Motto „buy and sell“ und jetzt heißt die Devise: “buy and do".

Der Immobilienbrief: Hat sich seit Beginn der Krise der Kundenkreis verändert?

Zimmer: Zum Kundenkreis eines Asset Managers zählen die öffentliche Hand, Institutionen, Stiftungen und Corporates, die ihre eigenen Immobilien weitgehend selbst nutzen, deren Kernkompetenzen jedoch nicht im Immobilienbereich liegen. Ihr Ziel ist es, die immobilienbezogenen Kosten nachhaltig zu senken und ihr Portfolio national und international so zu bereinigen, dass es auf Dauer werthaltig und für das Unternehmen sinnvoll ist. Entsprechend zeigen sich auf Seiten der Verkäufer im ersten Halbjahr 2008 viele private Eigentümer, weiterhin die öffentliche Hand und als drittgrößte Gruppe die deutschen Immobilien AGs. Die Non-Property-Unternehmen spielen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2007 nur noch eine untergeordnete Rolle.

Der Immobilienbrief: Haben die Angelsachsen die Branche beeinflusst?

Zimmer: Wir haben uns gegenseitig beeinflusst: Kunden- und portfolioübergreifende Dienstleistungen in den Bereichen Due Diligence, Transaction- und Property Management, digitale Datenräume sowie ein transparentes Berichtswesen nach internationalen Reporting- und Accounting-Standards hat es früher nicht gegeben. Die Globalisierung sowie ein zunehmender Druck der Unternehmen, ihren "shareholder value" zu steigern, haben die Asset Manager zur Erwirtschaftung einer Rendite quasi verdammt und waren maßgebliche Triebfedern für eine breite Professionalisierung der Branche. Aber auch die Angelsachsen haben von uns gelernt.

Der Immobilienbrief: Der Asset Manager arbeitet zunehmend an der Schnittstelle zwischen dem Immobilien- und Finanzmarkt.

Zimmer: Mit zunehmendem Kapitalbedarf steigt die Bedeutung des Asset Managements. Längst haben die Banken den Druck erhöht und verlangen vom Asset Manager regelmäßige Reportings und Kennzahlenberechnungen über die Verwendung des eingesetzten Kapitals, die Liquiditätssituation der jeweiligen Objektgesellschaften, die geplanten Investitionen sowie den Vermietungsstand. So müssen die Dienstleistungen des Asset Managers immer wieder der Strategie des Investors, seinem Produktschwerpunkt, dem Finanzierungsgrad, der angestrebten Haltedauer sowie seiner erwarteten Rendite angepasst werden.

Der Immobilienbrief: Asset Management ist ein Wachstumsmarkt.

Zimmer: Ja. Der steigende Konkurrenzdruck wird immer mehr Corporates dazu veranlassen, das Management ihrer Immobilienbestände auszulagern. Noch immer stecken schätzungsweise zehn Prozent des Bilanzkapitals deutscher Konzerne in Immobilien.Daneben sind ausländische Investoren, darunter viele Investmentbanken, trotz der US-Subprime-Krise, die weltweit das Wachstum dämpft, auf der Suche nach geeigneten Anlagen und einem professionellen Partner, der ihre Bestände managt. Der US-amerikanische Immobilienmarkt war überhitzt. Aber auch in vielen Ländern Europas, in denen die Preise inzwischen astronomische Höhen erreicht haben, fallen sie bereits.

Der Immobilienbrief: Welche Chancen sehen Sie in Deutschland?

Zimmer: In Deutschland waren die Preisausschläge zu keiner Zeit spektakulär. Mit Blick auf die Vergangenheit besteht hier vielmehr eine „Upside-Chance“, d.h. eine Chance, dass die Preise mittelfristig steigen. Angesichts der Dynamik des deutschen Marktes und seiner Besonderheiten, vertrauen viele internationale Investoren einem professionellen Asset Manager, der ihre Immobilieninvestments verlässlich steuert.

Quelle: DIB, Nr. 176