Rentenmärkte belasten Gewerbeimmobilien-Märkte

Von Dr. Karsten Junius, Leiter Kapitalmarkt- und Immobilienresearch, DekaBank

Die letzten Jahre haben den Gewerbeimmobilien-Märkten steigende Kaufpreise und einen steten Rückgang der Anfangsrenditen beschert. Dies ging an den Finanzmärkten einher mit steigenden Kursen bei Staats- und Unternehmensanleihen, bei denen die Renditen ebenfalls rückläufig waren. Dieser Trend hat sich nun eindeutig umgekehrt und jetzt stellt sich die Frage, ob zwangsläufig auch eine Trendwende bei den Anfangsrenditen von Immobilien zu erwarten ist.

Dabei muss zunächst beantwortet werden, welche Renditen am Rentenmarkt für die Bepreisung von Immobilien überhaupt relevant sind: Immobilien weisen einen Inflationsschutz aus, da sie anders als Anleihen nicht zu 100 % zurückgezahlt werden, sondern durch Preissteigerungen ähnlich wie Aktien Kapitalgewinne erfahren können. Deswegen müssen die Anfangsrenditen von Immobilien mit den realen Renditen von Anleihen verglichen werden. Dies erklärt auch, weswegen der Rückgang der nominalen Renditen von Anleihen in den 90er Jahren keinen Einfluss auf die Immobilienmärkte hatte. Er war getrieben von fallenden Inflationsraten. Während die nominalen Zinsen folglich stark sanken, veränderten sich die Realzinsen nur wenig. Die Entwicklung in diesem Jahrzehnt war eine andere. Nach dem Platzen der Aktienmarktblase sanken vor allem die Realzinsen, zumindest bis Sommer 2006.

Der Zusammenhang zwischen Zinsen und Nettoanfangsrenditen (NAR) wird deutlich, wenn man bedenkt, dass eine Anfangsrendite dem Quotienten von Miete und Immobilienpreis entspricht. Der Immobilienpreis sollte wiederum dem abdiskontierten Cash Flow aller zukünftigen Mieteinnahmen entsprechen. Verwendet man die in der Aktienanalyse gängige Discounted Cash Flow – Formel zur Berechnung des Immobilienpreises, lässt sich die Anfangsrendite eine Immobilie als Summe von risikofreiem Zins (Rf) und einer Risikoprämie (Rp) für ein Immobilieninvestment abzüglich der Mietwachstumserwartungen (Mw) ausdrücken: NAR = Rf + Rp- Mw. Der risikofreie Zins entspricht dabei etwa dem Realzinsen von Staatsanleihen. Für sich genommen würde der Zinsanstieg der letzten zwei Jahre dieser Staatsanleihen daher für höhere Nettoanfangsrenditen sprechen. Allerdings zeigt die Vergangenheit, dass ein Realzinsanstieg meist das Ergebnis einer boomenden Konjunktur ist. Und wenn die Konjunktur anzieht, steigen auch die Mietwachstumserwartungen, sodass Investoren bereit sind höhere Preise zu zahlen, was zu niedrigeren Nettoanfangsrenditen führt. Letztlich ist es eine empirische Frage, ob der Aufwärtsdruck steigender Realzinsen den Abwärtsdruck steigender Mietwachstumserwartungen bei den Nettoanfangsrenditen kompensiert oder nicht. Unsere Analysen zeigen, dass die Nettoanfangsrenditen in Hochkonjunkturphasen eher niedrig sind und in Abschwungphasen wieder steigen.

Damit wären die Mietwachstumserwartungen wichtiger als die Realzinsentwicklung. Das bedeutet damit auch, dass realwirtschaftlich getriebene Entwicklung der Staatsanleihen Immobilienanleger zunächst nicht besonders beunruhigen muss. Anders ist dies bei steigenden Risikoprämien. Sie sind eher negativ korreliert mit der Konjunkturentwicklung und den Mietwachstumserwartungen. Damit gibt es für einen Anstieg der Risikoprämien kein Korrektiv. Am Rentenmarkt können Risikoprämien durch die Zinsdifferenz von Unternehmens- und Staatsanleihen ausgedrückt werden, am Immobilienmarkt als Differenz zwischen Anfangsrendite und der Rendite von Staatsanleihen. Es zeigt sich, dass beide sich in der Vergangenheit häufig in die gleiche Richtung entwickelt haben.

Bedingt durch die Turbulenzen an den Geld- und Kreditwährungen sind die Risikoprämien am Rentenmarkt bereits stark angestiegen. Wenn die Risiken von Unternehmensanleihen und Immobilieninvestments nicht plötzlich vollkommen getrennt von einander beurteilt werden, steht nun auch den Nettoanfangsrenditen ein Anstieg bevor. Auch wenn dieser Anstieg durch die nach wie vor hohe Liquidität gemildert werden dürfte und Immobilien in Zeiten von Finanzkrisen von ihrem Status als sichere Häfen profitieren können: die besten Jahre sind für die Märkte von Gewerbeimmobilien erst einmal vorbei.

Quelle: Der Immobilienbrief, Nr. 151, 19.10.2007