Zukunft des Asset-Management – Wer soll das bezahlen?

Von Werner Rohmert. Während die theoretische Diskussion über Definition des Asset Management und seinem Phänotyp als neuer „Stein der (Immobilien-) Weisen“ oder als überfrachtetes Schlagwort geführt wird, kommt die echte Gefahr für qualifiziertes Asset Management aus einer ganz anderen Ecke. „Wer soll das bezahlen?…“ fragen die rheinischen Jecken um diese Jahreszeit.

Mit Blick auf Asset Management trifft das natürlich auch auf die Eigentümer teuer erworbener, aber heute nicht mehr preisadäquat marktgängiger Portfolios zu. Von schleppenden Zahlungen war uns längst berichtet. Berliner Portfolios stehen reihenweise zum Verkauf. Die Einkaufs-„Expertise“ gut honorierter Recherchen von Nobel-Maklern, Großbanken und natürlich der „Eier legenden Woll-Milch-Sau“ ähnlichen, selbst ernannten Asset Managern hat bei internationalen, vertrauensgetunten Investoren zu wenig Erfolg geführt. Jetzt wird an allen Ecken gespart – besonders beim „Asset Management“.

Asset Management hat Kostenkomponenten, Informationskomponenten und Ertragskomponenten. Vermietungspotentiale sind blitzschnell durch neue Asset-Manager-Besen ausgekehrt. Instandhaltung senkt den Ertrag. Portfolio- Optimierungen unverkäuflicher Portfolios braucht kein Mensch. Englisches, täglich informiertes Berichtswesen über Wertentwicklungen macht nur in einer Richtung Spaß. Nun geht es runter. Bleibt vor allem die Kostenkomponente. Was wird jetzt aus dem internationalen Know how Export ? Zugegeben, es gab den Asset Manager in Deutschland in Form größerer Gesellschaften nicht. Ein bodenständiger Deutscher wäre nun einmal nicht auf die Idee gekommen, Eigentümerfunktionen und Management eines milliardenschweren Immobilienbestandes fremden Leuten zu überlassen. Denn nichts anderes ist Asset Management: Auslagerung von Eigentümerfunktionen auf Zeit.

Wer hätte sich in Deutschland auf die Idee vorbereiten sollen, dass jemand außerhalb seiner Kernkompetenz in 10 000 km Entfernung Milliarden sponsert, bei denen er dann auch noch Eigentümerfunktionen an regionale Geldverdiener auslagert? Als erfahrener Wellenreiter sprachlicher Neuerscheinungen erlaubte ich mir schon frühzeitig eine eher pragmatische Sichtweise. Parallel propagierte aber die intellektuell fortschrittliche Garde der Asset Manager die Tugenden des Quantensprungs im Umgang mit der Immobilie. Um den Mieter müsse man sich kümmern. Auf den Standort käme es an. Demografische Entwicklungen seien zu berücksichtigen. Internationale Preissteigerungen zögen deutsche Wohnungen mit. Deutsche Mieten seien überall im internationalen Vergleich viel zu niedrig. Die Eigentumsquote werde anziehen. Und viele weitere Arbitrage-Begründungen machten die Runde.

Die Immobilie sei eine neue Assetklasse, die in Deutschland nie hinreichend berücksichtigt worden sei. Ein Blick in die Geschichte und dezente Nachfragen, was denn ein Londoner Busfahrer in Salzgitter solle, verhallten. Vorab zum Unsinn der neuen Assetklasse: Deutschland war seit Jahrhunderten und speziell in der Nachkriegszeit bis 1993 ein Immobilienparadies mit hohen Investitionsquoten institutioneller und privater Anleger. Derivate waren allerdings bis auf Offene Fonds aus steuerlichen Gründen nicht opportun. Direktinvestments dominierten. Automatische Wertsteigerung führte natürlich manchmal zu Aussitz-Verhalten und Verwaltermentalität. Das ist in jedem Unternehmen so, das auf Erfolg programmiert ist. Da gibt es Verbesserungspotentiale. Dennoch galt immer: Wenn sich in den 60er oder 70er Jahren der Verantwortliche nicht um seinen Mieter kümmerte und den Standort vernachlässigte, war er ein mieser Immobilienverwalter.

Wer sich in den 80er Jahren nicht anständig um seine Immobilien kümmerte, war ein mieser Immobilien- oder Projektmanager. Wer sich im Verlauf der 80er und der späteren 90er Jahre nicht um die Mieter seines Bestandes kümmerte, mutierte zum miesen Portfoliomanager. Und jetzt ist so jemand nun einmal ein mieser Asset Manager. Eines ist aber richtig. Wenn Private Equity Funds mit zweistelligen Mitarbeiterzahlen beginnen, mit Milliardenportfolios jenseits der Weltmeere zu spielen, macht sich das Fehlen darauf vorbereiteter Companies bemerkbar. Kulturelle Unterschiede kommen hinzu. Der Deutsche gibt sein Geld an einen Fonds, von dem er annimmt, dass seine Kernkompetenz die Immobilie ist.

Der Amerikaner gibt sein Geld an einen Fonds, der Milliarden in Immobilien investiert, die er auf Basis seiner Excel-Kompetenz aussucht und für die er dann auch noch die Eigentümerfunktionen an Asset Manager auslagert, die über die Kernkompetenz der Beaufsichtigung der Immobilienverwalter verfügen. Eine wahrhaft fortschrittliche Idee – oder? Unterstellen wir einmal, dass die Geheimnisse des Immobilienmanagements einzelner Immobilien inzwischen in Deutschland angekommen sind. Was bleibt dann über? Originäre Eigentümerentscheidungen sind die An- und Verkaufsentscheidungen in Einzelimmobilien zur strukturellen Anpassung an geänderte Märkte oder Zeiten. Darüber hinaus spielen Portfolio-Aspekte eine Rolle – allerdings nur, wenn Handlungspotential besteht. Portfoliotheoretische Ansätze sind übrigens auch nicht die Erfindung anglophiler Immobilienspezialisten der Neuzeit.

Damit ergibt sich die Frage nach den weiteren Aspekten modernen Asset Managements über die Optimierung der Einzelimmobilie hinaus. Hier verbleiben Kostenoptimierungseffekte oder Benchmark-Effekte. Die grundsätzliche Überlegung, dass ein Asset Manager in der Lage ist, eine Portfolio-Rendite zu erzielen, die durch Synergieeffekte oberhalb der Durchschnittsrendite der Einzelimmobilien liegt, bedarf sicherlich noch ein praktischen Untermauerung. Hier werden oft Aspekte der Eigenkapitalrendite, die auf Finanz-Tuninig und schnellen Exits beruht, mit Aspekten der Immobilienrendite verwechselt. Theoretisch ermöglichen große Portfolios eine Optimierung der Mietersituation. Gerade sinnvoll gestreute internationale Portfolios dürften da zu wenig Potential bieten.

Insofern wird auch der Asset Manager am Ende des Tages feststellen, dass die optimale Immobilienrendite eines Portfolios doch am ehesten durch Optimierung der Einzelimmobilien zu erzielen ist. Ausnahmen werden diese Regel lediglich bestätigen. Die Notwendigkeit des Asset Managements wird sich also vor allem daraus ergeben, dass heute Investoren in Deutschland tätig sind, die Management und Verwaltung ihrer Immobilien gar nicht in ihre Entscheidungen aufgenommen haben. Anders als bei Wohnimmobilien werden bei Gewerbeimmobilien oft wirklich nur Immobilien und nicht der dazu gehörige Managementapparat gekauft.

Ob jedoch große deutsche institutionelle Anleger und offene Immobilienfonds dazu übergehen werden, dass Asset Management ihrer Portfolios bzw. ihre Eigentümerfunktionen an externe Asset Manager auszulagern, kann durchaus skeptisch beurteilt werden. Ich stelle mir da mit leichter Ironie einen Milliarden Euro schweren, schlanken offenen Immobilienfonds vor, der seinen Anteils-Vertrieb an Banken ausgegliedert hat und der das Management seiner Immobilien und die Vorbereitung der An- und Verkaufsentscheidungen sowie die Entscheidungen über Portfoliozusammensetzungen und Sanierungen an Asset Manager auslagert. Vorteil: Wenn was schief geht, gibt es immer einen Schuldigen.

Fazit: Asset Mangement ist nur insofern eine Erfindung der Neuzeit, als es das Problem der Jongleure mit Milliardenpaketen deutscher Gewerbeimmobilien, die nicht über adäquates Management verfügen, bislang nicht gab. Das Leistungsprofil heutigen Asset Managements ist völlig überzogen. Zwar sind in Zeiten härteren Wettbewerbs und verbesserter technologischer Hilfsmittel die Anforderungen an Immobilienmanagement heute weit höher als früher, als Fehler am Ende durch den Markt geheilt wurden. Verbesserte Datenverarbeitung hat aber wenig mit innovativem Asset Management zu tun. Portfoliotheoretische Ansätze sind gleichfalls sicherlich keine Erfindung der Neuzeit. Bleiben wird vor allem der Begriff, zumindest bis zur nächsten internationalen Innovation der kommenden Welle, Englisch als Berichtssprache, häufigere und hübsche Diagramme und Excel-Sheets und natürlich die bewegende Erkenntnis: „Auf den Mieter kommt es an“.

gi24/DIB, Nr. 188

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*