King Sturge: Europäische Büroimmobilienmärkte – Zuversicht auf dem Investmentmarkt
Die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit hat auch die europäischen Immobilienmärkte – insbesondere das Bürosegment – stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Nachfrage nach Büroflächen bricht dieses Jahr in Westeuropa vermutlich um durchschnittlich 29 Prozent ein, in Mittel- und Osteuropa sogar um 51 Prozent nach einem robusten Wachstum in 2007 und 2008. Die Marktturbulenzen treffen neben Irland und Großbritannien, wo Banken- und Finanzwirtschaft eine große Rolle spielen, insbesondere Metropolen, die von internationalem Einfluss stark abhängig sind. So sinkt die Nachfrage nach Büroflächen in Amsterdam um 42 Prozent, in Paris um 28 Prozent, in Brüssel um 26 Prozent und in Frankfurt um 13 Prozent. In Zentral- und Osteuropa sind insbesondere Prag, Budapest und Warschau betroffen. Dies ist das Ergebnis der aktuellen King Sturge-Studie, die die Büroimmobilienmärkte von 45 europäischen Städten untersucht.
Deutschland: relativ stabiler Büromarkt
Aufgrund der eingebrochenen Nachfrage nach Büroimmobilien wird die Leerstandsquote in westeuropäischen Städten um durchschnittlich zehn Prozent steigen, in den osteuropäischen Märkten, die später von der Wirtschaftskrise erreicht wurden, um sogar 15 Prozent. In Moskau könnte der Leerstand Ende 2009 angesichts der zahlreichen in der Entwicklung steckenden Projekte (fast eine Million Quadratmeter) mehr als 30 Prozent erreichen. In Paris steigt die Leerstandsquote auf sieben Prozent, in London West End auf knapp 10 Prozent und in London City auf 15 Prozent. Spitzenreiter in Westeuropa wird voraussichtlich Dublin mit etwa 20 Prozent sein.
„In Deutschland behauptet sich Berlin gegenüber den klassischen Bürostandorten relativ gut“, stellt Sascha Hettrich, Managing Partner von King Sturge Deutschland, fest. „Während Berlin im Office-Segment voraussichtlich Ende 2009 eine Leerstandsquote von 8,4 Prozent haben wird und die Nachfrage nach Büroflächen von 490.000 Quadratmetern 2008 auf etwa 420.000 Quadratmeter sinken wird, verzeichnet die Finanzmetropole Frankfurt eher höhere Einbrüche.“ Laut King Sturge-Studie sinkt in Frankfurt die Nachfrage nach Büroflächen von dem Rekordwert 550.000 Quadratmeter in 2006 und 2007 über 390.000 Quadratmeter im vergangenen Jahr auf vermutlich 340.000 Quadratmeter Ende 2009. Der Leerstand könnte Ende des Jahres sogar bei 16,0 Prozent liegen. In München wird die Leerstandsquote voraussichtlich auf 8,6 Prozent steigen, die Büroflächennachfrage von 570.000 Quadratmetern in 2008 auf etwa 470.000 Quadratmeter fallen.
Londoner Büromarkt zieht an
Zwar führt der Büromarkt in Central London dieses Jahr den Abschwung des Mietermarktes mit voraussichtlich 40 Prozent Flächenumsatz an, doch zeichnet sich bereits ab, dass das erste Halbjahr 2009 der Tiefpunkt des aktuellen Zyklus war und sich einige Märkte wie der der britischen Hauptstadt von der Talsohle aus wieder leicht aufwärts bewegen. Trotz weiter sinkender Spitzenmieten ist London nach wie vor Europas teuerster Bürostandort. Die Miete für hochwertige Büroimmobilien in erstklassigen Lagen liegt in West End aktuell bei 70,80 €/m²/Monat (2008: 124,75 €/m²/Monat), in der City bei 46,15 €/m²/Monat (2008: 65,25 €/m²/Monat). Während sich in London das Absinken der Spitzenmieten bereits verlangsamt, trifft andere Metropolen der Mieteinbruch vehement. So sank in den vergangenen zwölf Monaten die Spitzenmiete für Büros in Dublin um 25 Prozent, in Paris um 22 Prozent, in Madrid um 15 Prozent und in Amsterdam um 10 Prozent.
„Der immense Druck auf die Spitzenmieten bringt Mieter in eine gute Verhandlungsposition“, erklärt Hettrich. „Vermieter bieten attraktive Incentives wie mietfreie Zeiten oder die kostenlose Übernahme von Umbauarbeiten an.“ Im Ranking der Bürospitzenmieten folgen auf London Genf mit 69,40 €/m²/Monat (2008: 45,50 €/m²/Monat), Paris mit 54,15 €/m²/Monat (2008: 69,15 €/m²/Monat), Zürich mit 50,00 €/m²/Monat (2008: 48,85 €/m²/Monat) und Moskau mit 48,00 €/m²/Monat (2008: 94,90 €/m²/Monat). In Frankfurt beträgt die Spitzenmiete aktuell 32,50 €/m²/Monat (2008: 36,50 €/m²/Monat), in München 30,00 €/m²/Monat (2008: 33,00 €/m²/Monat) und in Berlin 21,00 €/m²/Monat (2008: 23,00 €/m²/Monat). Das Absinken der Bürospitzenmieten hat mittlerweile auch Osteuropa erreicht, das im vergangenen Jahr noch Wachstumstendenzen verzeichnete. So brach in Moskau die Spitzenmiete sogar um 42 Prozent ein.
Trotz aller Negativmeldungen gibt es erste Zeichen der Stabilisierung auf den Büromärkten. In London weist das verlangsamte Absinken der Spitzenmieten sowie die Konsolidierung der Renditen auf eine langsame Erholung hin. In London West End liegt die Rendite bei 5,50 Prozent, in London City bei 6,50 Prozent. Zudem zeigt der Markt seit dem Tiefpunkt zum Jahreswechsel wieder Investorenaktivität – u. a. wegen der attraktiven Preise und dem niedrigen Pfund-Kurs. Im Fokus der Deals stehen allerdings ausschließlich Premium-Produkte, das heißt hochwertige Büroimmobilien in sehr guten Lagen, die sichere Einnahmen aufweisen. Auch auf den deutschen Büroimmobilienmärkten in Berlin, München und Frankfurt, die aktuell jeweils eine Rendite von 5,50 Prozent haben, gibt es wieder auflebendes Investoreninteresse und Deals bei hochwertigen Objekten. Hettrich kommentiert: „Zwar bricht in einigen Märkten die Paralysierung des Investment-Marktes sukzessive auf, doch liegt das Transaktionsvolumen noch immer auf einem niedrigen Niveau. Banken sind weiterhin restriktiv bei der Kreditvergabe, Investoren setzen auf Sicherheit.“ Vorerst werde der Markt vor allem durch Kapitalanleger und Investoren beherrscht, die über genügend Eigenkapital verfügen.
„Daher gilt Deutschland trotz niedrigerem Renditeniveau im europäischen Vergleich als attraktiver Investitionsstandort“ erläutert Hettrich.
Ausblick
Der osteuropäische Büroimmobilienmarkt, der erst später von der Krise erfasst wurde, verzeichnet große Ungewissheiten. In Teilen Westeuropas hingegen scheint die tiefe Rezession überwunden zu sein. Für Deutschland verzeichnet der King Sturge Immobilienkonjunktur-Index, der die Stimmung in der deutschen Immobilienbranche widerspiegelt, seit dem Tiefpunkt im März 2009 eine kontinuierliche – wenn auch langsame – Aufwärtsbewegung. „Auf dem Investmentmarkt, der unmittelbar nach der Finanzkrise vor einem Jahr durch einen massiven Transaktionseinbruch betroffen war, gibt es seit Beginn des dritten Quartals wieder wachsende Zuversicht“, so Hettrich. „Die Renditen haben sich stabilisiert, zwischen Käufern und Verkäufern gibt es eine Preisfindung, und vereinzelt finden sogar wieder größere Deals statt. Euphorie ist allerdings nicht angebracht.“ Das Risikopotenzial sei besonders in Ländern mit starker Bankenkonzentration und bedeutendem Finanzmarkt noch hoch. Entscheidend sei nun der Zugang zu Fremdkapital.
Auf den Vermietungsmärkten zeichnet sich gegenwärtig eine gegenläufige Entwicklung zum Investmentmarkt ab. Hier hinterließ die Wirtschaftskrise nicht unmittelbar ihre Spuren. Doch da sich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zeitversetzt auf den Büroimmobilienmarkt auswirkt, ist die Nachfrage nach Büroflächen aktuell unter Druck. Dies spiegelt sich in den steigenden Leerstandsquoten und den sinkenden Spitzenmieten wider, die sich für Deutschland im Vergleich zu Europa jedoch deutlich zurückhaltender zeigen.
Das Jahr 2010 wird vermutlich durch eine längere Phase der Stagnation gekennzeichnet sein. Für die meisten Länder wird erst 2011 bis 2012 die Rückkehr zum Wachstum erwartet. „Aufgrund des niedrigen Preisniveaus können Kapitalanleger und Investoren jetzt noch zu attraktiven Konditionen in Core-Immobilien investieren“, so Hettrich. „Das Zeitfenster wird aber immer enger.“ (gi24/King Sturge)
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