Handelsimmobilien: Globalisierung setzt sich auch im Einzelhandel immer stärker durch

Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“

Europas Großstädte gleichen sich optisch immer stärker an – jedenfalls was die Handelskonzepte in den Top-Einkaufsstraßen anbelangt. Vor allem die Angleichung der Konsummuster bei den jüngeren Konsumenten macht es möglich, dass sich die Globalisierung auch im Einzelhandel immer stärker durchsetzt. Damit wird das eherne Gesetz früherer Jahre „All retail is local – Handel ist eine regionale Angelegenheit“ zumindest teilweise aufgehoben. Dieser Grundsatz hatte noch bis Ende der 1980er-Jahre der Internationalisierung des Einzelhandels enge Grenzen gesetzt. Als Anfang der 1990er-Jahre der gemeinsame europäische Markt verwirklicht wurde, diskutierten Deutschlands Einzelhändler noch darüber, was ihnen die Liberalisierung nutzen könnte? Es waren gerade einmal Metro und der Otto Versand, die in größerem Umfang Umsatz im Ausland erzielten.

Dabei markierte die Expansion der westeuropäischen Einzelhändler in Mittel- und Osteuropa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Mitte der 90er-Jahren noch nicht einmal den Beginn der Globalisierungsphase, da die dortigen Volkswirtschaften in Ermangelung eigener Konsum- und Einzelhandelsstrukturen auf den Import aus dem Westen angewiesen waren. Es hätte Jahrzehnte gedauert, bis diese Länder ihre eigenen Handelskonzepte entwickelt hätten. Hier musste der Einzelhandel sich keinem harten Wettbewerb stellen. Aber es war ein Fundament für die Internationalisierungsstrategie.

Doch seit einigen Jahren verstärken westeuropäische und US-amerikanische Handelsketten die Internationalisierung – und zwar auch in Märkte, die bereits gut ausgestattet sind mit Handelskonzepten. Das wird in Deutschland seit dem Anspringen der Konjunktur 2005 und dem verstärkten Interesse ausländischer Investoren an hiesigen Handelsimmobilien spürbar. Es sind vor allem die findigen Handelsketten mit bekanntem Marken-Image und die namhaften Markenhersteller, die bei der Eröffnung ihrer Mono-Label-Stores von ihrer internationalen Bekanntheit profitieren können.

Für die Entwicklung der Innenstädte bietet dieses Interesse durchaus Vorteile. Der wachsende Nachfragedruck nach Top-Ladenlokalen, den Kemper’s Jones Lang LaSalle auch im 1. Quartal 2008 gemessen hat, lässt die Mieten steigen, sodass Handelsimmobilien in Top-Lagen lukrative Anlageobjekte bleiben. Ein Beleg dafür sind die vielen innerstädtischen Revitalisierungsprojekte. Hier gilt es für die Anrainer der Straßen und die Kommunen ihre Chance zu nutzen und mit pfiffigen Konzepten für Gastronomie und attraktive Straßenraumgestaltung wieder Flair und damit wirkliches Leben in die Innenstädte zu holen. So könnte die größte Gefahr der Globalisierung gebannt werden: Dass die Ansiedlung der immer gleichen Handelskonzepte wiederum Monotonie erzeugt.

Quelle: HIR, 06.06.2008

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