Von Dr. Uwe Koch
Die letzten Jahre haben wir einen schönen Aufschwung genossen. Die Frage war immer, wann er wohl wieder vorbei ist. Jetzt scheint es so zu sein und manche reden bereits von einer Rezession. Gestern kamen die Zahlen vom Statistischen Bundesamt und tatsächlich, nachdem das Bruttoninlandsprodukt in den letzten Jahren Quartal für Quartal gewachsen ist, ist es jetzt im 2. Quartal 2008 zum ersten Mal wieder geschrumpft: um 0,5 Prozentpunkte.
Klar ist, die Aussichten sind einiges trüber geworden. Die Dienstleistungsbranche etwa kann sich dem noch entziehen und sieht noch Wachstumspotenzial. Branchen wie der Maschinenbau sind froh, das Niveau noch ein wenig halten zu können. Aber wenig Positives erwartet der Einzelhandel – der merkt sofort, wenn die Menschen den Zeiten nicht trauen.
Die Welt des Einzelhandels, allen voran des Kaufhaussegements hat Risse. Die Kunden sind abwartend und preisbewusst. Haben die Kunden in den 70er Jahren noch ausreichend Geld in den Warenhäusern liegen lassen, sind die Ausgaben in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen. Der Marktanteil der Kaufhäuser ist innerhalb der letzten 30 Jahre abgestürzt von 12% auf rund 4%. Hertie ist pleite, Sinn Leffers ebenso. Kaufhof steht zum Verkauf, der Mutterkonzern Metro will die Kaufhäuser baldmöglichst loswerden. Karstadt ist im Minus und weiter auf der Suche nach einem Überlebenskonzept.
Der Kunde ist sparsam geworden. Steigende Benzin- und Energiepreise sowie die Preissteigerungen für Lebensmittel fressen jene Euro, die den Kaufhäusern in den Kassen fehlen. Online-Shopping, Fachmärkte und insbesondere die Discounter bzw. Billiganbieter wachsen. Es gilt: Je billiger desto schneller und die Entwicklung der Marktanteile spricht Bände.
Das Segment der Billiganbieter kam Anfang der 80er Jahre gerademal auf 24%, das mittlere Segment, das Kaufhaussegment, lag damals bei satten 49%. Bereits in zwei Jahren, im Jahr 2010, wird sich dies umgekehrt haben. Der Marktanteil der Billiganbieter liegt dann bei 50% und das Kaufhaussegment bei rund 13%.
Entwicklung Marktanteile Billiganbieter vs. Kaufhaussegment 1981 bis 2010 (in %)
Quelle: Eurohypo AG, Innerstädtische Warenhäuser – Investmentmarkt mit Risiken und Chancen, 2005, S. 7
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Das Rückrad unserer Gesellschaft, der Mittelstand, bricht offensichtlich mehr und mehr weg, was zu einer Zweispaltung der Gesellschaft geführt hat und die starke Discountierung in den letzten Jahren zusätzlich beflügelte. Man achtet auf den Preis und in der Folge gewinnen die Discounter immer mehr Marktanteile. Es sind Lebensmittel-Discounter wie Aldi, Lidl oder preisbetonte SB-Warenhäuser und Fachmärkte à la Media Markt „Wir können nur billig“ und Saturn „Geiz ist geil“ sowie die Cash & Carry-Großmärkte von Metro, die erfolgreich expandieren. Es ist das Geschäft mit den preiswerten Massenwaren, welches im deutschen Einzelhandel den Ton angibt.
Natürlich gibt es noch eine Gruppe in unserer Gesellschaft, die sich sehr viel leisten kann („Hochpreissegment“). Jene Mitglieder unserer Gesellschaft gehen aber nicht unbedingt in ein Kaufhaus, sondern shoppen in ihren eigenen Einkaufsstätten & Boutiquen in Deutschlands Edelmeilen, wie in der Maximillianstrasse in München oder auf der Düsseldorfer Kö.
Die Kaufhäuser versuchen dieser Entwicklung entgegen zu steuern mit täglichen Angeboten und Preiskrachern. Andererseits ist die Schaffung von Einkaufswelten und Premium angesagt, das Geschäft im Hochpreissegment, Marken- und Edelshops im Kaufhaus – mehr Luxus, den sich immer weniger leisten können.
Karstadt setzt bereits auf Edel (Kaufhaus der Zukunft in Essen). Doch das Geschäft im gehobenen Segment, so Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin des Handelsimmobilien Reports,
„in dem sich auch die Warenhäuser etablieren müssen, wenn sie überleben wollen, und das Geschäft mit Mode erfordern Phantasie, Liebe zum Detail und die Fähigkeit, den Kunden emotional anzusprechen. Insofern ist die Entscheidung von Sinn-Leffers, auf Markenprofil, emotionale Warenpräsentation und gute Bedienung zu setzen, ein wichtiger Schritt aus der Krise.“
So geht man in den Kampf um den Kunden, der möglicherweise ein Kampf um das Überleben wird.
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