Von Ruth Vierbuchen – Die Verhandlungen zwischen Hertie-Insolvenzverwalter Biner Bähr und den Gläubigern der britischen Mutter Dawnay, Day über eine Lösung, die allen gleichermaßen Vorteile bringt, laufen auf vollen Touren. Davon auch tangiert: die Deutsche Bank als Financier. Doch bisher bleibt die Lage unübersichtlich und schwer einschätzbar. So ist bei der insolventen Hertie GmbH in Essen erst einmal „business as usual“ angesagt. Nachdem Insolvenzverwalter Biner Bähr, Partner der internationalen Anwaltskanzlei White & Case, in der ersten Februar- Woche nach London gereist war, um mit den Gläubiger-Vertretern der Hertie-Mutter Dawnay, Day über eine einvernehmlich Lösung zu verhandeln, geht in Deutschland der Prozess der Sanierung zunächst einmal weiter:
So wurde mit dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich über die Schließung der 19 Hertie-Filialen getroffen, für die keine Zukunft mehr gesehen wird (siehe HIR Nr. 39 vom 30.1.2009). Geregelt wurden darin die Zeitpunkte für die Schließung. Danach haben die Häuser in Essen-Altenessen, Essen-Borbeck, Duisburg-Walsum und Kassel bereits am 12. Februar zu gemacht, ein weiterer Teil wird Ende des Monats und die letzten der 19 Filialen voraussichtlich am 7. März geschlossen.
Zudem wurde vereinbart, dass vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens – Hertie befindet sich noch in der Vorphase – keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden, die Mitarbeiter der aufgegebenen Filialen also vorerst weiter beschäftigt werden. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird mit dem Betriebsrat ein Sozialplan ausgehandelt werden.
Wie der Immobilienvermarkter Atisreal zudem bereits früher mitgeteilt hatte, sind sechs der 62 Hertie-Filialen, die der gleichfalls insolventen britischen Dawnay, Day gehören, inzwischen verkauft und die Mietverträge für alle 62 Häuser gekündigt. Der vorläufige Insolvenzverwalter Bähr hatte die Kündigung akzeptiert, da er die aus seiner Sicht überhöhten Mietverträge mit dem Eigentümer neu verhandeln wollte, um mit niedrigeren Mieten eine betriebswirtschaftlich tragfähige Lösung für das Warenhausunternehmen zu finden. Auch deshalb dürfte er nach London gereist sein. So weit ist die Lage bei Hertie klar, doch danach wird es kompliziert. Bähr sieht seine besten Chancen darin, im Rahmen einer übertragenden Sanierung das Unternehmen an einen Investor zu verkaufen. Dabei spielen die Immobilien eine ganz entscheidende Rolle, das sind die größten Werte bei Hertie. Doch Dawnay, Day hat bekanntlich bereits vor geraumer Zeit Atisreal mit der Vermarktung der Objekte betraut.
Und Christoph Meyer, Mitglied der Atisreal-Geschäftsleitung macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Auftrag äußerst wichtig ist. So sagte er bspw. gegenüber der NRZ, dass Projektentwickler und Einzelhändler großes Interesse an vielen Häusern zeigten, auch wenn sie von Hertie aufgegeben würden. Marktbeobachter bestätigen, dass Einzelhändler einzelne Standorte für die eigene Nutzung prüfen lassen. Allerdings gibt es auch Investoren, die nur an vermieteten Objekten interessiert sind. Development Partner und die Münchner Bucher Property GmbH, die zwei Hertie-Standorte in München übernommen haben, werden an dem Deal festhalten, egal ob Hertie als Mieter bleibt oder die Objekte nach Auszug entwickelt werden müssen.
Wie groß die Zahl der Interessenten ist, die an Hertie-Häusern interessiert sind, auch wenn Hertie auszieht, teilte Atisreal auf Anfrage des „Handelsimmobilien Reports“ allerdings nicht mit. Bei Vorstellung seines Restrukturierungsprogramms Ende Januar hatte Insolvenzverwalter Bähr allerdings auch klar gemacht, dass er die 54 überlebensfähigen Filialen nur weiter führen kann, wenn die Mieten „auf ein marktübliches“ Niveau gesenkt werden und bis Ende Februar eine Einigung mit einem Investor erzielt werden kann.
Das dürften im Kern die Themen gewesen sein, über die sich Bähr in London mit den Dawnay-Day-Gläubigern unterhalten hat. Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, wird sich Ende Februar die Zukunft von Hertie entscheiden. Inzwischen haben sich auch die Bürgermeister von sieben Hertie-Standorten eingeschaltet, um politischen Druck aufzubauen, damit die Deutsche Bank als Verantwortliche für die Finanzierung des Immobilien-Deals von den hohen Mieten abrückt.
Sollte Hertie gezwungen sein, den Geschäftsbetrieb einzustellen, weil kein Investor einsteigt, wird sich zeigen, ob die Zuversicht von Atisreal-Manager Meyer, dass er auch ohne Hertie als Mieter die restlichen Filialen vermarkten kann, begründet ist. Einfacher ist es, für Hertie und die Immobilien eine Gesamtlösung anzustreben. So hätte Hertie eine Zukunft. Marktkenner befürchten nämlich, dass ein Teil der Standorte nur attraktiv ist, wenn Hertie als Betreiber erhalten bleibt. Und das dürfte auch für die Gläubiger von Dawnay, Day – und damit die Deutsche Bank – von Interesse sein.
HIR, Nr. 40
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