Von Werner Rohmert
Mit einer zwiespältigen These fasste Klaus Trescher, Chef des Offenen Immobilienfonds TMW Deutschland als einer der erfahrenen institutionellen Investoren die aktuelle Immobilienmarkt- Situation auf einer IIR-Tagung „Immobilientrends institutioneller Investoren“ letzte Woche zusammen. Die beiden kommenden Jahre böten institutionellen Investoren mit verfügbarem Eigenkapital historische Einkaufschancen wie in den letzten Jahrzehnten z. B. 1990 in USA oder 97/98 in der Asienkrise. Gewinnen wird, wer Eigenkapitalzugang hat. Gleichzeitig impliziert die Aussage natürlich auch eine dramatische Marktentwicklung für diejenigen, die die Finanzkrise zur Anpassung ihrer Immobilienbestände zwingt.
Wenn derzeit auf dem Investmentmarkt überhaupt noch etwas gehe, dann nur noch im Core-Bereich, fasste Gunars Balodis von Invesco zusammen. Besonders hart könnte es die Märkte in Asien oder den Emerging Countries treffen. Allein der Blick nach London – andere US- und Westeuropa-Metropolen werden folgen – eröffnet derzeit herausragende Investmentchancen in reifen, transparenten und kalkulierbaren Märkten. Es gäbe keinen Grund, die volkswirtschaftliche und politischen Risiken und Standort-Unwägbarkeiten junger Märkte einzugehen. Taktische Anleger hätten in reifen Märkten herausragende Chance.
Der Blick auf die Immobilien- und Investmentmärkte gibt neuen Stoff zum Nachdenken. Über die Nachfragepower von Reits und Immobilienaktien braucht derzeit kein Wort verloren werden. Internationale Nachfrage ist tot. Private Equity Fonds dürften sich eher auf Verkäuferseite wiederfinden.
Aber auch die stabilen Investoren verschwinden von der Bildfläche. Erste Überraschung ist, dass der Verfall der Aktienkurse den Zwang zum Verkauf von Immobilien institutioneller Anleger beinhaltet. Durch den Kursverfall der Aktien steigt bei konstantem Wert rechnerisch der Immobilienanteil eines Portfolios. Bei vorgegebener Quote müssen Immobilien verkauft werden. Institutionelle Investoren, die unter Sicherheitsgesichtspunkten eigentlich kaufen müssten, schlagen sich auf die Verkäuferseite oder können bestenfalls stillhalten.
Zweite Überraschung der letzten Wochen war, dass Offene Immobilienfonds, die in vergangenen Krisen immer als Regulativ am Markt auftraten und bis vor kurzem mit hoher Liquidität dem Markt Stabilität versprachen, zunächst auch einmal gelähmt sind. Die freie Liquidität ist weg. Über eine Drittel des gesamten deutschen offenen Immobilienfondsvolumens ist eingefroren. Selbst wenn sich die Situation bei den Dachfonds, die ihre Liquidität in offenen Fonds unter Tagesgeld-Renditevergleichsgesichtspunkten geparkt hatten und die sie in Panik wieder abzogen, wieder soweit entspannt, dass die Fonds ohne die Befürchtung eines Runs der „Tagesgeldanleger“ wieder aufmachen können, werden sie keinen hohen Anlagedruck mehr ausüben. Hier muss eher noch Liquidität für die Konsequenzen der Verunsicherung bei breiten Anlegerkreisen gebunkert werden. Wie zudem eine Routineanfrage von Der Platow Brief beim BaFin ergab, könnten sich nach § 81 InvG manche Offene Fonds schnell auf der Verkäuferseite finden, bzw. als Nachfrager komplett ausfallen.
Trotz herausragender Einkaufschancen, die die Profis vorhersagen, gibt es kaum noch handlungsfähige Nachfragergruppen. Für viele Objekte mit Vermietungspotential, deren intensivierter Handel, wie wir Ihnen schon aufzeigten, immer den Höhepunkt eines Booms markieren, gibt es dann keine Käufer mehr.
Anders als die Investoren der Tagung, die für die Immobilie in Deutschland generell eher optimistisch sind – es gebe derzeit lediglich eine Investorenkrise (distressed seller) und keine Immobilienkrise – sehen wir auch die Vermietungsmärkte in Gefahr. Für Deutschland spricht lt. Balodis, dass anders als in früheren Schwächephasen derzeit nur wenig Büroflächen im Bau sind, so dass keine Welle fertiger Objekte ohne Vorvermietung auf den Markt kommt. Aus Sicht von „Der Immobilienbrief“ macht allerdings der Blick auf die Vermietungsmärkte deutlich weniger Freude, als es die Argumentation der Profis vermuten lässt. Anders als in früheren Zyklen schließt diesmal auch die Hochkonjunktur noch mit Leerständen ab, die höher sind als die Leerstände früherer Krisenphasen. Insofern steht für „Der Immobilienbrief“ auch die versprochene Stabilität deutscher Gewerbeimmobilienmärkte in Frage. Nachfragegruppen, die Preise stabil halten könnten, sind kaum in Sicht. Die Unvermeidlichkeit einer harten Rezession ist inzwischen allgemeiner Konsens. Das muss auch die Vermietungsmärkte tangieren. Personalkürzungen speziell im Finanzdienstleistungssektor und auch in der Realwirtschaft werden ebenso wie Mieterpleiten die Vermietungsquoten der Portfolien treffen und Neuvermietungen erschweren und verbilligen.
Die Effekte angelsächsischer Assetmanagement-Strategien haben sich als „Neue Besen“-Effekte längst nivelliert. Aus einer Investoren- und Nutzer-Krise muss unvermeidlich auch eine (Gewerbe-) Immobilienkrise resultieren. Das gilt auch für andere europäische Metropolen und verstärkt natürlich für USA. Auch hier machen viele Investoren noch auf Optimismus, aber aus einer kanadischen Investorenkonferenz zeichnet für uns Daniel Borger für die USA ein durchweg ein düsteres Bild. Ein wichtiges Indiz der Markteinschätzung vor Ort ist, dass sich zahlreiche Distressed Asset Fonds für den Erwerb von Notverkäufen für die zweite Jahreshälfte 2009 ankündigen. Kanada kommt nach Borgers Ansicht besser weg als USA.
Quelle: DIB, Nr. 181
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