Wann funktioniert der US-Immobilienmarkt wieder?

DIB-Interview mit Volker Arndt, Geschäftsführer US Treuhand

Immobilienbrief: Herr Arndt, wie ordnen Sie die derzeitigen Tendenzen auf den US-Immobilienmärkten in die historische Entwicklung ein?

Arndt: Den US-amerikanischen Immobilienmarkt gibt es nicht, bei der Beurteilung muss man sowohl nach Marktsegmenten als auch nach Regionen differenzieren. Ein Beispiel: Ausgelöst wurde die Subprime-Krise durch die erleichterte Kreditfinanzierung von Einfamilienhäusern, die aufgrund der niedrigen Zinsen zu einer Preissteigerung der Eigenheime führte. Inflationsbereinigt liegt der Preis für eine Durchschnittsimmobilie heute jedoch nur rund 15 % über dem Niveau von 1980 und rund 20 % oberhalb der Durchschnittspreise aus den Jahren 1980 bis 1995 und ist seit gut zwei Jahren rückläufig. Daraus schließen wir: Eine Bodenbildung steht mittelbar bevor, das dürfte die US-Wirtschaft mittelfristig wieder stärken.

Immobilienbrief: Könnten Sie unseren Lesern diesen Zusammenhang kurz erläutern?

Arndt: Die US-Wirtschaft ist in viel höherem Maße als unsere europäische durch die Binnennachfrage geprägt: Rund 70 % des Bruttosozialproduktes werden durch den inländischen Konsum generiert. Geht es dem Verbraucher gut, floriert die Wirtschaft. Deshalb ist eine Stabilisierung des Immobiliensegments „Eigenheime“ so wichtig.

Immobilienbrief: Und welche Entwicklungen erwarten Sie auf dem Markt für Gewerbeimmobilien, der ja für deutsche Anleger eher als Anlageziel interessant ist?

Arndt: Das Preisniveau für Gewerbeimmobilien ist parallel zu den Eigenheimpreisen gestiegen, da die höhere Bewertung ihrer Immobilie die Kauflaune der US-Konsumenten deutlich beflügelt hat. Erkennbar ist diese Entwicklung am Einkaufsfaktor für Gewerbeimmobilien, der in Zeiten niedriger Zinsen und intensiver Nachfrage von Seiten nationaler und internationaler Anleger in den letzten Jahren von 12 bis 15 auf bis zu 15 bis 20 gestiegen ist. Die Bandbreite repräsentiert jeweils die Differenzierung nach Immobilientyp, Lage und regionalen Besonderheiten. In New York, San Francisco und Los Angeles waren beispielsweise sogar Faktoren von 20 bis 25 zu verzeichnen.

Immobilienbrief: Wer hat denn solche Preise noch gezahlt?

Arndt: Angetrieben wurde dieser Hype auch und gerade durch Banken, die mit hohen Fremdfinanzierungen einen Leverage von 90 oder gar 95 % bei solchen Rekord-Transaktionen ermöglichten. Heute sind solche Deals kaum mehr durchführbar, weil Fremdkapital schwieriger zu erhalten ist. Wir halten das für eine gesunde Entwicklung: Nicht mehr das kurzfristige Wertsteigerungspotenzial, sondern die langfristige Rentabilität einer Immobilie steht im Fokus, sowohl der Banken als auch der Investoren. Bei Einkaufsfaktoren von 12 bis 15 bewegt sich der Fremdkapitalanteil heute im Schnitt bei 60 bis maximal 70 %.

Immobilienbrief: Dann müßten die Preise für Gewerbeimmobilien logischerweise auf breiter Front nachgeben, davon ist jedoch noch wenig zu merken. Woran liegt das?

Arndt: Oft hört man die Ansicht, das sinkende Transaktionsvolumen (in Miami im ersten Quartal 2008 um 66 % unter Vorjahresniveau!) sei auf die Zurückhaltung potentieller Käufer zurückzuführen. Dem ist jedoch nicht so: Das Problem liegt auf der Verkäuferseite, die die niedrigeren aktuellen Preise noch nicht akzeptieren, sondern noch von den „goldenen Zeiten“ träumen. Langfristig, das heißt bis Ende nächsten Jahres, dürften sich jedoch die historisch gültigen Maßstäbe wieder durchsetzen, so dass Einkaufsfaktoren von deutlich über 15 nur noch in wenigen Ausnahmefällen am Markt erzielbar sein werden.

Quelle: DIB, Nr. 169, 27.06.2008