Analysten prophezeien schlechte Zeiten für Immobilien AGs

Von Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“

Die Immobilienanalysten von Morgan Stanley (MS) in London haben nach Recherche der IZ ihre Kursziele für kontinentaleuropäische Immobilientitel um durchschnittlich 23% gesenkt. Gleichzeitig warnen die Analysten von Lehman Brothers (LB) vor der hohen Fremdkapitalquote speziell der großen deutschen Immobilien-AGs. Deren Fremdkapitalquote läge bei 75%, während der europäische Durchschnittswert mit 31% deutlich niedriger sei. Wir hatten Sie bereits regelmäßig darauf hingewiesen, dass die AG langfristig die unglücklichste Rechtsform zum Halten von Beständen ist, da sie u. a. auf Grund der Bewertungsproblematik keine Abschirmung gegen schlechte Marktentwicklungen bietet.

 

Wenig hilfreich bei der Abwehr schlechter Börsenstimmung ist dann besonders fehlende Transparenz, die Analysten verunsichert. Wir hatten das schon in den letzten Euphoriephasen der Immobilienaktie in der 90ern moniert. Jetzt bemängelt das Ergebnis des ersten Transparenz-Ratings von Feri Rating & Research gerade die unzureichende Transparenz bei deutschen Immo-AGs.

Morgan Stanley rechnet mit einer längeren und härteren Preiskorrektur am europäischen Immobilienmarkt. Dies wirkt sich bei hoher Fremdfinanzierung überproportional auf den NAV aus. Eine zusätzliche Volatilitäts-Warnung gibt deshalb MS für die hoch fremdfinanzierten deutschen Immobilientitel Eurocastle, DIC Asset, Gagfah und IVG ab. Bei uns stehen zusätzlich noch einige Wohnungs AG’s auf der Watchlist, bei denen anders als bei den hier genannten Schwergewichten eine „Volatilitätswarnung“ eine vornehme Umschreibung existenzgefährdender Finanzierungen z. B. mit einem Schwerpunkt auf ein ausländisches Kreditinstitut ohne Hausbank-Einstellung sein kann. Bei einer wahrscheinlich durchschnittlichen Finanzierungsdauer von vielleicht drei Jahren könnte da ab kommendem Jahr manch böses Erwachen kommen.

Die traditionell hohe Fremdmittelquote in Deutschland ist lt. Lehman Brothers ein Ergebnis der relativ stabilen Immobilienmärkte. Banken und Aktienanleger dürften aber aus etwaigen Verwerfungen lernen. Das könnte dann für einige AG’s der Einstieg in eine Spirale bedeuten. Der Handlungsspielraum von Immobilien AG’s, jetzt noch Kapital zu beschaffen, ist allerdings begrenzt.

Bewertungsänderungen, daraus resultierende Bilanzverluste, evtl. noch konjunkturbedingt hinzu kommende Vermietungsprobleme und daraus wieder resultierende Bewertungsfragen katapultieren leicht aus dem Kapitalmarkt. Der Verzicht auf Ausschüttungen ist unpopulär. Der Verkauf von Immobilien bringt nur bei hoch getilgtem, altem Bestand etwas. Aktuell dürfte ein Immobilienverkauf vielfach kontraproduktiv sein. Für Kapitalerhöhungen ist die Zeit denkbar schlecht.

Erschwerend kommt hinzu, dass Investoren am Kapitalmarkt mangelnde Transparenz mit Risikoabschlägen abstrafen. Helmut Knepel, Vorstand der Feri Finance AG, erklärt so auch,

dass bei vielen Gesellschaften der Börsenwert deutlich unterhalb der NAV’s liegt. Und die schmilzen nach unseren Erfahrungen derzeit sowieso wie Schneebälle auf der Herdplatte.

Besonders Immobilienaktiengesellschaften mit Schwerpunkt auf Wohnimmobilien lassen lt. Feri deutliche Mängel bei der Transparenz erkennen. Im Ländervergleich fällt auf, dass der Transparenzgrad österreichischer Gesellschaften im Durchschnitt am geringsten ist und das, obwohl österreichische Immo-AGs bei Investoren beliebt sind. Rückblickend auf manches Österreich-Gespräch halten wir da zurückhaltende Transparenz für eine gute Strategie. „Si tacuisses, …“

Quelle: DIB, Nr. 172, 08.08.2008