Einkaufen unter Glas – Zwischen Moderne und Tradition

Von Ruth Vierbuchen

Shopping-Center sind die Konsumtempel der Neuzeit, witterungsunabhängige Einkaufswelten unter Glas. Doch in ihrem Selbstverständnis sucht die Shopping-Center-Szene die Rückbesinnung auf die Ursprünge des urbanen Lebens, den Wurzeln der Stadt.

Da die Entwickler von Shopping-Centern heute die technischen Möglichkeiten haben, eine ganze innerstädtische Einkaufswelt, die in den Cities normalerweise über Jahre, Jahrzehnte und Generationen wächst, in kurzer Zeit und auf begrenztem Raum nachzubauen, orientiert sie sich an den Ursprüngen des menschlichen „Handelns“, den Marktplätzen. Wolfgang R. Bays, Vorsitzender des German Councils of Shopping Center (GCSC), drückt das so aus:

"Der Boom großformatiger Handelsimmobilien – besonders in den Innenstadtlagen – ist daher die Renaissance von uralten Handelstraditionen der europäischen Menschen in den Städten.“

Der GCSC, der deutsche Ableger des „International Council of Shopping Center“ (ICSC), der US-Dachorganisation, wurde im August 1993 gegründet. Dem International Council gehören in den USA, Kanada und in mehr als 80 Ländern 75 000 Mitglieder aus der Shopping-Center-Industrie und dem Einzelhandel an. Weltweit gibt es über 25 nationale sowie regionale Shopping-Center Councils. Gegründet wurde der Internationale Shopping-Center-Verband vor über 50 Jahren, 1957. Die Zahlen belegen, welche Dimensionen die Center-Industrie weltweit erreicht hat.

Und die starke Ausbreitung moderner Shopping-Center in den ehemaligen sozialistischen Staaten Osteuropas, in denen die Entwicklung innerstädtischer Handelsstrukturen und eines örtlichen Einzelhandels systematisch unterdrückt wurden, was gerade die Entwicklung von Shopping-Centern begünstigt, lassen ahnen, in welche Dimensionen die Center-Industrie noch hineinwachsen wird. Ganz zu schweigen von den Projekten in den Emerging Markets und den Malls der Superlative, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ganze Städte inkl. Skipiste unter einem Dach entstehen lassen.

In einer Welt, in der die Bedeutung von Handelsimmobilien im allgemeinen und von Shopping-Centern im Besonderen auch hierzulande innerhalb der Immobilienbranche und den dazu gehörenden Industrien stetig wächst, ist der German Council of Shopping-Center (GCSC) mit über 560 Mitgliedsunternehmen, die über 1,5 Mio. Mitarbeiter beschäftigen, der größte bundesweit tätige Verband der Handelsimmobilienbranche. Für die Mitglieder aus den Bereichen Analyse, Finanzierung, Center-Management, Architektur, Handelsimmobilien, Einzelhändler und Marketing-Spezialisten versteht er sich als „aktiver Interessenszusammenschluss“ und als „ideale Networking-Basis der Immobilien- und Handelsimmobilien-Akteure“.

Das dokumentieren die vielfältigen Veranstaltungen. Der German Council-Congress im Berliner Adlon, zu dem am 18./19. September weit über 400 Mitglieder anreisen, 10% mehr als im Jahr zuvor, wie Rüdiger Pleus, Beauftragter des Vorstandes des GCSC feststellt, gilt als Pflichtveranstaltung. Bei den zweitägigen Regionaltreffen German Council on Tour wird die Handelslandschaft einer ganzen Region in Deutschland analysiert. Mehrmals im Jahr bietet das eintägige German Council Forum fundierte Informationen über die Themen Architektur, Center-Management, Facility-Management, Marketing sowie Recht und Beratung.

Um die Vernetzung junger Talente und Berufseinsteiger mit Professionals kümmert sich das German Council Network mit Veranstaltungen wie „Moving Dinner“, „Kaminabend“, „Backstage“ oder „Coaching“. Last not least widmet sich die German Council Academy als Dachorganisation den Themen Forschung und Fortbildung: Dazu gehören Stipendien, die einwöchige ICSC-Summer-School einmal jährlich, die German Council Bibliothek, Fortbildungsveranstaltungen, die Einrichtung einer Visiting Professorship für Handelsimmobilien an der Uni Regensburg zusammen mit der IREBS, der Center Award und natürlich die Forschung. So erarbeitet das Gottlieb Duttweiler Institut aktuell eine Studie über die Zukunft der Handelsimmobilie. Erste Ergebnisse werden auf dem Congress in Berlin vorgestellt. Dem German Council bleibt also viel zu tun – auch mit Blick auf die Expansion: In Deutschland gibt es über 400 größere Shopping-Center. „Im Verhältnis zu anderen Handelsformen ist der Flächenanteil bundesweit damit aber noch bei unter 10% an der Gesamthandelsfläche angekommen“, stellt der Verband fest.

Quelle: HIR, Nr. 30, 12.09.2008

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