Interview mit Alexander Otto (ECE): Blick auf 2009 – Vorsichtiger Optimismus

Blick auf 2009 – Vorsichtiger Optimismus (Interview des Handelsimmobilienreport mit Alexander Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung der ECE Projektmanagement G.m.b.H & Co KG).

Handelsimmobilien Report: Sie sind seit 1. Januar 2009 Vorsitzender von ULI Europe: Haben Sie bereits einen Eindruck gewinnen können, wie auf europäischer Ebene die Stimmung ist mit Blick auf die Herausforderungen 2009?

Alexander Otto: Die Stimmung ist gemischt, je nachdem, wie die Gesprächspartner selbst von der Krise betroffen sind. Es herrscht immer noch eine gewisse Unsicherheit, wie sich die Situation auf den Finanzmärkten weiter entwickelt. Generell gibt es aber den vorsichtigen Optimismus, dass solide geplante Projekte an guten Standorten in einigen Monaten wieder auf ein stärkeres Interesse von Investoren und Banken stoßen werden.

HIR: Vor welchen speziellen Herausforderungen steht die Immobilien-Branche, seit die verschiedenen Indikatoren wie Ifo-Geschäftsklima-Index und Einkaufsmanager- Index signalisieren, dass die Auswirkungen der Finanzkrise auch auf die reale Wirtschaft durchschlagen?

Otto: Auch im Vergleich mit anderen Investitionsobjekten sind die Einzelhandelsimmobilien in Deutschland nach wie vor eine solide und attraktive Anlageform. Anders als z.B. in den USA oder Großbritannien gab es hier keine große Blase, so dass auch keine großen Abwertungen stattfanden oder zu erwarten sind. Bisher spüren wir in Deutschland zum Glück auch im Handelsumsatz noch nichts von der Krise. Erfreulicherweise gibt es noch keine Kaufzurückhaltung bei den Konsumenten. Ob dies im Jahresverlauf so bleibt, muss man abwarten. Insgesamt spüren wir Dellen im Konsum aber in den ECE-Centern nie so stark, wie sie im Gesamt-Einzelhandel ankommen.

HIR: Welche Kreise hat nach Ihren Erfahrungen bisher die Kreditklemme in der Immobilien- Branche gezogen?

Otto: Wir befinden uns gerade mitten in einer Marktbereinigung. Kurzfristig orientierte und eigenkapitalschwache Developer haben teilweise große Probleme. Und insbesondere in den Emerging Markets sind die Finanzmärkte weitgehend ausgetrocknet, was viele Projekte zunächst gestoppt hat.

HIR: Ist auch die ECE davon berührt? Wenn ja, was tun Sie dagegen?

Otto: Unsere Bestandsobjekte sind sehr konservativ finanziert und wir haben in den nächsten Jahren hier keinen nennenswerten Refinanzierungsbedarf. Sie sind daher nicht gefährdet. Wir können auch weiterhin in Deutschland für Standorte in besonders guten Lagen Investoren und Finanzierungen finden. In einigen unserer Auslandsmärkte sind Fremdfinanzierungen derzeit allerdings so gut wie ausgeschlossen. Die Finanzkrise wird die Entwicklung und Realisierung neuer Shopping-Center dort daher teilweise verzögern. Langfristig wird sich die positive Marktentwicklung der Shopping-Center aber weiter fortsetzen.

HIR: Gibt es Marktsegmente, die nicht berührt sind oder die gerade von der schwierigen Situation profitieren?

Otto: Im Ausland ist es derzeit im Einzelfall leichter, Genehmigungen für Projekte zu bekommen. Auch erwarten wir, dass die hohen Baupreise wieder etwas sinken. Zugleich ergeben sich neue Chancen für die Akquisition von spannenden Grundstücken, die bisher auf Grund völlig überzogener Preise für uns nicht attraktiv waren.

HIR: Wie schätzen Sie den osteuropäischen Markt im Hinblick auf das Thema Handelsimmobilien ein? Wird beispielsweise der sinkende Ölpreis den Bau neuer Shopping- Center in Russland behindern?

Otto: Die entscheidende Frage in Osteuropa ist, wann es für Großprojekte wieder Fremdfinanzierungen zu akzeptablen Konditionen gibt. Grundsätzlich sehen wir künftig weiterhin großes Potenzial im osteuropäischen Markt, da der Nachholbedarf beim Konsum noch riesig ist und auf absehbare Zeit keine Marktsättigung zu erwarten ist. Beim Ölpreis mache ich mir weniger Gedanken um die Realisierung von Projekten in Russland als um die Vermeidung von Nebenkostensteigerungen wie in 2008. Derzeit ist der Ölpreis zwar wieder im Keller – aber ich habe keine Zweifel, dass dies nur eine sehr temporäre Erscheinung ist und wir uns alle auf langfristig erhebliche Energiekosten einstellen müssen.

HIR: Sieht sich das ULI Europe mit Blick auf die Kreditkrise vor neuen, spezifischen Herausforderungen?

Otto: ULI hat den Entscheidern in Europa gerade in der Krise viel zu bieten: Besonders jetzt ist ein ständiger Erfahrungsaustausch zwischen den Marktteilnehmern und die gemeinsame Reflexion der Ereignisse und Perspektiven unabdingbar.

HIR: Warum besteht aus Ihrer Sicht kein Konflikt zwischen den Themen Stadtentwicklung (ULI, Stiftung Lebendige Stadt) und der Entwicklung von Shopping-Centern, den so mancher Makler, Einzelhändler und Kommunalpolitiker sieht?

Otto: Unsere Einkaufszentren sind ja gerade keine autarken Raumschiffe auf der grünen Wiese, sondern integrale Bestandteile der Innenstädte. Ich sehe es daher geradezu als unsere Verpflichtung an, über den eigenen Tellerrand zu schauen und gemeinsam mit den Städten daran zu arbeiten, urbane Strukturen nachhaltig attraktiv und lebenswert zu gestalten. Ich habe immer festgestellt, dass dies am besten geht, wenn man miteinander und nicht übereinander redet. Nur so kann man die Position der anderen Seite kennen, verstehen lernen und gemeinsam bessere Lösungen entwickeln.

HIR, Nr. 39

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