Interview mit Eugen Egetenmeir, stellvertretender Geschäftsführer der Messe München

          

Der Immobilienbrief: Herr Egetenmeir, wagen Sie für uns einen Blick in die Kristallkugel: Welche neuen Entwicklungen in der Immobilienwirtschaft werden auf der EXPO REAL 2008 spürbar sein?

Egetenmeir: Wir beobachten die Trends in den internationalen Immobilienmärkten sehr genau und versuchen schon im Vorfeld der Messe, wie beispielsweise bei der Planung und Ausrichtung unseres Konferenzprogramms, aktuelle Entwicklungen in der Branche aufzuspüren und mit kompetenten Gesprächspartnern zu besetzen. Um nur einige Highlights zu nennen: International renommierte Experten aus der Bankenbranche werden bei der Auftaktveranstaltung der EXPO REAL Strategien zur Bewältigung der Kreditkrise diskutieren. Es ist auch zu beobachten, dass die interessanten Investitionsmärkte derzeit weiter ostwärts wandern: Auf der EXPO REAL 2008 werden über 60 russische Städte und Regionen, Projektentwickler und Dienstleister der Immobilienbranche ausstellen – so viele wie nie zuvor. Ähnlich wie im letzten Jahr steht außerdem das Thema „Nachhaltigkeit“, das die Messe München erstmals auf die Agenda der Immobilienwirtschaft gesetzt hat, im Fokus.

Der Immobilienbrief: Wie führen Sie das Thema „Nachhaltigkeit“ dieses Jahr auf der EXPO REAL fort?

Egetenmeir: Wir wollen es in die einzelnen Branchensegmente hineintragen und diversifizieren: Wie gehen Nutzer von Immobilien mit dem Thema Nachhaltigkeit um? Welchen Ansprüchen muss sich die Hotellerie stellen oder die Entwickler von Büroimmobilien? Wie ist dabei auch das Thema finanzielle Nachhaltigkeit von Investments zu sehen? Mit exponierten Vertretern der Wirtschaft gehen wir dem Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility nach. Experten aus den USA werden außerdem den dort praktizierten LEED-Standard vorstellen und Informationen zur Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden geben.

Der Immobilienbrief: Das wohl brisanteste aktuelle Thema der Branche ist die Finanzkrise. Wie wird auf der EXPO REAL damit umgegangen und welche Auswirkungen hat sie auf die Branche allgemein?

Egetenmeir: Natürlich sind auch einige unsere Kunden von den Auswirkungen der Krise betroffen. Aber gerade in schwierigen Situationen setzen Branchen auf diejenige Messe, von der sie sich den größten Return an Investment versprechen. Die EXPO REAL bietet besonders in solchen Zeiten einen Ort, an dem sich die wichtigsten Kräfte der Branche sammeln, die Lage analysieren und neue Entwicklungen anstoßen können. Auch wenn die EXPO REAL in der absoluten Ausstellerzahl dieses Jahr nur geringfügig wächst, so legt sie erneut flächenmäßig stark zu, nämlich um 17 Prozent. Das sind im Vergleich zum Vorjahr zusätzliche 11.000 Quadratmeter. Offenbar scheinen Wirtschaftsregionen und Städte, Projektentwickler, Consultants, Finanzierer, Investoren und Immobilienbetreiber ein Interesse daran zu haben, ihre Projekte sowie ihre Beratungs- und Serviceleistungen in einem noch breiteren Umfang zu präsentieren als zuvor.

Der Credit Crunch und seine Auswirkungen sind auch ein Schwerpunkt im Konferenzprogramm der EXPO REAL. Die Messeteilnehmer werden hier im Oktober hochaktuelle und spannende Diskussionen erleben: Ob die Talsohle noch bevorsteht oder schon erreicht ist, wie sich die Krise auf die Finanzierung von Projekten auswirken und welche Lehren man zweckmäßigerweise für die Zukunft daraus ziehen wird.

Der Immobilienbrief: Welche weiteren Impulse werden von der EXPO REAL 2008 ausgehen?

Egetenmeir: Auf der Messe wird es dieses Jahr erstmals einen ,Green Thinker Award’ geben. Diesen Preis hat die EXPO REAL gemeinsam mit der Fachzeitung PropertyEU ins Leben gerufen. Die Auszeichnung, eine Skulptur aus lebenden Pflanzen, geht an ein Immobilienunternehmen, das sich beim Thema „Nachhaltigkeit“ im Segment Immobilienentwicklung engagiert hat. Wir sehen den Preis als Motor, das Thema in der Branche voranzutreiben.

Der Immobilienbrief: Welche Märkte stehen, ausgehend von Ihren Erfahrungen auf der EXPO REAL, zukünftig im Fokus von Investoren und Anbietern?

Egetenmeir: Wir wachsen – neben dem kontinuierlichen Ausbau der Beteiligung langjähriger Ausstellerländer – mit und durch die neuen Immobilienmärkte. Die Länder Mittel- und Osteuropas, aber auch Südosteuropas bieten noch viel Spielraum für die Branche – wie auch Russland und seine zahlreichen Regionen und Millionenstädte. Es gibt einige Länder, die derzeit nur mit wenigen Ausstellern auf der EXPO REAL vertreten sind, jedoch zunehmend nach München kommen. Darunter sind Unternehmen und Wirtschaftsregionen aus Nordafrika, dem Mittleren und Nahen Osten, aus der Golfregion, aus dem Kaukasus wie Georgien und Zentralasien oder Kasachstan.

Der Immobilienbrief: Wie sieht Ihre allgemeine Prognose für die von der Krise gebeutelten Branche aus?

Egetenmeir: Banker oder Investoren können sicherlich besser beurteilen, ob und wie sehr die Branche verunsichert ist. Als Messeorganisatoren sehen wir das eher unter dem Aspekt der eventuellen Auswirklungen auf die Messe. In der aktuellen Krisensituation wird verdrängt, dass nach wie vor in erheblichem Umfang Anlagekapital am Markt ist, das profitable und mehr denn je auch dauerhaft werthaltige Projekte sucht. Anbieter gerade auch aus neuen Märkten benötigen hierfür eine Plattform ebenso wie Investoren, wenngleich es für Investoren – je nachdem wie sie aufgestellt sind – derzeit schwierig ist, Finanzierungen zu finden. Der aktuelle Flächenszuwachs bei der EXPO REAL selbst in der jetzigen schwierigen Gesamtweltlage zeigt uns jedenfalls, dass der Markt auch in einer solchen Situation mehr denn je einen effizienten Marktplatz benötigt.

Quelle: DIB, Nr. 176