Kopenhagen – Noch Platz für internationale Konzepte

Von Andreas Rieper, GfK GeoMarketing GmbH

Die Hafenstadt Kopenhagen ist als Hauptstadt Dänemarks das wirtschaftliche, kulturelle und politische Gravitationszentrum des prosperierenden Königreichs Dänemark. Sie besitzt im großräumigen Kontext eine besondere Bedeutung und hat „Drehscheibenfunktion“ für den gesamten Ostseeraum. Dabei haben insbesondere die Verflechtungen mit Schweden durch die Eröffnung der Öresundbrücke noch an Intensität gewonnen. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass Kopenhagen mit gut einer halben Million Einwohner – bzw. knapp 1,5 Mio. Einwohnern in der Hauptstadtregion – die größte Einzelgemeinde der grenzüberschreitenden Metropolregion Öresund ist, der u.a. auch die schwedischen Städten Malmö und Lund angehören.

Kennzeichnend für die wirtschaftliche Situation Dänemarks sowie Kopenhagens ist u.a. die im europäischen Vergleich sehr niedrige Arbeitslosenquote und eine hohe persönliche Kaufkraft der Bevölkerung. Mit Blick auf die Einzelhandelssituation zeigt sich, dass die Pro-Kopf-Ausgaben der Dänen im Einzelhandel – gemessen am EU-Durchschnitt – überdurchschnittlich hoch sind und auch wesentlich über dem Deutschen Referenzniveau liegen. In der Hauptstadtregion Kopenhagen liegt das Kaufkraftniveau zudem noch leicht über dem nationalen Durchschnitt.

Mit Blick auf die generierten Einzelhandelsumsätze fällt strukturell auf, dass Shopping-Center in Dänemark – „skandinavien-typisch“ – eine sehr starke Marktposition erreichen. Fast ein Viertel (rd. 23% im Jahr 2005) des dänischen Umsatzes soll Schätzungen zu Folge in Einkaufszentren generiert werden. Perspektivisch dürfte der Anteil sogar auf bis zu 30% steigen.

Diese Situation spiegelt sich auch in Kopenhagen wider, das räumlich-strukturell durch die verschiedenen Entwicklungsachsen des seit Jahrzehnten gültigen „Fünf-Finger-Plans“ bestimmt wird. So sind auf diesen Achsen seit den sechziger Jahren verschiedene Center entstanden, die traditionell eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Einzelhandelsangeboten sowie anderen „zentralen Einrichtungen“ wie u.a. Verwaltungs-, Kultur- und Sozialeinrichtungen sicherstellen. Dabei wurde stets versucht, diese traditionellen Centeranlagen durch Um-/Anbauten sukzessive an die jeweils aktuellen Kundenanforderungen anzupassen, so dass diese inzwischen tlw. etwas unübersichtliche Wegeführungen und nicht immer funktionale Raumfolgen aufweisen, wie etwa die Center Rødovre Centrum oder Lyngby Storcenter zeigen.

Ausgehend von den genannten Regionalplanungs-Paradigmen sind die flächengrößten Center an den äußeren Abschnitten der einst festgelegten Entwicklungsachsen entstanden, wobei die Siedlungsentwicklung inzwischen tlw. deutlich weiter reicht. Im Westen z.B. bis zur Stadt Roskilde, die 2007 mit dem Ro’s Torv ein eigenes Center erhalten hat. Die an diesen geplanten Endpunkten entstandenen Shopping-Center (u.a. City 2, Hundige Storcenter, Lyngby Storcenter) stellen mit einer Größe von 20 000 qm bis über 30 000 qm Verkaufsfläche übergeordnete (Versorgungs-) Standorte dar, die durch eine Reihe von kleineren Stadtteilcentern ergänzt werden. Jüngste Beispiele sind das Frederiksberg Centret oder die Entwicklungsmaßnahme Spinderiet.

Diese flächendeckende Versorgung sowie die tlw. sehr restriktive behördliche Genehmigungspraxis hat dazu geführt, dass im zentralen Bereich von Kopenhagen erst in jüngster Zeit z. T. großflächige Centeranlagen mit einer regionalen Ausstrahlung entwickelt wurden. Hier sind vor allem die beiden Center Field’s und Fisketorvet Byens zu nennen, die in Zusammenhang mit neuen Quartiersentwicklungen entstanden sind.

Das von dem skandinavischen Marktführer Steen & Strøm entwickelte und seitdem gemanagte „Field’s“ wurde 2004 eröffnet. Es stellt den einzelhändlerischen Kristallisationspunkt des neuen Stadtteils Ørestad dar und wird derzeit erweitert. Mit deutlich über 50 000 qm ist das Field’s bereits heute das größte Shopping-Center Skandinaviens und die umsatzstärkste Centeranlage Kopenhagens. Durch eine durchgängig niveauvolle Ausrichtung und Besatzstruktur dürfte es (über-) regionale Akzeptanz haben und sowohl dänische als auch schwedische Kunden ansprechen.

Etwas weniger ausstrahlungsstark ist das im Jahr 2000 im Bereich des umgenutzten Südhafens eröffnete, deutlich kleinere Fisketorvet Byens, das eine weniger wertige Ausrichtung aufweist und von diversen Fachmärkten sowie kleinteiligen Strukturen bestimmt wird. Trotz seiner zentrumsnahen Lage hat es, nicht zuletzt auf Grund der etwas „eigenwilligen“ Centerstruktur, an Marktposition eingebüßt und steht heute vor allem im Schatten des „Field’s“. Dank der Gastronomie und des Kinos ist die Centeranlage aber nach wie vor bei der innenstadtnah wohnenden, jungen und/oder „migrantischen“ Bevölkerung beliebt.

Ein Blick auf das Angebotsspektrum und die Besatzstruktur der Center in der Region Kopenhagen zeigt, dass fast alle sehr ähnliche Strukturen aufweisen. So sind vielfach die typischen skandinavischen Labels H & M, Elgiganten, Stadium, Bahne, Tøjeksperten, Fona oder Føtex-SB-Warenhaus vertreten. Dagegen sind internationale Anbieter wie Zara oder Mango nur vereinzelt anzutreffen. Ausgehend von diesen austauschbaren Besatzstrukturen sind im Centerwettbewerb derzeit in sehr starkem Maße die Mikro-Standortlagen und die Umfeld-/Quartierssituation von Bedeutung. Anderseits können Centermanager zukünftig durch ein noch aktiveres Besatzmanagement Wettbewerbsvorteile erarbeiten.

Fazit: Alles in allem zeigt sich, dass die Region Kopenhagen ein sehr interessanter Einzelhandelsmarkt mit einer enormen Nachfrage ist, in dem eine sehr homogene, flächendeckende Versorgung mit Shopping-Centern besteht. Dabei wird der im europäischen Kontext als wenig diversifiziert zu bezeichnende Besatz vor allem von dänischen bzw. skandinavischen Labels dominiert. Insofern ist andererseits ein Nachholbedarf für attraktive internationale Unternehmen/Labels zu konstatieren, die Kopenhagen auch als Sprungbrett in den gesamten skandinavischen Einzelhandelsmarkt nutzen können. Dabei dürften Deutsche bzw. in Deutschland tätige Unternehmen zunächst einen Vorteil haben, da u. U. die bestehenden logistischen Netzwerke in Norddeutschland genutzt werden können. Unter Berücksichtigung der spezifisch dänischen Usancen und Voraussetzungen dürfte sich hier eine klassische „Win-Win-Situation“ ergeben, da sich auch die Center in der Hauptstadtregion Kopenhagen über neue, attraktive und vor allem internationale Konzepte in einem homogenen Markt deutlich profilieren und positionieren können.

Quelle: HIR, Nr. 29, 29.08.2008

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