Von Ruth Vierbuchen
Deutschlands Kommunen wissen das große Interesse der Investoren am Anlageobjekt „Shopping-Center“ schon seit Jahren für sich zu nutzen, um die eigenen Innenstädte durch die Schaffung neuer Einkaufswelten vor Kaufkraft-Abfluss zu schützen. Seien es
die Ruhrgebietsstädte Duisburg mit dem neuen „Forum Duisburg“ in der Fußgängerzone oder Essen mit dem riesigen Center am Limbecker Platz, die sich gegen die Übermacht des CentrO Oberhausen und des Rhein-Ruhr-Zentrums stemmen wollen.
Oder die Stadt Düsseldorf, die ihren Stadtteil Bilk mit den neuen Arcaden gegen die Konkurrenz des Neusser Huma-Parks schützen will. Die Verlockung, durch neue flexible Flächen in Shopping-Centern endlich die Einzelhandels-Magneten in die City zu holen, die im kleinteiligen innerstädtischen Bestand keine passenden Flächen finden, ist groß. Andererseits sind die Gefahren für den umliegenden innerstädtischen Einzelhandel bekannt, wenn die Dimensionierung und der Besatz des Centers nicht stimmen. Die Shopping-Center stünden nicht nur untereinander in Konkurrenz, sondern sie zögen auch Kaufkraft aus den umliegenden Straßen ab, räumt auch Hubertus Kobe, Geschäftsführer DTZ Retail Services, ein.
„Das müssen die Städte sehen.“
Und wachsende Leerstände in den Fußgängerzonen schaden der Innenstadt genauso wie dem angrenzenden Shopping-Center,
wie auch Nicole Schmidt vom Multi-Development-Centermanagement der Kamp Promenade in Osnabrück feststellt. Handlungsanleitungen und Faustregeln, wie das ideale, in jeder Hinsicht in die Innenstadt integrierte Shopping-Center aussehen sollte, sind deshalb sehr gefragt. Doch zeigt die Realität, dass
„pauschale Vorgaben nicht weiter helfen“,
wie etwa Gerd Wilhelmus, Geschäftsführer der ECE Development GmbH & Co KG mit Blick auf die aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik DIFU in Berlin über die Auswirkung großer innerstädtischer Einkaufszentren anmerkt. Schon bei der Präsentation der Ergebnisse im Sommer in Düsseldorfer hatte sich der Hamburger Center-Entwickler an der DIFU-Empfehlung gestoßen, dass durch ein neues Shopping-Center die innerstädtische Verkaufsfläche maximal um 15% erweitert werden dürfe. In Städten bis 200 000 Einwohnern solle die Größe eines Centers auf 15 000 qm beschränkt werden, empfiehlt das Institut. Der Nachteil dieser Faustregel ist, wie Wilhelmus während des IIR-Kongresses „Shopping Center Management“ in Köln am Beispiel der Stadt Ludwigshafen erläutert, dass Städte mit einem ohnehin schwachen Einzelhandelsbesatz somit gar nicht die Möglichkeit hätten, ihren innerstädtischen Einzelhandel durch eine deutliche Ausweitung der Fläche gegenüber anderen Städten aufzuwerten.
Schützenhilfe erhielt Wilhelmus ausgerechnet von Torsten Wiemken, Projektleiter des Deutschen Seminars für Städtebau und Wirtschaft (DSSW) in Berlin, das 1993 auf Initiative der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft mit dem Ziel gegründet wurde, insbesondere auch ostdeutsche Innenstädte zu revitalisieren. Gerade in den neuen Bundesländern, in denen sich der Einzelhandel auf Grund der häufig ungeklärten Eigentumsverhältnisse in der Innenstadt an der Peripherie ansiedelte, ist den schwach besetzten Innenstädten nicht dadurch zu helfen, dass die Größe innerstädtischer Center auf 15% des City-Einzelhandels beschränkt wird. Damit könnten sich die schwachen Innenstädte kaum gegen die grüne Wiese behaupten, so Wiemken.
Auch gegen die gern gesetzte Vorgabe, das Center-Angebot solle eine Angebotsergänzung resp. -abrundung und keine Angebots-Doppelung zur 1A-Lage bieten, stellen Entwickler die schlichte Tatsache in den Raum, dass ein Shopping-Center auch einen gewissen Branchenmix benötigt, um eine nachhaltige Rendite zu erwirtschaften. Die Diskussion während des IIR-Kongresses machte deutlich, dass bei allem guten Willen zur Kooperation die verträgliche Integration innerstädtischer Shopping-Center nicht einfach mittels maßgeschneiderter Rezepte erreichbar ist. Die Kommunen haben kaum eine andere Wahl, als individuelle Konzepte an die Erfordernisse der einzelnen Städte anzupassen. Dabei ist es aus Sicht von DSSW-Projektleiter Wiemken wichtig, dass die Städte nicht passiv abwarten, bis ein Entwickler vorbeischaut, um ihnen den Bau eines Shopping-Centers schmackhaft zu machen. Vielmehr sei es wichtig, dass die Kommunen die
„zukünftige Einzelhandelsentwicklung genau steuern“ und „eine aktive, angebotsorientierte Flächenpolitik betreiben“,
sich also vorher Gedanken machen, wie sie die Innenstadt entwickeln wollen.
Dazu gehört laut Wiemken auch, dass sich die Verantwortlichen klar machen müssen, ob sie mit dem neuen innerstädtischen Shopping-Center einen herausragenden Leuchtturm schaffen wollen. Dann dürfe auch die Architektur kein Mittelmaß sein.
„Für uns ist wichtig, dass keine glatten Fassaden gebaut werden. Wir fordern, dass die Center wie jede andere innerstädtische Handelsimmobilie aussehen sollten.“
Wie weit die Integration gehen kann, zeigt die Kamp Promenade in Osnabrück, bei der sich in der Tat die Frage stellt, ob es sich um ein klassisches Shopping-Center oder um eine gemanagte Fußgängerzone handelt. In Osnabrück entwarf Multi Development Germany ein Center, das aus drei Gebäudekomplexen besteht, zwischen denen Straßen verlaufen, die aber nicht durch ein gemeinsames Dach verbunden sind. Das Düsseldorfer Maklerunternehmen Comfort konzediert den offen gestalteten Kamp Promenaden, dass sie mit den Ankermietern Saturn und Karstadt Sport einen „konzeptionell gelungenen Rundlauf“ zwischen der Top-Lage Große Straße, dem Busbahnhof am Neumarkt, der Universitätsbibliothek und zurück zur Fußgängerzone herstellt. Doch um dieses integrierte, knapp 16 000 qm große Center bauen zu können, musste Multi Development laut Nicole Schmidt Konzessionen machen: Für die Stadtväter von Osnabrück war die Frage, ob hier ein Center unter einem gemeinsamen Dach entstehen dürfe, offenbar eine grundsätzliche.
„Mit Dach wäre dort kein Center entstanden“,
ist sich Schmidt sicher.
Quelle: HIR, Nr. 34
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