Einzelhandel kann 2008 mit einer Belebung der Konsum-konjunktur rechnen – Spielraum für Mieterhöhungen

Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“
   
Die Chancen stehen gut, dass 2008 das beste Einzelhandelsjahr seit der deutschen Vereinigung 1990 wird und die Branche nach 15 Jahren mehr oder weniger Stagnation wieder ein signifikantes reales Umsatzwachstum erzielen kann. 
  
Bereits 2007 werde die konjunkturelle Aufhellung durch ein kleines reales Plus messbar sein, ist sich Olaf Petersen  Geschäftsführer von GfK GeoMarketing/GfK Prisma  sicher. Im Vorjahr wurde gerade einmal ein nominales Plus von 0,5 Prozent auf 392 Mrd. Euro erreicht, was real Umsatzrückgang bedeutet. Experten sind sich sicher, dass der Aufschwung – anders als beim Zwischenhoch im Jahr 2000  – dieses Mal recht robust ist. Denn heute sind die Basisdaten für eine substanzielle Verbesserung der Konsumkonjunktur besser als damals, als der Aufschwung primär vom Export getragen wurde. Die Auftriebskräfte werden massiv aus der Binnenwirtschaft unterstützt, was sich vor allem positiv auf den privaten Verbrauch auswirken wird. Einer der entscheidenden Antriebsfaktoren ist das Anspringen der Baukonjunktur mit ihrem großen Multiplikatoreffekt auf andere Bereiche. Die Zahl der Arbeitslosen ist gegenüber Juni 2006 um 16,2% auf 3,69 Mio. gesunken. Experten schätzen, dass die Zahl der Beschäftigten in 2007 um etwa 500 000 steigen wird.
  
Gerade diese Belebung am Arbeitsmarkt wird das Konsumklima und damit den Einzelhandel weiter begünstigen „Wir haben also Faktoren, die die Mehrwertsteuererhöhung in diesem Jahr deutlich überkompensieren werden“, dämpft Petersen die Sorge, dass die Erhöhung der Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte die Konsumkonjunktur abwürgen wird: „Die Steuererhöhung hat anders als bei der Euro-Einführung keine dauerhafte Skepsis der Verbraucher nach sich gezogen“. Insbesondere die wachsende Zahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse wird zur Steigerung des privaten Verbrauchs, der fast 60 Prozent des Brutto-Inlands-Produkts (BIP) ausmacht, beitragen. Experten rechnen damit, dass der private Konsum in diesem Jahr real um 0,9 Prozent und 2008 um 2,1 Prozent steigen wird.
    
Der GfK-Konsumklima-Index, der die Kauflaune der Bundesbürger misst, zeigte denn auch nach anfänglicher Abschwächung im Dezember und Januar bereits zum Ende des ersten Quartals 2007 wieder Aufwärtstendenzen. Und im weiteren Jahresverlauf ist die Konsumstimmung weiter sehr gut unterwegs, da die Konsumenten mit steigenden Einkommen rechnen und wieder größere Anschaffungen planen. Inzwischen erwarten die Konjunkturforscher beim BIP ein reales Wachstum von 2,6%. Und davon wird auch im Einzelhandel einiges hängen bleiben, was sich spürbar auf die Nachfrage nach Verkaufsfläche auswirken dürfte – auch außerhalb der ausgesprochenen 1-A-Lagen der großen Cities. Die ausländischen Investoren haben diese Auftriebskräfte schon vor 2 Jahren in ihren Ansätzen erkannt und bei ihrer Investition in deutsche Einzelhandelsimmobilien einkalkuliert. Immer häufiger greifen sie auch in den Top-Lagen von Mittelstädten zu, wie die vielfältigen Berichte der Maklerunternehmen belegen.
  
Und obwohl 2006 schon 18,5 Mrd. Euro in Einzelhandelsimmobilien geflossen sind, liegt nach Einschätzung der britischen Fonds-Gesellschaft Cordea Savills das Renditeniveau bei deutschen Einzelhandelsimmobilien gemessen am europäischen Durchschnitt mit 5% immer noch vergleichsweise hoch. Auch bei den Mieten sieht Immobilienspezialist Petersen noch Steigerungspotenzial. Makler bestätigen, dass bei Neuvermietungen höhere Mieten verlangt werden.
  
Aber wie wird sich das Wertsteigerungspotenzial auf die 120 Mio. qm Verkaufsfläche mit einem Wert von über 200 Mrd. Euro verteilen, die es in Deutschland insgesamt gibt? Immerhin hält Deutschland mit 1,4 qm Verkaufsfläche pro Kopf im europäischen Durchschnitt einen Spitzenwert – und es wird immer noch weiter gebaut. Entsprechend wird auch eine günstige Einzelhandelskonjunktur nicht verhindern, dass es bei den Lagen eine große Spreizung geben wird. In den Top-Lagen der großen Städte und von attraktiven kleineren Städten mit großem Einzugsgebiet wie beispielsweise Münster, Oldenburg, Erfurt oder Koblenz werden die Mieten unter den derzeit günstigen konjunkturellen Bedingungen zulegen. Strukturelle Probleme werden dadurch aber nicht gelöst. Schlechte Lagen werden nicht besser.
   
Da die Immobilienpreise in den vergangenen beiden Jahren schon erheblich gestiegen sind, steht laut Petersen die Frage im Raum, wie die Erwartungen der Investoren mit Blick auf Preis und Neuvermietung realisierbar sein werden. Hier gilt es bei Investments genau hinzuschauen: Stimmt die Lage? Hat der Mieter ein attraktives Konzept? Wie lange läuft der Mietvertrag? Gehört der Mieter einer Branche mit starker Konjunkturresistenz an, d.h., ist sein Sortiment auch in schwachen Konjunkturphasen gefragt? Wer sind die relevanten Wettbewerber? Welche großflächigen Einzelhandelsplanungen sind im Einzugsgebiet in der Pipeline?  Nur so lassen sich Fehlgriffe vermeiden. 

Quelle: Handelsimmobilien Report, Nr. 2, 03.08.2007