Gagfah: Entlassungen und Verzicht auf Wertzuschreibungen

Von André Eberhard

Die größte börsennotierte deutsche Wohnungs-Immobilien AG Gagfah war seit Börsengang bei uns und auch anderen Analysten wenig beliebt. Die Kursentwicklung gab uns Recht. Im letzten Jahr war das Ergebnis noch von erheblichen Wertzuschreibungen getrieben worden. Mit Verkauf der LEG wurden unsere früheren Bewertungsbedenken offensichtlich. Für das 1. Hj. 2008 meldete die Gagfah jetzt ein Vorsteuerergebnis von 84 Mio. Euro. Das sind 628 Mio. Euro weniger als im Vorjahrvergleich.

Nun übt sich das Unternehmen in neue Bescheidenheit. 130 Stellen sollen in der Essener Zentrale abgebaut werden. Die Geschäftsführung wird von 6 auf 3 Posten verkleinert. Der freie Fall der Gagfah-Aktie hat sich seit Anfang Juli gefangen und mündete im Zick-zack Kurs um 9 Euro. Die aktuellen Nachrichten über Entlassungen sind wenig vertrauensbildend, auch wenn Drescher sich nun auf dem richtigen Weg sieht.

Im Moment haben es Wohnungs-AG’s schwer. Die Wachstumsstory zieht mangels Material nicht mehr. Bei der Bewertung bekommt der Börsianer kalte Füße. Die Auswüchse des Portfoliogeschäftes und der Wertentwicklungshoffnungen ließ den privaten Basismarkt völlig kalt. Einzelverkauf rechnet sich nur noch in Ausnahmen. Schwierige Lagen und Qualitäten lassen, anders als von internationalen Investoren auf Grund der niedrigen Basis vermutet, nur geringe Mietanpassungen zu. Stattdessen werden aus unserer Sicht strategische Denkfehler offensichtlich. Größter Kostentreiber bei Verwaltung, Instandhaltung, Sanierung, Energieverbrauch und sonstigen Nebenkosten ist die Fläche und nicht die Miethöhe. Das trifft einfache Bestände besonders. Erschwerend kommt der hohe Migrationsanteil der Mieter aus warmen Ländern und Ländern mit früherem staatlichen Energiesponsoring hinzu. Gesetzliche Anforderungen werden frühere Investitionsüberlegungen final ins Traumland verweisen. Gerade niedrige Einkommensgruppen sind nicht mehr belastbar, während im hohen Niveau die Nebenkosten eine relativ viel geringere Rolle spielen.

Das hat natürlich auch den Gagfah-Kurs getroffen. Bei der LEG kam die Gagfah nicht zum Zuge. Damit bleibt jetzt nur noch „Organisches Wachstum“, wie es Polit-Profi und Vorstandsvorsitzender Burkhard Drescher nennt. Die noch vor kurzem verkündeten ehrgeizigen Ankaufspläne liegen für dieses Jahr wohl auf Eis. Die neue Devise heißt schlicht „Kosteneinsparung“. Dabei hören sich die betriebswirtschaftlichen Zahlen der Gagfah gar nicht schlecht an. Die Leerstandquote des knapp 175 000 Wohnungen umfassenden Portfolios liegt bei akzeptablen 4,6%.

Bei geringerem Spielraum für höhere Mieten durch die gestiegenen Nebenkosten ist jetzt wieder „Privatisierung“ das Zauberwort. Im ersten Halbjahr wurden knapp 1 200 Wohnungen mit einer Marge von 36% an Mieter veräußert. Wir wüssten allerdings gerne, ob alle für den Vertrieb notwendigen Ausgaben den verkauften Wohnungen zugerechnet wurden oder ob sie proportional den verbliebenen Restbeständen zugerechnet wurden.

Ein weiteres Dilemma könnte der Verkaufspreis der LEG NRW zu sein, der nun auch vielleicht die WP’s der Gagfah verunsichern könnte. Bei einer 30%igen Abweichung der Quadratmeterbewertung gegenüber einem repräsentativen aktuellen Deal wäre es wohl durchaus angemessen über die Portfoliobewertung einmal nachzudenken.

Quelle: DIB, Nr. 173, 22.08.2008

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