Immobilienwirtschaft: Restriktive Kreditvergabe birgt konjunkturelles Risiko

Der mittelständischen, privaten Immobilienwirtschaft fällt es zunehmend schwer, sich zu finanzieren. Die Kreditvergabe hat sich seit Januar 2010 weiter verschlechtert und stellt als Investitionshemmnis eines der größten Risiken der derzeitigen konjunkturellen Erholung dar. Rund ein Drittel der Marktteilnehmer im unternehmerischen Wohnimmobilienbereich konnten Projekte im vergangenen Jahr nach Ausbruch der Finanzmarktkrise nicht realisieren und mussten sie verschieben oder aufgeben. Insbesondere Projektentwickler und Bauträger sind hiervon betroffen. Regional sind deutliche Unterschiede erkennbar: So mussten fast die Hälfte (47 %) der Unternehmen, die ihren Branchenfokus in Berlin haben, geplante Wohnimmobilien-Projekte zurückstellen. In Nordrhein-Westfalen (31 %) und Bayern (30 %) sowie in Baden-Württemberg (21 %) fiel der Anteil geringer aus. Von einer flächendeckenden Kreditklemme kann allerdings nicht gesprochen werden. Dies zeigt eine aktuelle Umfrage der Bulwien Gesa AG unter über 200 Unternehmen der privaten Wohnungs- und Immobilienwirtschaft im Auftrag des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. mit Unterstützung der Investitionsbank Berlin (IBB), die heute in Berlin vorgestellt wurde.

Projektfinanzierungen deutlich restriktiver
Mit 93,2 Prozent akquiriert die überwiegende Mehrheit der privaten Wohnungs- und Immobilienunternehmen den über das Eigenkapital hinausgehenden Finanzierungsbedarf über klassische Bankdarlehen. „Während vor der Krise lediglich 3,8 Prozent Probleme beim Zugang zu Fremdkapital sahen, sind es derzeit 36 Prozent. Zwei Fünftel sehen Probleme durch hohe Eigenkapital-Anforderungen. Zudem werden strengere Kreditklauseln (42,4 %) und erhöhte Kreditzinsen zunehmend als Probleme wahrgenommen (29,5 %). Insbesondere bei Kreditvolumina ab 50 Millionen Euro ist der Zugang zu Fremdkapital limitiert. 19 Prozent der Befragten müssen darum bangen, ob sie die Finanzierung erhalten oder nicht“, erläuterte Walter Rasch, Präsident des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. bei der Vorstellung der Umfrage-Ergebnisse.

Keine Entspannung in Sicht
Die befragten Kreditnehmer gehen nicht davon aus, dass sich die Situation in naher Zukunft wieder entspannt. Beinahe die Hälfte der Befragten sieht das Ende der Finanzkrise erst im kommenden Jahr (2011). Knapp 31 Prozent erwarten sogar, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise bis 2012 und länger anhalten werden.

Risiko der Kreditklemme noch nicht gebannt
BFW-Präsident Walter Rasch warnte davor, dass die Immobilienwirtschaft noch immer in eine Kreditklemme laufen könne. „Wir sollten uns rechtzeitig die Frage stellen, was passiert, wenn Kredite in den nächsten ein bis zwei Jahren auslaufen und Anschlussfinanzierungen – die derzeit von der Finanzwirtschaft mit rund 900 Milliarden Euro beziffert werden – nötig sind. Weder die Politik noch die Banken haben hierauf eine Antwort. Die kapitalintensive Immobilienwirtschaft kann so noch immer in den Sog einer Kreditklemme geraten“, erklärte Rasch. Er kritisierte außerdem, dass die zum Dezember 2010 geplante Einführung der Bankenabgabe sowie die EU-Richtlinie zu verschärften Eigenkapitalvorschriften für Banken den Kreditvergabespielraum durch die Bindung von Geldern weiter einschränke. „Die werthaltige deutsche Immobilienwirtschaft wird abgestraft für Risiken, die andere eingegangen sind. Dabei ist die Branche mit einer Bruttowertschöpfung von rund 390 Milliarden Euro größer als Fahrzeug- und Maschinenbau zusammen. Wenn dieser Wirtschaftszweig schrumpft, sind zahlreiche Arbeitsplätze in Gefahr. Es kann nicht sein, dass wir an Basel II gebunden werden, während die USA als Krisenverursacher Basel II nicht einmal ratifiziert hat“, kritisierte der BFW-Präsident weiter und stellte klare Forderungen für die Zukunft auf. „Wir fordern eine Sicherstellung der Kreditvergabe, die Einbeziehung von Wohnimmobilienprojekten in das Sonderprogramm zu Krediten und Bürgschaften der KfW-Bank sowie eine Sicherstellung von Fördermitteln. Diese stellen für Unternehmen eine wichtige Finanzierungsergänzung dar, werden aber von Banken nur ungern weitergegeben“, so Rasch.

Fördermittel sind Mangelware – IBB nutzt ihre Möglichkeiten als Förderinstitut
Bei den Fördermitteln lässt sich laut der Umfrage eine starke Diskrepanz zwischen gefühltem Bedarf und der tatsächlichen Kreditvergabe feststellen. Während rund die Hälfte der Befragten angeben, keine Fördermittel zu nutzen, meinen über 70 Prozent, dass es an einer besseren Finanzierung für Immobilien derzeit mangele. „Banken stehen Förderinstrumentarien zurückhaltend gegenüber. Zwar werden insbesondere Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) von der Mehrheit der Banken zumindest teilweise in Anspruch genommen, aber aufgrund von Kosten- und Margenbetrachtungen werden freie Finanzierungen in der Regel bevorzugt“, monierte BFW-Präsident Rasch. Er begrüßte, dass die Investitionsbank Berlin (IBB) als Förderinstitut des Landes flexibel auf die Herausforderungen des Marktes reagiert und ihre Finanzierungsmöglichkeiten dort nutzt, wo Geschäftsbanken derzeit keine oder nur eingeschränkt Finanzierungen anbieten. „Wir verfügen über die Möglichkeit der Konsortialfinanzierung mit Geschäftsbanken. So können wir unter anderem Lücken bei Projekt- und langfristigen Finanzierungen schließen. Für unsere Kunden stellen wir ferner Um- und Anschlussfinanzierungen sowie Förderergänzungsdarlehen zur Verfügung, sofern der Markt hier keine Angebote bietet. In den letzten Monaten registrieren wir hier eine zunehmende Nachfrage", erläuterte Dr. Matthias von Bismarck-Osten, Generalbevollmächtigter der Investitionsbank Berlin. Dabei sei der Aktionsradius der Bank – als Landesförderinstitut – allerdings auf Berlin beschränkt.

Die Umfrage ergab, dass Projekte häufiger durchgeführt werden, wenn Zuschüsse über Landesförderungen sowie Zinssubventionen oder Bürgschaften in Anspruch genommen werden.

(Gi24/BFW)

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