Interview: Der wirtschaftliche Erfolg einer Handelsimmobilie ist auf ziemlich lange Sicht kalkulierbar

Das Interview: „Der wirtschaftliche Erfolg einer Handelsimmobilie ist auf ziemlich lange Sicht kalkulierbar“. Der Handelsimmobilien-Report (HIR) im Gespräch mit André Langmann, Vorstandschef der GRR AG in Erlangen.

Handelsimmobilien Report: Sie waren auf der Expo Real kurz nach Eskalation der Krise, im November auf der Mapic und im März auf der Mipim. Können Sie beschreiben, wie sich das Stimmungsbild in diesem Zeitraum gewandelt hat?

André Langmann: Aus dunklen Ahnungen im September 2008 ist bis zum Frühjahr 2009 Gewissheit geworden, sowohl was die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Krise angeht wie auch deren Manifestation in den Jahresergebnissen der Unternehmen. Das ist positiv zu sehen: Der Nebel hat sich etwas gelichtet. Mit der so weit zurück gewonnenen Klarheit sind gut positionierte Unternehmen wieder in der Lage, ihrem Geschäft nachzugehen. Bei transaktionsorientierten Unternehmen und Intermediären trifft die Krise den Kern des Geschäfts. Dort gibt es immer noch keinen Anlass für entspannte Gesichter. Andere Unternehmen dagegen waren und sind eher indirekt betroffen. Sie haben den Atem angehalten, was mit ihren bestehenden Geschäftspartnern passiert, dabei zum Teil auch Entscheidungen aufgeschoben. Diese Unternehmen haben sich inzwischen neu orientiert und reden wieder konzentriert mit den übrigen und auch mit neuen Vertragspartnern.

HIR: Wie beurteilen Sie den deutschen Investmentmarkt für Handelsimmobilien?

Langmann: Es mag überraschend sein: Wir fühlen uns im aktuellen Umfeld wohl, die Bedingungen für Investitionen sind attraktiv – preislich und vor allem qualitativ. Zwar herrscht insgesamt Zurückhaltung, wenn man Vorjahreszahlen als Maßstab nehmen will. Aber: ergibt denn die Fortschreibung von Businessplänen, wie sie generell für Immobilien-„Handelsware“ in der jüngeren Vergangenheit aufgestellt worden sind, einen Sinn, um dieses Marktsegment zu beurteilen?

HIR: …wohl eher nicht…

Langmann: Alles pendelt sich derzeit auf Relationen ein, die wir als langfristig normal empfinden, während sie uns in den letzten beiden Jahren etwas „verrückt“ vorgekommen sind. Mit der Erfahrung aus mehreren Zyklen haben wir eine klare Vorstellung davon, was ein Handelsobjekt X am Standort Y im Betriebsformat Z kosten darf und dauerhaft an Rendite erwirtschaften kann. Das macht ja gerade den Charme des Handelssegments aus, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Handelsimmobilie auf ziemlich lange Sicht kalkulierbar ist, wenn man sich die fundamentalen Standortfaktoren und Flächenproportionen anschaut.

HIR: Welche Rolle spielt der Konsument dabei?

Langmann: Ein weiterer Pluspunkt ist die robuste deutsche Verbrauchermentalität. „Wenn schon kein neuer Kühlschrank, dann soll der alte wenigstens voll sein“, so haben das jüngst die Analysten der GfK zusammengefasst. Grund- und Nahversorger können durchaus von der gesamtwirtschaftlichen Tristesse profitieren. Es gehört aber auf Seiten der Investoren der Willen und die Fähigkeit dazu, sich mit dem Mikrokosmos einer Handelsimmobilie an ihrem Standort näher zu befassen, um einen guten Griff zu tun und Qualität einzukaufen. Das wird sich künftig in wachsenden Zahlen kleiner, selektiver Transaktionen niederschlagen.

HIR: Die Provinzial Versicherung hat die Anteile von Cargill übernommen, die sich auf ihr US-Kerngeschäft konzentriert, und ist nun größter Gesellschafter. Wie sehen Sie die Stellung der GRR AG auf dem deutschen Markt?

Langmann: Dass die Provinzial, eine sehr konservative und stabilitätsorientierte Adresse in der deutschen Investmentlandschaft, gerade jetzt ihr Engagement bei uns so deutlich ausbaut, stärkt freilich unsere Position und den weiteren Portfolio-Ausbau. Mit Carval, der europäischen Investmenttochter von Cargill, hat sich die Zusammenarbeit sehr effektiv und erfolgreich gestaltet; daher ändern die neuen Gesellschafterverhältnisse nichts an der Kontinuität unserer Strategie. Für uns ist der Einstieg eines großen Unternehmens aus der deutschen Versicherungsbranche die Anerkennung für unsere beständige und solide Geschäftspolitik. Wir haben vor, genau das weiter zu betreiben.

HIR: Welche weiteren Vorteile bietet ein starker Partner wie Provinzial?

Langmann: Dass wir einen finanzkräftigen deutschen Partner als Hauptaktionär an Bord haben, bringt der GRR AG vor dem Hintergrund der Anspannung an den Märkten nicht bloß ein psychologisches Plus. Die Provinzial möchte auch mit dem Ausbau der Kapitalversorgung unsere Entwicklung beschleunigen. Starkes Eigenkapital, langfristige Finanzierung und Qualität im Portfolio: damit sind wir im deutschen Markt bestens aufgestellt.

HIR: Die Düsseldorfer Metro Group ändert ihre Immobilienstrategie und will verstärkt Objekte verkaufen. Sehen Sie hier auch Chancen für die GRR AG?

Langmann: Natürlich, denn GRR ist hauptsächlich an qualitativ hochwertigen Standorten mit langfristigen und erstklassigen Mietern interessiert. Dafür haben wir die finanziellen Strukturen geschaffen und sind in der Lage, auch größere Volumina zu stemmen. Zudem bietet unser spezialisiertes Asset Management eine professionelle Plattform zur Bestandsbetreuung.

HIR: Wie sind die Pläne der GRR AG für den weiteren Portfolioausbau?

Langmann: Wir haben mit unseren letzten Akquisitionen im April 2009 die 300- Millionen-Euro-Marke übersprungen. Die größten Wachstumsschritte haben wir inmitten der Krise gemacht. Deshalb sind wir zuversichtlich, in den nächsten 12 Monaten unser derzeitiges Wachstumstempo beizubehalten. 2008 haben wir über 70 Mio. Euro investiert, in den letzten 4 Monaten waren es schon rund 30 Mio. Euro. Anzumerken ist, dass es sich hier größtenteils um einzelne Transaktionen zwischen 2 – 5 Mio. Euro handelte. Wenn der Markt größere Volumina an attraktiven Objekten bereitstellt, kann unser Ausbau deutlich beschleunigt werden.

HIR: Thema Finanzierung: Wie sind Ihre Erfahrungen bei den Verhandlungen mit Banken? Ist der Geldhahn wirklich so fest zugedreht?

Langmann: Es ist zeitintensiver geworden, die Prozesse dauern länger. Aber vielleicht ist man auch von den vergangenen Jahren noch ein wenig verwöhnt. Es war einfacher, Geld einzusammeln, als es langfristig attraktiv zu investieren. Finanzierungen sind aber immer noch möglich: Wir haben zuletzt Ende des Jahres eine dritte Kreditlinie vereinbart. Unser freies Finanzierungsvolumen liegt damit bei rund 100 Mio. Euro. Wie bei den Investitionen sind auch hier derzeit die Summen ein bisschen kleiner und die Bankenpartner sehr qualitätsorientiert. Das passt zu unserer Akquisitionspolitik.

HIR: Würden Sie sich eine Prognose für 2009 zutrauen – wann ist nach Ihrer Einschätzung der Boden erreicht? Worin sehen Sie aktuell die größten Probleme?

Langmann: Mit Prognosen hält man sich angesichts der sich weiter ändernden Spielregeln und der Veränderungen bei den prägenden Marktakteuren besser zurück. Ich glaube, dass noch Monate ins Land gehen werden, bis sich eine signifikante Entspannung in den größten Problemzonen, den Finanzmärkten und in der traditionellen Kreditvergabe, einstellen wird. Offen ist, wie sich der Arbeitsmarkt entwickeln wird. Bis dahin ist bei Investoren Sicherheit und Solidität Trumpf. Verlässliche Geschäftsmodelle und starke Cash-flows bleiben weiterhin besonders attraktiv.

gi24/HIR, Nr. 44

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