Logistik Marktberichte – Standortnähe profitiert über Marktnähe

Von Dr. Gudrun Escher

Marktberichte zu Logistikimmobilien sind so rar wie verlässliche Marktdaten in diesem Segment und entsprechend summarisch, davon zeugen die Reports von Jones Lang Lasalle JLL. Ein differenzierteres Bild zeichnet die Rückschau auf zehn Jahre Logistikmarkt von DTZ, zwar speziell mit Blick auf Frankreich, aber auch mit Perspektiven, die weltweit gelten.

Der Sektor Logistikimmobilien entwickelt sich in Deutschland sowohl im Vermietungsmarkt als auch im Investmentmarkt zunehmend dynamisch, allerdings mit großen regionalen Unterschieden. Im Flächenbestand liegt, wie zu erwarten, die Region Hamburg an erster Stelle mit fast 3 Mio. qm an der Spitze, dicht gefolgt von Frankfurt einschließlich Darmstadt, Mainz, Wiesbaden und was dazwischen liegt. Die drei weiteren, von JLL eingehender analysierten Bereiche sind Berlin, München und Düsseldorf. Auf Nachfrage wird im Hause bestätigt, dass diese Auswahl damit zu tun habe, dass es an diesen Standorten Niederlassungen von JLL gibt und demgemäß die erforderliche Marktnähe vorhanden sei.

Der drittgrößte Raum, das Ruhrgebiet, wo die Duisburger Häfen zu den Top 10 der Häfen weltweit zählen und an Tonnage hinter Hamburg und vor Bremen in Deutschland die zweite Stelle einnehmen, findet nur am Rande Erwähnung, in den Quartalsberichten überhaupt nicht. 2006 habe eine Bestandserhebung im Ruhrgebiet 2,6 Mio. qm ergeben, wahrscheinlich seien es aber mehr, berichtete Arnd Sternberg von JLL auf der IIR-Tagung "Ruhrgebiet" in Essen, aber es fehlten verlässliche Informationen.

Eines jedoch können der Leiter der Sparte Logistik Rainer Koepke und seine Kollegen aus den Vertragsabschlüssen ablesen: Am Flächenumsatz von 3,92 Mio. qm 2007 hatten die Gebiete außerhalb der Top 5 – Ballungsräume einen Anteil von zwei Dritteln mit einem Umsatzplus von 53% gegenüber dem Vorjahresergebnis und steigender Tendenz. Daran nicht unmaßgeblich beteiligt waren große Abschlüsse in so prominenten Orten wie z.B. Hünxe (ProLogis) oder Unna (Garbe). Gleichzeitig gingen die Umsätze in den Top 5 – Ballungsräumen um 17% auf 1,28 Mio. m² zurück. Bei den Investitionen machten die Top 5 sogar nur 25% aus. Und noch etwas ist aufschlussreich: Die Aufschlüsselung nach Käufertypen listet neben Fonds, REITs, Banken, Entwicklern etc. auch "unbekannt" auf, auf die immerhin 14% der Investments entfallen sein sollen. Soviel zum Thema Markttransparenz für Logistikimmobilien in Deutschland.

Was in diesem Marktbericht von JLL gänzlich fehlt, ist eine über allgemeine Definitionen hinaus gehende Betrachtung der Bestandsqualitäten. Sprich, was jeder Gewerbe- oder Wohnimmobilienbericht berücksichtigt, nämlich die Differenzierung zwischen hochwertigen Neubauten und Altbeständen, findet hier nicht statt. Routinemäßig führt JLL zwar Definititionen von "Green Building" mit den Standards von LEED u.a. an, jedoch ohne Bezüge im Text. Dass Qualitäten aber auch für Logistiker eine ganz entscheidende Rolle spielen, verdeutlicht der Bericht von DTZ, erarbeitet aus Anlass einer zehnjährigen Tätigkeit auf dem Logistiksektor in Frankreich. Demnach sind folgende Kriterien sowohl für den Wandel innerhalb der letzten zehn Jahre wie für die Zukunftsperspektiven wesentlich:

  • Die erforderlichen Hallenflächen werden größer. Waren vor 1998 10 000 qm die Regel, sind es heute 30-40 000, nicht selten auch 70-80 000 qm.
  • Die Baukosten für Logistikhallen sind in zehn Jahren um durchschnittlich 40% gestiegen.
  • Zugleich steigen die Ansprüche an Brandschutz und Arbeitssicherheit, große Hallen werden unterteilbar konzipiert mit Heizung bzw. Kühlung und natürlicher Belichtung.
  • Ökologische Standards werden zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil, neben dem nackten Flächenpreis gewinnen Energiekonzepte mit CO²-Einsparung an Bedeutung.
  • Die Anforderungen an das städtebauliche Umfeld, an die architektonische Gestaltung steigen nicht zuletzt im Hinblick auf mögliche Nutzungsänderungen, denn der Markt wandelt sich immer rascher.
  • Wachsende Einbindung in Produktionsketten und Warenflüsse der Grundstoff- und Konsumgüterindustrie erfordert Spezialisierung.
  • Stärkung von Wasser und Schiene gegenüber der Straße ist wirtschaftlich notwendig und politischer Konsens. Damit haben Flusslagen und ehemalige Flächen der Großindustrie mit Schienenanschluss Wettbewerbsvorteile.
  • Die Diversifizierung der Standorte nimmt zu, die Netze werden wertvoller als der einzelne Standort.

Ein Beispiel für gewachsenes Umweltbewußtsein sind die Solaranlagen auf demnächst 35 000 qm Hallendächern in Duisburgs logport 1, aber auch die Selbstverpflichtung des Weltmarktführers ProLogis, der in Hünxe die benachbarte Biogasanlage einbindet und in Tokyo ein mehrgeschossiges Lagerhaus mit Auffahrtrampe baut. Vor hundert Jahren war so etwas schon einmal innovativ, wie das Kühlhaus mit Pferderampe von Linde in Berlin beweist, heute Teil des Deutschen Technikmuseums.

Quelle: DIB, Nr. 169, 27.06.2008