MIPIM Awards 2011 – oder: Wie schnell sich die Zeiten ändern

(Von Dr. Gudrun Escher) – Immobilien ohne Öko-Label sind chancenlos. Das haben die Messebesucher in Cannes mit ihrem Votum in allen Kategorien des MIPIM Award eindrucksvoll bewiesen.

Vor zwei Jahren lautete unser Resumée der Preisträgerobjekte noch so: "Insgesamt geben die MIPIM Awards 2009 keine Antworten auf die Fragen der Zeit: Alle Objekte erfordern hohen finanziellen wie technologischen Aufwand, ihre nachhaltige Nutzbarkeit und Ressourcenverträglichkeit ist in keiner Weise bewiesen noch überhaupt angesprochen." Seither weht der Wind aus anderer Richtung. Nachhaltigkeit ist das alles beherrschende Stichwort, denn an die Stelle kurzfristiger Gewinnsprünge ist als vorherrschendes Ziel rund um den Globus die Suche nach langfristig ertragreichen Investments getreten. Die fünf Kategorien einschließlich "Green Building" sind seit Jahren dieselben, aber egal in welcher Kategorie die Objekte nominiert waren, in diesem Jahr konnten alle Preisträger mit höchsten Zertifikaten für energiesparendes und umweltschonendes Bauen aufwarten. Mehr noch: Sie passen sich den Bedingungen des Mikrostandortes sowie der Kultur und dem Klima des Landes an, bieten humane, kommunikative Arbeitsplätze und ein gutes Wohnumfeld und sorgen insgesamt für die Aufwertung innerstädtischer Quartiere in der Durchmischung der Funktionen.

Als bestes Office Building gilt die neue Zentrale der französischen Restaurantquette Chèque Déjeuner, die auf Gutscheinbasis mit Anteilscheinen arbeitet und einen Hochsicherheitstrakt für das Drucken der Scheckkarten braucht. So nutzt die Verwaltung die wasserreiche Lage in einem Bogen der Seine nahe Paris als Insel mit natürlicher Wasserkühlung. Das französisch- belgische Architektenteam Art & Build gewann bereits 2008 den MIPIM Award für die Verwaltung des Europarates in Straßburg, Investor war jetzt AG Real Estate. In der Kategorie Green Building war der ebenfalls neu errichtete Sitz von 3M Italy erfolgreich, entwickelt von Prelios und entworfen von Mario Cucinella Architects. Der 105 Meter lange, aber dafür nur maximal 5 Etagen hohe Bürokomplex setzt Zeichen für den Malaspina Business Park im Osten von Mailand, der ganz auf eine "grüne" Entwicklung ausgerichtet ist. Die in dieser Kategorie nominierten "Green Towers" der Deutschen Bank in Frankfurt gingen dagegen leer aus, vielleicht weil sie in der falschen Sparte angetreten sind, denn als Refurbishment hätten sie womöglich gegen den First Tower von AXA REIM in Paris-La Défense eine Chance gehabt. Obwohl: Die Signalwirkung des First Tower für die Erneuerung und Weiterentwicklung von Grand Paris Richtung Westen mit entsprechender Bedeutung für den gesamten französischen Immobilienmarkt haben sie denn doch nicht.

Unter den weiteren Preisen verbindet das Hotel im indischen Andhra Pradesh mit dem Wohnkomplex Savonnerie Heymans in Brüssel und dem Redevelopment von Einkaufsstraßen in japanischen Provinzstädten als "Future Projekt" die allen gemeinsame Qualität als Um- und Neunutzungen unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und der Maßstäblichkeit bezogen auf ein lebenswertes Umfeld. Der Automatismus "Big is beautiful" zieht nicht mehr, im Gegenteil. Ein Ergebnis von Umfragen einer Studiengruppe der Wisconsin School of Business über die gesamte Dauer der Messe ist dieses: Angesichts beschleunigter Marktzyklen bestehe mit Blick auf den exit keine Alternative zu "green Building", trotz unterschiedlicher Bewertungskriterien ist das ein Muss. Herausragende Qualität der Zukunft wird sich daran messen lassen müssen, inwieweit der Ressource Mensch Rechnung getragen wird. Statt Quadratmeter zu messen, wird sogar vorgeschlagen, die Nutzer zu zählen. "Neighbourliness" heißt ein neues Stichwort, das mehr meint als freundliche Nachbarschaft.

Quelle: DIB, Nr. 240